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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem Zittern, das durch den Zug veranlaßt wurde.
    „Herrgott, was ist das?“ fragte der Wärter.
    „Ein Erdbeben“, antwortete Ludewig.
    „Nein, nein, das ist kein Erdbeben; der Damm ist geborsten, ganz gewiß!“
    „So ist der Zug verloren!“
    „Vielleicht noch nicht, wenn er glücklich vor der Flut vorüberkommt. Frau, Laternen her! Fort, fort! Wir müssen sehen, wie es steht!“
    So rief der brave Mann. Die Frau kam mit einer Laterne herbei, und eben setzten sie sich in Bewegung, als von weit unten herauf ein Krach erscholl, als sei die Erde geborsten und habe alles in ihren dunklen Schlund hinabgerissen.
    „Das ist's. Das war's!“ rief der Wärter, indem er mit doppelter Schnelligkeit vorwärtsstrebte.
    „Der Zug ist verunglückt?“ fragte der Forstgehilfe.
    „Ja, ganz gewiß.“
    „So macht um Gottes willen rasch!“
    „Frau, renne zurück und hole Leinwand und was sonst zum Verbinden nötig ist.“
    Sie gehorchte in fliegender Eile der Aufforderung, während die beiden Männer mit den Laternen weiterrannten.
    Sie waren eine Wegstrecke von wohl einer Viertelstunde vorwärtsgekommen und befanden sich längst auf dem Gebiet des Nachbars des Bahnwärters, als sie entsetzt haltenblieben. Vor sich hörten sie ein wirres Schreien und Rufen, während ein dumpfes Tosen und Donnern zu ihnen drang, das nur von dem Wasser herrühren konnte, welches das Ufer und dann den Bahndamm durchbrochen hatte.
    „Weiter, weiter!“ rief der Wärter.
    Da, da endlich standen sie an der Stelle.
    Der Bahndamm war wirklich durchbrochen. Die Lokomotive war in den Riß hinabgestürzt und hatte sich jenseits desselben in die Erde hineingewühlt. Die vordersten Wagen waren ihr gefolgt, die hinteren aber hatten nicht hinabgekonnt. Im Zusammenprall waren sie teils zertrümmert, teils umgeworfen worden, und nur die allerletzten standen noch aufrecht auf den Schienen.
    Der Zug war ein gemischter, und es war ein Glück, daß sich die Güterwagen vorn, die Personenwagen aber hinten befunden hatten.
    Die Passagiere, die in den unversehrten Waggons gesessen hatten, waren ausgestiegen, um den Stand der Dinge zu untersuchen. Sie hatten die Wagenlampen genommen und leuchteten über die Unglücksstätte hin. Jetzt kam der Wärter mit dem Jägerburschen dazu; auch der andere war bereits da.
    „Ist es schlimm?“ fragte der erstere.
    „Sehr. Drei Personenwagen zertrümmert, zwei umgeworfen und zwei nebst dem Postwagen unversehrt“, antwortete der letztere. „Das andere liegt alles im Wasser.“
    Man suchte an Menschenleben zu retten, was zu retten war: aber das war nicht viel. Diejenigen, die in den zertrümmerten Wagen gesessen hatten, waren zermalmt worden; der Maschinist, der Heizer, die Bremser, sie waren tot. Alle, die sich in den umgestürzten Waggons befunden hatten, waren mehr oder weniger, meist aber schauderhaft verletzt. Man suchte ihre Körper in das Freie zu bringen. Zu dem, was im Wasser lag, konnte man nicht kommen, da die Flut zu reißend war, als daß Menschenkräfte hier etwas vermocht hätten.
    Da kam die Frau des Wärters und brachte Verbandzeug.
    „Spring zurück und gib das Zeichen, damit Hilfe kommt!“ gebot ihr Mann.
    Auch der jenseitige Bahnwärter kam jetzt. Das Unglück war hart an seiner Grenze geschehen; er hatte sofort gewußt, woran er war, und seinerseits bereits das Signal nach Bingerbrück gegeben.
    Es wurde jetzt nicht gefragt, wer schuld sei; an diese Frage zu denken, hatte kein Mensch die Zeit; man bemühte sich nur, zu retten und zu bergen, was möglich war.
    Ein junger Mann in der Livree eines Bedienten machte sich an einem der umgestürzten Waggons zu schaffen.
    „Hier ist es, mein Herr“, sagte er zu einem der unverletzten Passagiere, der mit ihm ein und dasselbe Coupé gehabt hatte und ihm nun behilflich war.
    „Ist es das richtige Coupé?“ fragte dieser.
    „Ja.“
    „Das Fenster ist zertrümmert, öffnen wir die Tür.“
    Sie taten es, und es ertönte ihnen ein erschütterndes Ächzen und Stöhnen entgegen. Der Bahnwärter trat mit seiner Laterne heran und leuchtete hinein.
    „Drei Passagiere!“ sagte er.
    „Alle tot?“ rief der Diener.
    „Nein. Sie hören ja das Ächzen.“
    „Ich denke, es kommt aus dem Nachbarcoupé. Da liegt mein Herr; heraus mit ihm.“
    Der Diener faßte eine der drei Personen behutsam an und hob sie heraus. Als er sie langgestreckt auf die Erde legte, sah man, daß der Verletzte sehr fein gekleidet war; aus diesem Umstand und dem weiteren, daß er einen

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