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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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so furchtbar, daß der Säbel zerbrach; daher zog Mariano die Pistole, sprang vom Pferd und hielt sie dem anderen Räuber auf die Brust. Dieser, anstatt sich zu ergeben, erhob die eigene Waffe; da krachte Marianos Schuß, und Henricord stürzte zu Boden. Die Kugel war ihm in die Stirn gedrungen.
    „So, diese haben ihren Lohn“, meinte der Jüngling, indem er mit einer tiefen Verbeugung sich zu den Damen wandte. „Sind Sie verletzt, meine Damen?“
    Er stand wie ein junger Gott vor ihnen, die Pistole noch in der Hand. Amy schwieg, aber eine tiefe Röte zog über ihr Angesicht. Rosa hatte sich am schnellsten gefaßt und antwortete:
    „Nein, wir sind glücklicherweise unbeschädigt, denn Sie kamen gerade zur rechten Zeit, um das Schlimmste zu verhüten. Nehmen Sie unseren innigsten Dank, Señor. Ich bin die Contezza de Rodriganda, und diese Dame ist Amy Lindsay, meine Freundin.“
    Er verneigte sich auf das höflichste und antwortete:
    „Ich nenne mich Alfred de Lautreville, meine Damen. Darf ich so glücklich sein, Ihnen meine Dienste anzubieten?“
    „Wir scheinen leider auf dieselben angewiesen zu sein“, lächelte Rosa, „denn meine Diener sind ja spurlos verschwunden.“
    „Oh“, lachte er, „der eine steckt da hinter dem Wagen. Komme doch einmal her, Bursche!“
    Der Kutscher stand vom Boden auf, wo er sich zusammengekauert hatte, und kam in höchster Verlegenheit herbeigehinkt.
    „Warum versteckst du dich, anstatt den Herrschaften beizustehen?“ fragte Mariano.
    „Ach, Señor, ich lag ja hinter dem Wagen“, lautete die Antwort.
    „Ja, aber warum lagst du da? Ein so starker Kerl wie du muß es doch mit zehn solchen Strauchdieben aufnehmen!“
    „Señor, das kann ich auch; aber ich dachte mir nur, sie würden mich ein wenig erschießen. Übrigens hat es Señor Juan ebenso gemacht.“
    „Wer ist das?“
    „Der Kastellan.“
    „Wo ist er?“
    „Er steckt da drüben hinter dem Busch.“
    Der Kutscher deutete nach einem Strauchwerk, hinter welchem sich allerdings eben jetzt der wackere Kastellan langsam erhob. Er hatte mit dem Gesicht auf der Erde gelegen, um von dem ganzen Unglück gar nichts zu sehen. Als er nun jetzt vorsichtig herüberblickte und erkannte, daß die Gefahr vorbei sei, sprang er vollends auf, machte zwei Fäuste und kam herbei.
    „Ach, Contezza“, rief er, „ich glaube gar, man will uns überfallen! Wo sind die Schufte? Ich werde sie zerquetschen und zermalmen!“
    Mariano wollte antworten, doch blieb ihm das Wort bei dem Anblick Alimpos auf der Zunge liegen. Wo hatte er diesen Mann bereits gesehen? Dieser kleine Kerl, dieses furchtsame Gesicht, dieses eigentümliche Bärtchen!
    Rosa antwortete an seiner Stelle:
    „Zum Zermalmen kommst du zu spät. Du hättest vorher nicht fliehen dürfen.“
    „Fliehen? Bin ich geflohen, meine gnädige Contezza?“ fragte er verlegen.
    „Natürlich! Und versteckt hast du dich!“
    „Versteckt? Ja, allerdings, das mußte ich doch.“
    „So? Warum?“
    „Ich ließ mich nicht erschießen, sondern entfloh und versteckte mich, um Euch dann später beistehen zu können.“
    „So hast du eine wunderbare Methode, uns zu retten!“ lächelte sie. „Übrigens kommt deine berühmte Hilfe nun leider zu spät. Da liegen die beiden Menschen. Wer sind sie?“
    Der Diener Marianos war vom Pferd gestiegen und hatte sich darübergemacht, die beiden Toten von ihren Kapuzen zu befreien. Das infolge des Säbelhiebes stark blutende Gesicht des einen Banditen war nicht zu erkennen; aber als er die Umhüllung des anderen entfernt hatte, rief der Kastellan:
    „Heilige Lauretta, das ist ja unser Flüchtling! Erkennt Ihr ihn, Doña Rosita?“
    „Wahrhaftig!“ stimmte die Gräfin bei. „Oh, ihn hat die Strafe schnell ereilt.“
    Es war gut, daß sie zu sehr mit dieser Entdeckung beschäftigt war, als daß sie Zeit gefunden hätte, die beiden Husaren zu beobachten. Diese hatten sich über den Toten gebeugt, und der Diener flüsterte:
    „Alle Teufel, das ist ja Henricord.“
    „Pst! Laß dir ja nichts anmerken!“ warnte Mariano. Dann richtete er sich wieder empor und fragte die Gräfin: „Sie kennen diesen Menschen, Doña?“
    „Ja. Er gehörte zu einer Mörderbande, welche einen Bewohner unseres Schlosses überfiel.“
    „Er wurde gefangengenommen. Vier wurden getötet, und nur einer entkam.“
    Der Jüngling warf einen warnenden Blick auf seinen Diener und meinte dann nachlässig:
    „So ist dieser andere vielleicht der Entkommene. Man muß die Sache

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