43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
Von ihm kann ich mich nicht trennen.“
„Er wird bleiben!“
„Er ist ein Freund der Freiheit. Er hält es in einem Gebäude nie längere Zeit aus.“
„Oh“, lächelte sie, „ich sehe, daß er es aushalten wird.“
„Woher vermuten Sie das?“
„Aus den Blicken, mit denen er Kaja betrachtet.“
„Ha! Sie beobachten richtig, wie ich auch schon bemerkt habe. Aber ich denke, die Indianerin liebt bereits den Grafen?“
„Gewiß. ‚Bärenherz‘ sollte mich dauern, wenn er sich hinreißen ließe.“
„Dauern? Pah! Er ist von einem eisenharten Stoff gemacht. Er wird nie um Liebe winseln und sich auch einer unerwiderten Neigung wegen nicht zu Tode jammern.“
„Aus welchem Stoff sind denn Sie gemacht?“ neckte sie.
„Vielleicht aus demselben.“
„So würden auch Sie nicht jammern?“
„Nie!“
„Und doch habe ich gehört, daß der Deutsche ein Herz hat wie kein anderer, so tief und so weich. Er soll ein Herzenswort besitzen, welches in keiner anderen Sprache vorkommt.“
„Sie meinen das Wort ‚Gemüt‘? Ja, dieses Wort hat kein anderes Volk. Der Deutsche allein hat ein Gemüt, aber hat zugleich einen Charakter, und ein Präriemann, mag er nun stammen, von welchem Volk es nur immer sei, bettelt selbst um die Liebe nicht.“
„Das ist stolz!“
„Aber richtig. Das Weib, welches ich liebe, soll mich auch achten. Aber bitte, wir bleiben zurück! Der Apache eilt, weil es vor allen Dingen gilt, einen sicheren Lagerplatz aufzusuchen, und das wollen wir ihm durch unser Zögern nicht erschweren.“
Es ging in munterer Schnelligkeit vorwärts, bis sie einen breiten Wasserlauf erreichten. Der Apache folgte demselben, bis das Flüßchen einen Bogen bildete. Hier hielt er an.
„Hier sicher?“ fragte er Helmers in seiner kurzen Weise.
Der Gefragte musterte mit prüfendem Blick die Umgebung und nickte dann zustimmend.
„Hier ist's gut“, sagte er. „Von drei Seiten schützt uns der Fluß, und diese Seite können wir recht gut bewachen. Steigen wir also ab!“
Sie sprangen alle von den Pferden und richteten das Lager vor. Innerhalb des Dreiviertelkreises, welchen der Fluß bildete, und hart an dem Ufer desselben kamen die Pferde zu stehen; dann kam das Feuer, um welches sich die Gesellschaft lagerte, und die vierte, die Landseite wurde von Büschen abgeschlossen, in welche man eine Wache legte.
Helmers richtete für Emma aus Zweigen und Laub ein weiches Lager vor; ‚Bärenherz‘ tat dasselbe mit der Indianerin. Es war dies von Seiten des Apachen eine ganz und gar ungewöhnliche Auszeichnung, denn kein Wilder läßt sich herbei, eine Handreichung zu leisten, welche die Frau oder das Mädchen selbst tun könnte.
Nachdem man die Ereignisse des Tages ausführlich besprochen hatte, wozu jedoch der Apache kein Wort sagte, legte man sich zur Ruhe. Es war die Anordnung getroffen, daß ein jeder drei Viertelstunden wachen sollte. ‚Bärenherz‘ und Helmers hatten die letzten Wachen übernommen, da die Zeit kurz vor Beginn des Tages die gefährlichste ist, weil da die Wilden ihre Angriffe am liebsten zu unternehmen pflegen.
Doch verging die Nacht ohne Störung, und man brach am Morgen mit erneuten Kräften auf. Während des Weiterrittes ließen sich die Comanchen nicht sehen; man kam nach und nach in kultiviertere Gegenden und erreichte am Nachmittag das Ziel.
Unter einer Hacienda versteht man eine Meierei; doch sind diese mexikanischen Haciendas sehr oft mit unseren größten Rittergütern zu vergleichen, da zu ihnen zuweilen ein Länderkomplex von der Größe eines deutschen Fürstentums gehört.
Die Hacienda del Erina war ein so fürstlicher Besitz. Das massive Gebäude war aus Bruchsteinen erbaut und von Palisaden umgeben, welche gegen räuberische Überfälle einen starken Schutz gewährten. Das Innere des einem Schloß gleichenden Herrenhauses war auf das feinste ausgestattet und zeigte eine solche Geräumigkeit, daß Hunderte von Gästen da Wohnung finden konnten.
Umgeben wurde das Haus von einem großen Garten, in welchem die prachtvollste tropische Vegetation in den strahlendsten Farben schimmerte und die üppigsten Düfte verbreitete. Hieran schloß sich auf der einen Seite der dichte Urwald, auf der anderen ein ausgedehnter Feldwuchs, und auf den beiden übrigen sah man große Weiden sich ausdehnen, auf welchen sich Herden tummelten, deren Stückzahl viele Tausende betrug.
Bereits als die Kavalkade an den Weiden vorüberritt, kamen mehrere Vaqueros mit lautem Jubel
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