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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in der Tat, der eine war jener Räuber, welcher bei dem Angriff auf den Doktor in die Büsche gesprungen war. Als der erstere sein Gespräch mit dem Notar so schnell abgebrochen hatte, war er weiter in das Feld gegangen, hatte Rodriganda, das Dorf, zur Seite liegenlassen und war in den nach Pons führenden Weg eingebogen. Dies war nicht die Richtung, welche in das Gebirge führte, und so war es hier wohl sicher, da die Verfolgung, wenn sie unternommen wurde, sich jedenfalls hinauf nach den Bergen zog.
    So schritt er denn ziemlich unbesorgt weiter, als sich plötzlich vor ihm die Gestalt eines Mannes in der Dunkelheit der Nacht erhob.
    „Halt!“ rief ihm eine Stimme entgegen, indem zugleich der Hahn eines Gewehres knackte. „Bleib stehen und leg deine Waffen ab!“
    Der Brigant war im ersten Augenblick überrascht, im nächsten aber erkannte er die Stimme. Es war diejenige seines Gefährten, welcher vor den Hieben Sternaus geflohen war. Darum antwortete er:
    „Mach keinen Spaß, Juanito! Bei mir findest du weder Gold noch Silber, ja nicht einmal den zehnten Teil eines armen Maravedí; denn diese verdammten Kerls da drüben auf dem Schloß haben mir alles abgenommen.“
    „Henricord, du bist es?“ rief der andere, und man hörte es dem Ton seiner Stimme an, daß er freudig überrascht war. „Alle Teufel, wie kommst denn du hierher an diesen Ort?“
    „Auf meinen Beinen, denke ich!“
    „Ja, sie werden dich nicht mit einem Sechsgespann herbeigefahren haben!“ lachte Juanito. „Aber ich denke, du steckst im Loch und sollst morgen transportiert werden?“
    „Sie hatten es allerdings so vor, aber ich habe ihnen das Spiel verdorben.“
    „Du bist entflohen?“
    „Natürlich! Oder meinst du vielleicht, daß sie mich freiwillig entlassen haben, he?“
    „So dumm bin ich nicht ganz. Aber erzähle, wie es gekommen ist.“
    Henricord erzählte, was er von seiner Gefangennahme an bis jetzt erlebt hatte, und fragte sodann:
    „Aber nun sage auch du, wie du hierher kommst! Was tust du hier?“
    „Das hast du ja gesehen! Ich lauere auf eine kleine Aufnahme.“
    „Unvorsichtiger!“
    „Pah!“
    „Warum bist du nicht zum Capitano zurückgekehrt?“
    „Warum? Und das fragst du? Meinst du, daß ich dich verlassen sollte?“
    „Ach, wirklich? Du bist bloß meinetwegen zurückgeblieben?“
    „Ja; bei San Jago, es ist wahr! Als dieser deutsche Elefant so unsinnig auf uns losstampfte und ihr wie Grashalme von ihm niedergetreten wurdet, da machte ich mich in die Büsche und suchte zunächst den Ort auf, an welchem wir unsere Büchsen und die übriggebliebenen Kapuzen versteckt hatten. Ich raffte das Zeug zusammen und floh weiter. Später ging ich lauschen. Da erfuhr ich, daß man dich gefangengenommen habe und daß die andern tot seien; morgen würde man dich weitertransportieren. Da nahm ich mir vor, dich zu befreien. Ich wollte mich in den Hinterhalt stellen. Ich habe ja unsere fünf Büchsen und kann also zehn Schüsse abgeben. Für die Nacht hatte ich mich hier am Weg schlafen gelegt; da hörte ich dich kommen und dachte, es sei irgendeiner von den reichen Bauern in Rodriganda, dem ich die Goldstücke aus der Tasche heben und die silbernen Knöpfe von der Weste und Jacke schneiden könne. Na, ich hatte mich verrechnet, aber es ist mir so doch noch lieber. Was gedenkst du nun zu tun?“
    „Ich kehre zum Capitano zurück.“
    „Das fällt mir nicht ein!“ meinte Juanito.
    „Nicht? Warum?“
    „Er wird ohne mich auch verkommen.“
    „Ja, aber du gehörst doch zu ihm.“
    „Jetzt nicht mehr. Ich habe keine Lust, mich wegen des Mißlingens unseres Auftrages bestrafen zu lassen. Er entzieht uns wenigstens zehnmal unseren Beuteanteil.“
    „Hm, wenn er es nicht gar noch anders macht!“ brummte Henricord. „Recht hast du, Juanito; aber wir müssen gehorchen.“
    „Ich sehe keinen Grund dazu.“
    „Wir haben ihm Treue geschworen.“
    „Pah! Einem Räuberhauptmann braucht man keinen Schwur zu halten. Ich tue das, was die Kaufleute sagen: Ich separiere mich.“
    „Das heißt, du willst unser Geschäft von jetzt an auf eigene Faust betreiben?“
    „Ja.“
    „Ganz allein?“
    „Ganz allein! Außer du machst mit?“
    „Ich? Hm!“
    „Überlege es dir, Henricord! Der Capitano nimmt von allem, was wir bringen, den Löwenanteil; er behält alle Geheimnisse, alle Schliche und Kniffe für sich; wir plagen uns; wir riskieren das Zuchthaus und den Galgen, er aber bleibt daheim und spielt den Gebieter. Du weißt,

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