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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Feind? Nein, sicher nicht! Den müssen ja alle Menschen liebhaben.“
    Der Angriff auf den Arzt gab Mariano viel zu denken. Es war ganz außer allem Zweifel, daß der Capitano die Hand dabei im Spiel hatte; dann aber mußte es jemand geben, der den Tod des Arztes wollte und den Capitano dafür bezahlt hatte. Dieses Schloß Rodriganda steckte voll finsterer Geheimnisse, welche aufgeklärt werden mußten.
    „Ich werde, wie es scheint, einige Zeit hier verweilen“, fuhr Mariano fort, „und darum wird es zu entschuldigen sein, wenn ich mich über die Bewohner des Schlosses zu unterrichten wünsche. Darf ich mich bei Euch erkundigen?“
    „Tut es immerhin. Señor. Ich werde Euch gern Auskunft erteilen.“
    „Schön! Da ist zunächst dieser Señor Gasparino Cortejo. Was ist das für ein Mann?“
    „Wenn ich aufrichtig sein soll, Don Lieutenant, so kann kein Mensch diesen Cortejo leiden. Er steht seit langer Zeit als Sachwalter im Dienst des Grafen und ist in geschäftlichen Dingen seine reche Hand. Er ist stolz und finster, und man hält ihn für einen Mann, welcher das Vertrauen des Grafen zu seinem eigenen Vorteil benutzt. Das sagt mein Alimpo auch.“
    „Sodann diese Doña Clarissa?“ fragte Mariano.
    „Sie ist eine Stiftsdame und seit einiger Zeit als Dueña der Contezza hier. Sie ist sehr fromm und verkehrt am liebsten mit Gasparino. Man liebt sie nicht.“
    „Und der junge Graf?“
    „Dieser ist erst seit einigen Tagen anwesend. Er war in Mexiko.“
    „Wie lange?“
    „Er war noch Knabe, als er hier abgeholt wurde.“
    „Ah, das ist sonderbar! Ein Graf gibt seinen Stammhalter als Kind über die See hinüber in ein Land, wo die unsichersten Zustände herrschen und das Leben eines Menschen nichts gilt.“
    „Oh, Señor, es gab Umstände, welche den Grafen veranlaßten, es zu tun.“
    „Darf man diese Umstände erfahren!“
    „Gewiß, Señor, sie sind ja allbekannt; das sagt mein Alimpo auch. Der Oheim des gnädigen Grafen, welcher Don Ferdinando hieß, war als jüngerer Sohn von der Nachfolge ausgeschlossen; er nahm sein Erbteil und ging nach Mexiko, wo er sich ankaufte und nach und nach ein so steinreicher Mann wurde, daß er sein Vermögen gar nicht kannte. Er war unverheiratet geblieben und wollte den zweiten Sohn unseres Grafen, welcher damals zwei Söhne hatte, zum Erben einsetzen. Dabei aber stellte er die Bedingung, daß dieser Sohn ihm zur Erziehung übergeben werde. Don Emanuel ging mit darauf ein, weil es sich um ein ganz außerordentliches Vermögen handelte.“
    „Der Knabe wurde also nach Mexiko getan?“
    „Ja.“
    „Wann?“
    „Oh, ich erinnere mich noch ganz genau, denn es war gerade der Geburtstag meines guten Alimpo, als der Knabe abgeholt wurde, nämlich im Jahr 18‥ den 1. Oktober.“
    Marianos Augen wurden immer größer, und sein Puls schlug doppelt schnell, aber er beherrschte sich und fragte:
    „Der Knabe hieß also Alfonzo?“
    „Ja.“
    „Er wurde abgeholt?“
    „Ja.“
    „Von wem?“
    „Von dem Inspektor Don Ferdinandos, der zu diesem Zweck herübergekommen war.“
    „Wie hieß er?“
    „Pedro Arbellez. Ich habe mir diesen Namen ganz genau gemerkt, weil er so spaßhaft klingt.“
    „War noch jemand bei dem Kind?“
    „Nur die Frau, welche seine Amme gewesen war.“
    „Wie hieß diese?“
    „Maria Hermoyes.“
    „Wo schiffte sich Pedro Arbellez ein?“
    „In Barcelona. Der Graf und die Gräfin begleiteten das Kind dahin, und ich war auch dabei.“
    „Begleiteten sie den Knaben bis an das Schiff?“
    „Nein. Es konnte wegen eines Sturmes nicht auslaufen; darum blieb der Mexikaner noch zwei Nächte in einem Gasthof.“
    „Wie hieß dieser Gasthof?“
    „Zum großen Mann.“
    Das stimmte ja ganz genau mit der Erzählung des toten Bettlers überein! Mariano hatte alle Mühe, seine Aufregung zu verbergen. Er nahm eine Miene an, als ob er an diesen Dingen ein ganz gewöhnliches Interesse finde, und fragte so gleichgültig wie möglich:
    „Stand Señor Cortejo damals bereits im Dienst des Grafen?“
    „Ja.“
    „Ist er verheiratet?“
    „Gewesen, ja.“
    „Hat er Kinder?“
    „Nein.“
    „Hm, wißt Ihr nicht, ob er sehr nahe Verwandte hat, welche Kinder besitzen?“
    „Er hat weder Verwandte noch Freunde.“
    „Lebt Don Ferdinando in Mexiko noch?“
    „Nein. Er ist seit zwei Jahren tot.“
    „Und Alfonzo hat ihn beerbt?“
    „Ja, Señor. Er ist ungeheuer reich geworden.“
    „Ihr sagtet, daß Don Emanuel zwei Söhne gehabt habe?“
    „So ist es.

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