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43 Gruende, warum es AUS ist

Titel: 43 Gruende, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Handler , Maira Kalman
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hier. Das wäre doch –«
    Â» Wenn sie es ist«, sagtest du wieder.
    Â»Die Augen sind schon mal gleich«, sagte ich. »Und das Kinn. Sieh doch mal hier, das Grübchen.«
    Du schautest die Straße hinunter, dann sahst du erst mich und schließlich wieder das Foto an. »Also«, sagtest du, »das hier, das ist sie definitiv. Aber die Dame da hinten, die ist es vielleicht nicht.«
    Ich hörte auf, das Foto anzusehen, und sah stattdessen – mein Gott, so was Schönes! – dich an. Ich küsste dich, und ich fühle es noch heute, meine Lippen auf deinen, ich weiß noch genau, was für ein Gefühl das war, damals, auch wenn ich es jetzt nicht mehr habe. »Selbst wenn sie es nicht ist«, murmelte ich an deinem Hals, als wir fertig waren – die Kundin aus der Reinigung, das hässliche Kleid schlaff über dem Arm, hatte uns mit einem Ȁhem!« auseinandergetrieben –, »sollten wir ihr hinterhergehen.«
    Â»Was? Ihr hinterhergehen?«
    Â»Klar, komm!«, sagte ich. »Dann sehen wir ja, ob sie’s ist. Und außerdem –«
    Â»Außerdem ist es immer noch besser, als mir beim Essen zuzusehen«, sagtest du, als hättest du meine Gedanken gelesen.
    Â»Na ja, alternativ können wir auch essen gehen«, sagte ich, »oder musst du, was weiß ich, nach Hause oder so?«
    Â»Nein«, sagtest du.
    Â»Nein, du willst nicht, oder nein, du musst nicht nach Hause?«
    Â»Nein, ich meine, ja. Okay, wenn du willst.«
    Du wolltest schon wieder die Straße überqueren, um zurück auf ihre Seite zu kommen, doch ich hielt dich am Arm fest. »Nein, bleib hier«, sagte ich. »Wir sollten ihr mit etwas Abstand folgen, ganz diskret.« Das hatte ich aus Marokko um Mitternacht.
    Â»Was?«
    Â»Das ist einfach. Sie geht ja so langsam.«
    Du gabst mir recht. »Sie ist auch schon alt.«
    Â»Logisch«, sagte ich. »Sie dürfte so um die, warte mal – sie war jung in Greta in der Wildnis, und das war, lass mal sehen …« Ich drehte die Karte um und überflog blinzelnd die Infos auf der Rückseite.
    Â»Wenn sie es ist«, sagtest du.
    Â»Wenn sie es ist«, sagte ich, und du nahmst meine Hand. Und selbst wenn nicht, hätte ich gern gemurmelt, wieder ganz nah an deinem Hals, den Geruch von Aftershave und Schweiß in der Nase. Gehen wir einfach, dachte ich, der Film hatte wohl deutliche Spuren in mir hinterlassen. Wir werden ja sehen, wo uns das hinführt, dieses Abenteuer mit der klimpernden Musik im Hintergrund und dem Studio-Schneesturm, mit Lottie Carson, die aus ihrem Iglu tritt, und Will Ringer, der schimpfend umherstapft, bevor er (natürlich!) die Schlittenhunde weckt und anfeuert, damit Greta den Richtigen finden kann, ganz gleich, wie bescheiden sein Iglu auch sein mag, und ihre Glückstränen auf dem Grübchen zu Diamanten gefrieren, in diesem Licht, das nur einer wie Mailer so hinbekam. Gehen wir, gehen wir, schnell zum Happy End, an dem Greta den Pelz ihrer Träume trägt, einen schneeweißen, von Will Ringer selbst gegerbten Eisbärenpelz, in den sie sich so glückstrahlend kuschelt, in der Tasche die große Überraschung, den Verlobungsring, und dann, während in riesigen, triumphierenden Lettern schon das Wort ENDE auf der Leinwand erscheint, der Kuss, der lange Kuss. Das war meine Sternstunde, Chéri. An dem Tag, jenem 5. Oktober, hatte ich so ein Gefühl, das noch angefacht wurde von dem, was hinten auf der Lobby Card stand, den Infos zu Lottie Carsons Leben und Karriere. Ihr Geburtstag stand kurz bevor – sie war fast neunundachtzig. Das ging mir durch den Kopf, als ich gedankenverloren die Straße hinunterging. An jenem 5. Oktober, als wir nebeneinanderherliefen – los, gehen wir, gehen wir zusammen auf etwas Außergewöhnliches zu –, sah ich den 5. Dezember vor mir, und schon fing ich an, Pläne zu machen, weil ich dachte, wir schaffen es bis dahin.

    Â 

 
    Â 
    Wenn du diese Schachtel aufmachst und siehst, dass sie leer ist, fragst du dich vielleicht einen Moment lang, ob sie schon leer war, als du sie mir geschenkt hast – ich sehe es vor mir: noch so eine leere Geste, als würdest du mir eine jämmerliche Bestechung flüchtig in die Hand drücken. Doch die Wahrheit – und um die geht es hier – ist, dass die Schachtel voll war, vierundzwanzig Streichhölzer hübsch beieinander. Sie ist

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