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43 Gruende, warum es AUS ist

Titel: 43 Gruende, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Handler , Maira Kalman
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ich sah, dass gerade mal mickrige fünfzehn Minuten gespielt waren. Ich hatte geglaubt, es sei bald fertig, doch auf einmal schrumpfte ich zusammen wie ein Luftballon, und der Wimpel fühlte sich plötzlich an wie eine viel zu schwere Hantel. Eine Viertelstunde erst, wie war das möglich? Ich zwinkerte, bevor ich noch einmal nach der Uhr sah, um zu sehen, ob ich mich nicht getäuscht hatte, und Joan bekam es mit und grinste. »Ich weiß«, sagte sie, »so ein Spiel dauert wirklich ewig, hab ich recht? Das perfekte Synonym für beeilt euch oder für warten .« Inzwischen hatte ich dich aus den Augen verloren, und es dauerte so lange, bis ich dich wiederfand, dass mein Gehirn sagte: Wieso guckst du diesem Typ überhaupt zu? Wer ist das überhaupt? Warum der und nicht irgendein anderer?, denn irgendwas stimmte nicht an diesem Bild, in dem ich saß. Wie ein Apfel, der für den Kongress kandidiert, wie ein Fahrrad im Badeanzug. Wie mit Ausschneiden und Einfügen in einen Hintergrund montiert, von dem man auf Anhieb – oder, na ja, nach fünfzehn Minuten – sah, dass er nicht passte, so fühlte ich mich. Wie Anthony Burn als Stonewall Jackson in Mit mir nicht! oder wie Deanie Francis in Die Mitternacht naht – nicht die Richtigen für die Rolle, schlecht gecastet. Mein Rucksack fiel mir ein, der heute besonders schwer an meinen Beinen lehnte – mit den Hausaufgaben und vor allem dem Buch von Robert Colson, das ich Al geliehen und das er mir endlich zurückgegeben hatte – würde ich den zu der lauten nächtlichen Feier mitschleppen müssen, die ganz offensichtlich vor uns lag, nachdem der Spielstand so überwältigend gekippt war? Was sollte ich mit dem Wimpel machen und dem Plastikstäbchen, an dem man ihn hielt, wirft man den ins Feuer, wieso hatten die Leute später bei den Partys nie ihren Wimpel dabei? Was tat ich hier in der Sporthalle, da stimmte doch was nicht, das war doch kein Ort, an den ich je freiwillig gekommen wäre. Nicht mal Kaffee verkauften sie hier, dabei brauchte ich so dringend einen, o Mann, drauf und dran war ich, über die erschöpfte Mutter vor mir herzufallen und ihr die Thermoskanne aus der Hand zu reißen. Aber ich kam hier nicht raus, die Fenster waren zu hoch oben und nicht einmal offen, der Boden vor meinen Füßen war voller Krümel und Walnüsse, Christians Bruder lehnte unabsichtlich an meiner Schulter, Joan unterhielt sich lachend mit irgendeiner Mutter, die neben ihr stand. Man geht nicht; man bleibt. Ich dachte, ich verhielte mich ganz still, aber mit der Zeit war mein Hals ganz heiß und heiser von dem Gebrüll. Ich schaltete innerlich ab, bis ich auf einmal merkte, dass du wieder auf mich zeigtest. Ich hoffte bloß, dass mir zwischendurch nichts entgangen war, das wäre ja was gewesen, wenn du lächelnd hochgeschaut und mein Gesicht gesucht hättest und ich mürrisch und gelangweilt Löcher in die Luft gestarrt hätte. Ich gab mir einen Ruck, wedelte mit meinem Wimpel wie eine Geisel. Ich schenkte dir meinen Kampfgeist, und ihr habt gewonnen.
    Das Spiel endete eine Milliarde zu sechs, und keiner war überrascht. Weil wir gewonnen hatten, würde kein Mensch auf der Welt mehr hungern, alle würden Liebe und ewiges Glück finden, aber hätten wir verloren, dann hätten sie uns die Augen ausgestochen und uns nackt auf Giftschlangen und glühende Kohlen geworfen – so haben die Leute am Ende gejubelt und sich umarmt, selbst Fremde fielen sich in die Arme, so wie am Schluss von Das Omegavirus, als Steve Sturmine das Gegengift entdeckt. Die heftigsten Umarmungen bekamst du, Ed, und als ihr eure Ehrenrunde drehtet, fiel mir ein, ich hätte Blumen mitbringen und irgendwo verstecken müssen, um sie auf dich niederregnen zu lassen, jetzt, wo die Beavers gewonnen und nach Ansicht aller (bis auf das zu Tode gelangweilte, mit zu vielen Cantuccini vollgestopfte, künstlerisch angehauchte Mädchen auf einem der reservierten Plätze) die gesamte Menschheit gerettet hatten. Es tut mir leid – das heißt, damals tat es mir leid, jetzt nicht –, aber ich fand es wirklich langweilig. »Nicht zu spät!«, erinnerte mich Joan aus ihrem Auto heraus, als die Menge aus der Halle strömte und ich dir zuwinkte, während ich darauf wartete, dass du sauber, aufgeregt und glücklich im Kreis deiner Mannschaftskameraden herauskamst, mein kämpferischer

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