43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
Hand entgegen, und als er diese ergriff, war es ihnen beiden, als ob ein elektrisches Fluidum von dem einen auf den anderen überströmte. Sie hatten sich verstanden.
Während dieser Unterredung war hinter ihnen eine andere geführt worden. ‚Bärenherz‘ ritt an der Seite der Indianerin. Sein Auge umfaßte mit verhaltener Glut die schöne Gestalt seiner Nachbarin, welche mit einer Sicherheit auf dem halbwilden Pferd saß, als habe sie niemals anders als auf einem indianischen Männersattel geritten. Der schweigsame Häuptling war nicht gewohnt, seine Worte zu verschwenden; wen er aber sprach, so hatte eine jede Silbe das doppelte Gewicht. Karja kannte diese Art und Weise der wilden Indianer, und darum wunderte sie sich auch nicht darüber, daß er wortlos blieb. Doch fühlte sie es förmlich, daß sein Auge durchdringend auf ihr ruhte; und fast erschrak sie, als er sie anredete:
„Zu welchem Volk gehört meine junge Schwester?“
„Zu dem Volk der Mixtekas“, antwortete sie.
„Das war einst eine große Nation und ist noch jetzt durch die Schönheit seiner Frauen berühmt. Ist meine junge Schwester eine Squaw (Frau) oder ein Mädchen?“
„Ich habe keinen Mann.“
„Ist ihr Herz noch ihr Eigentum?“
Bei dieser direkten Frage, welche ein Weißer sicherlich nicht ausgesprochen hätte, rötete sich ihr dunkles Gesicht, aber sie antwortete mit fester Stimme:
„Nein.“
Sie wußte, daß es hier besser sei, die Wahrheit zu sagen, denn sie kannte die Apachen. Es veränderte sich kein Zug seines eisernen Gesichtes, und er fragte weiter:
„Ist es ein Mann ihres Volkes, der ihr Herz besitzt?“
„Nein.“
„Ein Weißer?“
„Ja.“
„‚Bärenherz‘ beklagt seine Schwester. Sie mag es ihm sagen, wenn der Weiße sie betrügt.“
„Er wird mich nicht betrügen!“ antwortete sie stolz und zurückweisend.
Ein leises, leises Lächeln zuckte um seine Lippen; er schüttelte den Kopf und entgegnete:
„Die weiße Farbe ist falsch und wird leicht schmutzig. Meine Schwester mag vorsichtig sein!“
Dies war das ganze Gespräch zwischen den beiden, aber es war wenigstens ebenso folgewichtig wie die Unterredung zwischen dem Deutschen und der Mexikanerin.
Im Verlauf des Weiterrittes erfuhr Helmers, daß die beiden Frauen oben am Rio Pecos gewesen waren, um eine Tante der Mexikanerin zu besuchen, welche schwer krank darniederlag. Diese Verwandte war die Schwester von Emmas Mutter, also die Schwägerin des alten Pedro Arbellez, welcher der Verwalter des Grafen Ferdinando de Rodriganda gewesen war, jetzt aber als Pächter des Grafen auf der Hacienda del Erina lebte. Die Pflege der beiden Frauen hatte den Tod der Tante nicht zu hindern, sondern nur zu verzögern vermocht. Später hatte Arbellez den Majordomus mit den Vaqueros geschickt, um die Tochter abholen zu lassen. Auf dem Rückweg waren sie von den Comanchen überfallen worden und wären ohne die Dazwischenkunft des Deutschen und des Apachenhäuptlings ganz sicher verloren gewesen.
Man ritt immer nach Süden zu. Der Tag neigte sich zu Ende; sie hatten nur noch eine Stunde bis zum Hereinbruch des Abends und befanden sich am Rand einer weiten Ebene, welche nun hinter ihnen lag, als der Apache sein Pferd anhielt und hinter sich zeigte.
„Ugh!“ rief er.
Die anderen drehten sich um, die Ebene zu durchmustern.
„Ich sehe nichts“, sagte der Majordomus.
„Wir auch nicht“, erklärten die Vaqueros, trotzdem sie Augen besaßen, welche gewohnt waren, in weite Fernen zu spähen.
„Was gibt es?“ fragte Emma.
„Auch Sie sehen nichts?“ antwortete Helmers.
„Nein. Siehst du etwas, Karja?“
„Nicht das mindeste“, erklärte die Indianerin.
„Der Häuptling der Apachen kann doch nicht den Trupp wilder Pferde meinen, den man dort erblickt?“ fragte der Majordomus.
„Uff!“ sagte der Apache mit geringschätziger Miene.
„Gerade den meint er“, sprach der Deutsche.
„Was gehen uns die Mustangs an?“
„Sind sie wirklich so gleichgültig, Señor Majordomus?“
„Ja. Wir sind ja mit Pferden versehen!“
„Seht sie Euch genauer an!“
Ungefähr zwei englische Meilen hinter ihnen galoppierte eine Herde von Pferden mit erhobenen Schwänzen und wehenden Mähnen einher. Sie kam immer näher. Kein Reiter, kein Sattel oder Bügel, kein Zügel, nicht die dünnste Schnur ließ sich sehen.
„Es sind Mustangs!“ sagte der Majordomus nochmals.
„Uff!“ rief der Apache zum zweitenmal, jetzt aber wirklich verächtlich.
Er lenkte sein
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