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43 Gründe, warum es AUS ist

Titel: 43 Gründe, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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leid.
    »Sechsundzwanzig«, sagtest du, bevor ich noch fragen konnte. Alle standen um uns herum, oder jedenfalls waren sie um uns herum wie lauter, schlechter Surf-Rock. Insgesamt war die Menge jetzt leiser, ein paar Aufschreie, ein paar Buhrufe. »Sechsundzwanzig«, sagtest du wieder, dieses Mal in Richtung der Menge, und tatest einen Schritt auf mich zu.
    »Untersteh dich!«, sagte ich, obwohl ich unentschlossen war.
    »Sechsundzwanzig«, sagtest du. »Ein Mal für jeden Tag, seit wir zusammen sind, Min.« Jemand johlte, jemand anders brachte ihn zum Schweigen.
    »Und ich hoffe, eines Tages werde ich wieder etwas Blödes machen und es dann eine Million mal sagen müssen, denn bis dahin werde ich genau so viele Tage mit dir zusammen sein, Min. Mit dir.«
    Ich erlaubte dir einen weiteren Schritt. Der Typ aus meinem Jahrgang merkte auf einmal, dass er noch immer mit offenem Mund dastand, klappte den Mund wieder zu und verdrückte sich. Ich spürte ein Zittern in der Schulter, in der Kniekehle. Ich schüttelte den Kopf, schaufelte meine Wut in ein flaches Grab, wo sie so lange liegen sollte, bis ich sie für irgendeine unerwartete Wendung im Drehbuch wieder brauchen konnte und ausbuddeln würde. Aber ich konnte den Blick nicht von dir wenden, deiner Schönheit, deiner Art, dich zu bewegen und mit mir zu reden.
    »Egal was«, sagtest du – eine umfassende Antwort auf eine nicht gemachte Bemerkung. »Egal was, Min. Alles, alles. Wenn Willows noch offen hätte, hätten sie gleich keine Blumen mehr. Ich würde den ganzen Laden leer kaufen, bis auf den letzten Stängel.«
    »Ich bin so sauer auf dich«, brachte ich endlich hervor. Wie viele gibt es, wie viele Filme, in denen der Mann oder die Schauspielerin, sich öffentlich entschuldigt? Ich kann sie nicht ansehen.
    »Ich weiß«, sagtest du.
    »Ich bin immer noch sauer.«
    Aber da standest du schon vor mir. Hast die Hände gehoben und an meine Wangen gelegt. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn du mich geküsst hättest, Ed, aber du warst klug genug, das nicht zu tun. Du hast mich einfach nur gehalten, deine warmen Hände auf meinem tränennassen Gesicht. »Ich weiß. Und das geschieht mir nur recht.«
    »Wirklich sauer. Das war so gemein, was du getan hast.«
    »Okay.« Die Menge war immer noch da, verlor aber bereits das Interesse.
    »Nein, nicht okay«, sagte ich. Einen anderen Pfeil hatte ich nicht im Köcher. »Es war wirklich gemein.«
    »Ja. Es tut mir leid. Es tut mir leid.«
    »Sag’s jetzt nicht wieder sechsundzwanzigmal. Ein einziges Mal reicht.«
    »Wirklich?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Egal was, Min. Egal was. Aber du musst es mir sagen.«
    »Ich will dir gar nichts sagen.«
    »Okay, aber, Min, bitte!«
    »Nichts ist okay.«
    »Okay, aber was kann – wie können wir neu anfangen?«
    »Ich weiß nicht, ob ich das will.«
    Du hast geblinzelt, viele Male. Deine Hand an meiner Wange zitterte auf einmal. Mir ging der Gedanke durch den Kopf, dass der Dreck von deiner Hand nun an meinem Gesicht hing. Und dass mir das egal war. Nichts war okay, Ed, aber vielleicht …
    »Wie, Min? Egal was. Was kann ich machen, was kann ich … wie kann ich dich dazu bringen, dass du neu anfangen willst?«
    Ich konnte es nicht. Nein, dachte ich, jetzt bloß nicht weinen, während du das sagst. Andererseits – du weinst ja sowieso schon, und er ist schuld daran. Min, dachte ich, das ist Liebe, ganz einfach. »Kaffee«, sagte ich und weinte dabei. »Kaffee, Extramilch und dreimal Zucker«, und du bist auf und davon mit mir, quer übers Footballfeld, beide Arme um mich gelegt, ohne dich von irgendwem zu verabschieden, durch die kalte Nacht zum Bus, wo wir dicht aneinandergekauert saßen, du wieder mein Gesicht gehalten hast, mir lauter süße Dinge gesagt hast, die fast vom Brummen des Motors verschluckt wurden. Dann bist du ins Café Tasse hineinmarschiert, hast beide Türen mit Schwung aufgestoßen und lauthals verkündet, dass du zur Strafe dafür, dass du deine große Liebe, Min Green, schlecht behandelt hast, einen großen Kaffee kaufen möchtest, einen großen Kaffee mit Extramilch und dreimal Zucker, und zwar auch für die gesamte Kundschaft dieses großartigen Etablissements, wobei die Kundschaft aus einem einzigen erschrockenen alten Mann hinter einer Zeitung bestand, der bereits seinen Kaffee vor sich stehen hatte. Du hast darauf bestanden, dass der Mann als Zeuge zur Kenntnis nahm, was du feierlich versprochen hast, nie wieder auch nur einen Tropfen Schnaps über

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