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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Portal des Schlosses, erblickte er ein großes, in Stein gehauenes Wappen mit der Grafenkrone und den Initialen R und S. Der große, reiche Bau des Schlosses machte einen unerklärlichen Eindruck auf ihn, es war ihm, als sei er hier an den Ort gelangt, an welchem alle seine Jugendträume ihre Wurzeln schlugen, und er sprang vom Bock mit der Empfindung herab, daß sein Leben hier eine vollständig neue Gestaltung finden müsse.

DRITTES KAPITEL
    Ein Menschenraub
    „In deiner Liebe ruht mein Glauben.
   Ruht all mein inniges Vertraun,
Will das Geschick dich mir auch rauben.
   Ich werde doch den Himmel schaun.
    In deiner Liebe ruht mein Hoffen.
   Ruht meiner Zukunft Heil und Licht.
Steht solch ein Paradies mir offen,
   So tret' ich ein und zaudre nicht.
    In deiner Liebe ruht mein Leben.
   Ruht meine ganze Seligkeit.
O laß, o laß nach dir mich streben,
   Und sei mein Eigen allezeit!“
    Als der Wagen vor der Rampe des Schlosses angehalten hatte und der Lieutenant vom Bock gesprungen war, um den Damen die Hand zum Aussteigen zu bieten, da ein Diener zufälligerweise nicht zugegen war, ruhte das Auge des Notars, der unter dem Eingang stand, mit finsterem Erstaunen auf der Gestalt des jungen Mannes.
    „Was ist das?“ murmelte er. „Wer ist dieser Mensch? Welche Ähnlichkeit! Das ist ja ganz genau Graf Emanuel, wie er vor dreißig Jahren aussah! Ist das Zufall – oder ist es etwas anderes?“
    Er sah nur einen einzigen Augenblick lang den scharfen, forschenden Blick des Offiziers auf sich ruhen, aber es war ihm doch, als sei dieser Blick der Ausdruck einer Frage, welche eine Gefahr enthielt.
    Die Damen waren ausgestiegen und kamen die große Freitreppe empor. Der Notar trat ihnen mit einem verbindlichen Lächeln entgegen, verneigte sich tief und sagte zur Gräfin:
    „Ich bin ganz glücklich, Sie als den Ersten begrüßen zu können! Darf ich bitten, Contezza, mich den Herrschaften vorzustellen?“
    „Gern“, antwortete Rosa.
    Als sie zunächst den Namen Gasparino Cortejo nannte, fiel abermals ein eigentümlich forschender Blick aus dem Auge des Lieutenants auf den Notar. Und als dieser letztere den Namen Alfred de Lautreville hörte, glitt es wie ein Zug der Beruhigung über sein scharfes Vogelgesicht. Der Offizier war ein Franzose – die Ähnlichkeit konnte also nur ein Zufall sein.
    Jetzt war die Ankunft der Equipage im Schloß bemerkt worden, und es kamen Graf Alfonzo, Doktor Sternau und die Schwester Clarissa herbei, um die Gäste zu begrüßen. Man bemerkte natürlich die fremden Pferde vor dem Wagen, und Alfonzo fragte nach der Ursache dieses auffälligen Umstandes.
    „Señor de Lautreville hat die Güte gehabt, uns seine Pferde zu leihen, da die unsrigen erschossen worden sind“, erklärte Rosa.
    „Erschossen?“ fragte der Advokat erstaunt. „Wieso? Von wem?“
    „Von demselben Mann, der uns heute nacht entflohen ist.“
    Sie erzählte den Vorgang, welcher bei den Zuhörern die größte Teilnahme erweckte. Dem jungen Offizier dankte man lebhaft für seine Tapferkeit, und auch Cortejo reichte ihm die Hand. Er war ganz erfreut durch den Tod der beiden Briganten, denn nun hatte er keinen Zeugen seiner Schuld mehr zu fürchten. Er bemerkte:
    „Dieser Überfall wird sehr streng und auch wohl augenblicklich untersucht werden, denn es ist die Untersuchungskommission hier angekommen, an ihrer Spitze der öffentliche Ankläger aus Barcelona, welcher sich jetzt bei dem Grafen befindet. Die Herren haben nur noch die Contezza zu vernehmen, dann sind sie mit der Untersuchung des gestrigen Raubanfalles fertig und können sogleich nach Pons fahren.“
    Man begab sich sogleich zu dem Grafen, bei welchem man den Oberrichter fand. Graf Emanuel bewillkommnete die Freundin seiner Tochter mit Herzlichkeit und bedankte sich bei dem Lieutenant mit großer Wärme für die Rettung der beiden Damen.
    „O bitte“, wehrte Mariano ab, „es handelt sich hier keineswegs um eine so außerordentliche Heldentat. Wenn ich ja etwas gerettet habe, so ist es nur die Börse, nicht aber das Leben der Damen.“
    „Nein“, fiel Rosa ein, „es ist in Wirklichkeit unser Leben, welches wir Ihnen zu verdanken haben, denn wir wollten das Geld nicht hergeben, und die beiden Menschen legten bereits auf uns an, um uns zu erschießen. Sehen Sie unser Haus als das Ihrige, Señor. Wir werden Sie auf keinen Fall so bald von Rodriganda fortgehen lassen!“
    Mariano machte eine abwehrende Handbewegung und sagte:
    „Ich tat

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