43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
noch ausführlicher besprochen, als es bisher möglich gewesen war; dann bat der Haziendero, den Señores ihre Zimmer anweisen zu dürfen.
Die beiden Freunde wohnten nebeneinander. Es war dem Deutschen unmöglich, lange in dem engen Raum zu bleiben; er verließ ihn und suchte den Garten auf, wo er sich von Wohlgerüchen umduften ließ, bis er hinaustrat in das Freie, um die herrlichen mexikanischen Renner auf der Weide zu beobachten.
Indem er so an den Palisaden hinschlenderte und um eine Ecke bog, erhob sich plötzlich vor ihm eine Gestalt, deren frappantes Äußere ihn zum Stehen brachte. Der hohe, starke Mann war vollständig in ungegerbtes Büffelleder gekleidet, wie die Ciboleros (Büffeljäger) sich zu kleiden pflegen; auf dem Kopf saß ihm der obere Teil eines Bärenschädels, von welchem einige Streifen Fell bis fast herab zur Erde schleiften. Aus dem breiten Ledergürtel guckten die Griffe von Messern und anderen Werkzeugen; von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte herüber hatte er einen fünffach geflochtenen Lasso um den Leib geschlungen, und an der Palisade lehnte eine jener alten, schmiedeeisernen Büchsen, wie sie vor hundert Jahren in Kentucky gemacht wurden und die ein gewöhnlicher Mann nicht zu handhaben vermag, so schwer sind sie.
„Wer bist du?“ fragte Helmers im ersten Augenblick des Erstaunens.
„Ich bin ‚Büffelstirn‘, der Indianer“, antwortete der Gefragte.
„Tecalto bist du? Mokaschi-motak, der Cibolero?“
„Ja. Kennst du mich?“
„Ich sah dich noch nie, aber ich habe viel, sehr viel von dir gehört.“
„Wer bist du?“
„Mein Name ist Helmers; ich bin ein Deutscher.“
Das ernste Gesicht des Indianers klärte sich auf. Er war vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt und konnte als eine Schönheit des indianischen Typus gelten.
„So bist du der Jäger, welcher Karja, meine Schwester, befreit hat?“
„Der Zufall war mir hold.“
„Nein, das war kein Zufall. Du hast die Pferde der Comanchen geholt und bist ihnen nachgeritten. ‚Büffelstirn‘ ist dir vielen Dank schuldig. Du bist so tapfer wie Matava-fe, der Fürst des Felsens, der auch ein Deutscher ist.“
„Kennst du die Deutschen?“
„Ich kenne einige. Sie werden von den Amerikanern Dutchmen genannt. Sie sind stark, tapfer und klug, wahr und treu. Ich habe gehört von einem von ihnen, den die Apachen und Comanchen Itinti-ka, den ‚Donnerpfeil‘, nennen.“
„Gesehen hast du ihn noch nicht?“ fragte der Deutsche.
„Er heißt ‚Donnerpfeil‘, weil er schnell und sicher ist wie der Pfeil und mächtig und schwer wie der Donner. Seine Büchse fehlt nie ihr Ziel, und sein Auge irrt auf keiner Spur. Ich habe viel von ihm gehört, ich habe ihn bisher noch nie gesehen, aber heute sehe ich ihn.“
„Wo?“ fragte Helmers überrascht.
„Hier. Du bist es!“
„Ich? Woran erkennst du mich?“
„Sieh deine Wange an. ‚Donnerpfeil‘ hat einen Bowiemesserstich durch die Wange erhalten, das weiß ein jeder, der einmal von ihm gehört hat. Solche Erkennungszeichen merkt man sich. Habe ich richtig geraten oder nicht?“
Helmers nickte.
„Du hast recht. Man nennt mich allerdings Itinti-ka, den ‚Donnerpfeil‘.“
„So danke ich Wahconta (Gott), daß er mir erlaubt hat, mit dir zu sprechen. Du bist ein tapferer Mann; reiche mir deine Hand und sei mein Bruder!“
Sie schlugen ein, und Helmers sagte:
„Solange unsere Augen einander erblicken, soll Freundschaft sein zwischen mir und dir!“
Und der Indianer fügte hinzu:
„Meine Hand sei deine Hand und mein Fuß dein Fuß. Wehe deinem Feind, denn er ist auch der meinige, und wehe meinem Feind, da er auch der deinige ist. Ich bin du und du bist ich; wir sind eins!“
Sie umarmten sich.
Dieser ‚Büffelstirn‘ war kein Indianer nach Art der nördlichen Roten. Er war gesprächig und mitteilsam und doch wohl trotzdem nicht minder furchtbar als einer jener schweigsamen Wilden, welche es für eine Schande halten, gleich einem Weib den Gefühlen des Herzens Worte zu verleihen.
„Du wohnst in der Hacienda?“ fragte Helmers.
„Nein“, antwortete der Büffeljäger. „Wer mag wohnen und schlafen in der Luft, welche zwischen Mauern gefangen ist. Ich wohne hier.“
Er deutete auf das Rasenstück, auf welchem er stand.
„So hast du das beste Lager auf der ganze Estanzia. Ich konnte es in der Stube nicht aushalten.“
„Auch ‚Bärenherz‘, dein Freund, hat die Weide aufgesucht.“
„Er ist hier?“
„Ja. Ich habe bereits mit ihm
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