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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Feiglinge geschickt zu haben.“
    Der Brigant trat um einen Schritt näher heran und sagte mit flüsternder, aber dennoch sehr scharfer Stimme:
    „Wollt Ihr mich beleidigen, Herr?“
    „Pah! Wenn so viele gegen einen stehen und ihn doch nicht niedermachen, so sind sie Feiglinge!“
    „Oho, Señor! So schlagt ihn doch selbst nieder! Wenn einer mit einem anderen den ganzen Tag zusammenlebt und täglich zehnmal Gelegenheit hat, sich seiner zu entledigen, und sich dennoch an andere wendet, so ist er ein Feigling. Merkt Euch das, Señor! Ihr seid weder ein Capitano noch sonst ein Mann, von dem ich ein Wort, welches mir nicht paßt, anhören muß. Ihr seid nichts Besseres als ich; wenn ich Euch verrate, so seid Ihr verloren, und darum solltet Ihr vorsichtig sein, mich zu beleidigen. Es gibt nicht einen einzigen Feigling unter meinen Kameraden.“
    „Warum habt ihr diesen Menschen dann nicht überwältigt?“
    „Wer konnte es ahnen, daß er eine solche Stärke besitzt und ein solcher Teufel ist, Señor!“
    „Ihr wart ja in der Mehrzahl!“
    „Aber wir sollten ihn nur mit dem Messer angreifen, so hattet Ihr uns gebeten. Ein guter Schuß war das sicherste, das aber habt Ihr nicht gewollt, und so tragt nur Ihr allein die Schuld an dem Mißlingen des Unternehmens.“
    „Ach so!“ lachte der Notar. „Du willst mir wohl gar die Bezahlung abverlangen, geradeso, als ob ihr eure Schuldigkeit getan hättet.“
    „Allerdings tue ich das! Ihr tragt allein die Schuld, und meine Kameraden sind getötet. Ihr werdet zahlen müssen.“
    „Nicht eher, als bis dieser deutsche Doktor tot ist!“
    „So versucht es selbst, ihn zu töten – wenn es Euch gelingt!“
    „Dazu seid ihr da!“ zürnte der Notar.
    „Jetzt nicht mehr, Señor. Wir haben nach Eurer Anweisung gehandelt. Daß diese Anweisung schlecht war und uns die Sache verdarb, dafür können wir nicht. Ich fordere das Geld. Gebt Ihr es nicht, so werdet Ihr noch viel mehr bezahlen müssen, denn der Hauptmann wird dann für unsere Toten eine Entschädigung verlangen.“
    „Geht zum Teufel, ihr Schurken!“
    „Gut, ich gehorche und gehe!“ lachte der Räuber höhnisch und war im nächsten Augenblick im Dunkel der Nacht verschwunden.
    Das hatte der Advokat nicht erwartet. Er rief so laut, als es die Vorsicht ihm gestattete, erhielt aber keine Antwort. Dies brachte ihn in die größte Verlegenheit. Wie nun, wenn er von den Briganten verraten wurde? Dann war mit ihm selbst auch sein großangelegter Plan verloren, an dem er seit so vielen Jahren mit allen Kräften gearbeitet hatte.
    Er kehrte mit sorgenvollem Herzen nach dem Schloß zurück, wo er sich schlafen legte, aber keine Ruhe fand. Es war nicht das böse Gewissen, welches ihn peinigte, denn ein Gewissen hatte dieser Mann nicht, sondern er schlug sich mit wirren Gedanken, wie er jedem ihm drohenden Unheil begegnen könne.
    So hatte er noch kein Auge geschlossen, als am anderen Morgen sich im Schloß ein unruhiges Hin- und Herlaufen bemerkbar machte. Man vernahm untermischte Ausrufe, welche darauf schließen ließen, daß etwas Ungewöhnliches geschehen sei. Er konnte es sich leicht denken, was die Ursache sei, und erhob sich. Das war kaum geschehen, so klopfte es an die Tür seines Schlafzimmers, und der Domestik, welcher ihn zu bedienen hatte, fragte von außen:
    „Schlaft Ihr noch, Señor Cortejo?“
    „Ja“, antwortete er aus Vorsicht.
    „So erhebt Euch schnell! Don Emanuel verlangt, mit Euch zu sprechen.“
    „So früh! Weshalb?“
    „Es ist etwas höchst Unangenehmes geschehen.“
    „Was?“
    „Der Räuber ist während der Nacht entflohen.“
    „Nicht möglich!“ rief er mit künstlichem Staunen in seinem Ton. „Ich werde sogleich kommen.“
    Kaum zwei Minuten später verließ er sein Zimmer und begab sich zum Grafen. Er fand bei demselben die Gräfin Rosa, die fromme Schwester Clarissa und den jungen Grafen Alfonzo.
    „Señor, habt Ihr bereits gehört, um was es sich handelt?“ wurde er von Don Emanuel gefragt.
    „Ja“, antwortete er. „Aber ich halte die Sache für einen Irrtum.“
    „Es ist kein Irrtum; der Brigant ist wirklich entkommen!“
    „Das ist ja gar nicht möglich! Er wurde ja von zwei Männern sehr scharf bewacht.“
    „Dennoch ist er entkommen – oder vielmehr, er ist spurlos verschwunden, auf eine so unbegreifliche Weise, daß wir uns den Fall nicht erklären können.“
    „Hm!“ brummte der Notar mit einer Miene des allerhöchsten Erstaunens. „Hat Ihnen Don Alfonzo

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