43 - Der Triumph von Scorpio
ganz anders aus. Diese Situationen sind unberechenbar und gefährlich, und ich muß ständig mit schrecklichen Ereignissen rechnen, so daß ich mich immer wie betäubt fühle. Die Herren der Sterne gebieten über eine Macht, die jede normale Vorstellungskraft sprengt, und so reagiere ich ganz automatisch. Natürlich gibt es viele Fragen, die mir unter normalen Umständen eingefallen wären, doch es bedarf eines ganz besonderen Verstandes, an sie zu denken, wenn man den Everoinye gegenübersteht.
Als die klirrende Stimme nun auf der Lichtung erschallte, verspürte ich sofort wieder das vertraute Verkrampfen aller Sinne.
»Dray Prescot! Warum bist du ausgeschickt worden, und was solltest du beobachten?«
Ich schluckte schwer. »Ich nehme an, ihr wißt Bescheid. Der finstere Carazaar hat einen ...«
»O ja, das ist uns bekannt, Dray Prescot.«
Hinter mir ertönte ein fauchendes Geräusch, und ich wirbelte herum. Eine mit Messingbeschlägen versehene Holzkiste rutschte übers Gras und hielt neben mir an.
»Leg deine Kleider ab.«
Da erst wurde mir bewußt, daß ich noch die Lederrüstung samt Schild und Speer trug. Ich zog mich gleichmütig aus und warf alles in die Truhe. Schließlich trat man den Herren der Sterne immer nackt gegenüber.
Irgendwie muß die alltägliche Tätigkeit des Ausziehens mein Hirn in Schwung gebracht haben, denn mir fiel eine Frage ein, auf die ich gern von diesen übermenschlichen Wesen eine Antwort gehabt hätte. Ich umklammerte diese Frage wie einen Klumpen Gold, hegte sie, konzentrierte mich auf sie und bereitete mich darauf vor, sie zu stellen, wenn ich den richtigen Augenblick für gekommen hielt.
»Wir haben dich gewarnt, daß Carazaar ein mächtiger Gegner ist.«
»Das ist er allerdings.«
Wenn sie glaubten, ich nähme die Schuld auf mich und bettelte um Verzeihung, hatten sie sich getäuscht. Natürlich hatte sich meine Einstellung ihnen gegenüber geändert – zumindest hatte ich mich darum bemüht –, aber ich spürte instinktiv, daß sie mir einen winselnden Dray Prescot nicht abnehmen würden. Dafür hatten sie sich zu lange mit dem ungehobelten Sturkopf abgeben müssen.
Vermutlich war es angebracht, daß ich etwas sagte. »Ich konnte nichts tun. Der Bursche verfügt über ein eindrucksvolles Kharma.«
Es hätte mich nicht überrascht, mich im nächsten Augenblick auf der Erde wiederzufinden. Das mußte natürlich verhindert werden.
Also sagte ich: »Was das neue lohische Reich betrifft ...«
Natürlich weiß ich nicht, ob die List, mit der ich ihre Aufmerksamkeit ablenken wollte, funktionierte. Vielleicht wollten sie das Thema ohnehin zur Sprache bringen. Ich war wirklich erleichtert, als die klirrende Stimme sich wieder meldete. »Du hast Mu-lu-Manting das Leben gerettet, und sie tritt fanatisch für das neue lohische Reich ein. Du hast Königin Satra kennengelernt, die sich noch immer für die Herrscherin Lohs hält und eine echte Königin der Schmerzen ist. Gemeinsam könnten die beiden es schaffen ...« Die Stimme verstummte, und ich staunte nicht schlecht, als der Herr der Sterne schließlich weitersprach. Schwang in diesen Worten nicht ein Hauch von Humor mit, so wie die letzten Luftperlen in einem Glas Champagner, bevor er schal wird? »Nun, Dray Prescot, Mensch, der über das Yrium verfügt. Wie ist deine Meinung?«
Es sollte mich nicht überraschen, wenn ich mit offenem Mund dagestanden habe.
Nun, jetzt war alles egal! Ich wollte rücksichtslos alles sagen, was mir dazu einfiel.
»Da gibt es Vor- und Nachteile. Viele Bürger Lohs sind teilnahmslos und gleichgültig. Das gilt besonders für die Menschen Walfargs und Tsungfarils. Man muß einfach wissen, daß sie bei einer Konfrontation mit den Shanks nicht gut abschneiden würden. Sollte Walfarg unter starker Führung wieder zum Reich werden, dürfte sich Widerstand formieren.«
»So?«
»Meiner Meinung nach würden die anderen unabhängigen Nationen Lohs sich jedem Versuch Walfargs widersetzen, das alte Reich neu aufleben zu lassen.«
»Sprich weiter!«
»Man muß die daraus entstehende Unruhe aus diesem Blickwinkel betrachten. Sollte Walfarg auf seinen Forderungen bestehen, ist ein Bürgerkrieg unvermeidlich, und keiner würde gegen die Shanks kämpfen.«
»Diese Möglichkeit mußt du verhindern.«
Ich kniff die rauhen Lippen zusammen. Die Everoinye erteilten Aufträge von schwindelerregender Größe.
»Wie, zur herrelldrinischen Hölle, soll ich das bewerkstelligen?«
»Du besitzt das
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