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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Abende des Frühlings.
    Daher war es kein Wunder, daß auf allen Höhen und Gebirgen der Schnee verschwand; er verwandelte sich in Wasser, das alle Ströme, Flüsse, Seen und Bäche füllte. Der warme Sonnenstrahl lockte die Feuchtigkeit wieder empor, und so entstanden feuchte Niederschläge, die in Form von anhaltendem Regen wieder zur Erde fielen.
    Dadurch wuchsen die Fluten, und alle Zeitungen berichteten von Überschwemmungen, die in ungeahnter Rapidität zu einer Höhe wuchsen, die man seit Menschengedenken nicht beobachtet hatte. Ganze Täler wurden überschwemmt, ganze Ortschaften fortgerissen. Der Verkehr stockte, denn die Flut bedeckte die Straßen und riß die Bahndämme ein.
    Auch die sonst so ruhige Nahe, die bei Bingen in die linke Seite des Rheines mündet, brachte eine Wassermasse, für die ihr Bett lange, lange nicht tief und breit genug war. Die Fluten glichen den Wogen eines großen Stromes. Sie hatten die Straße überstiegen und leckten gierig an dem Damm der Bahn, die Bingerbrück über Neunkirchen, Saarbrücken, Forbach, Metz und Nancy mit Paris verbindet.
    Die Bahnbeamten hatten Befehl erhalten, ganz außerordentlich aufmerksam zu sein, und ein jeder Bahnwärter mußte seine Strecke zwischen den einzelnen Zügen ganz genau untersuchen.
    Zwischen Bingerbrück und Langenlonsheim stand ein Bahnhäuschen, dessen Inhaber heute Besuch hatte. Der Forstgehilfe Ludewig aus Rheinswalden war ein Vetter des Bahnwärters, hatte gestern einen kleinen Sprößling desselben aus der Taufe gehoben und befand sich auch heute noch hier, um seinen Urlaub tüchtig auszunützen.
    Er saß mit der Familie am Tisch. Man hatte das Abendbrot gegessen; es hatte neun geschlagen, und in nicht ganz einer halben Stunde mußte der Eilzug vorüberkommen, der um fünf Uhr von Metz abgeht.
    „Sieht es bei euch in Rheinswalden auch so traurig aus?“ fragte der Wärter.
    „Nein, Gevatter“, antwortete Ludewig. „Wir liegen dahier nicht so nahe am Rhein, daß uns das Wasser packen könnte.“
    Man sieht, daß der gute Ludewig sein liebes ‚Dahier‘ auch in der Fremde nicht vergaß.
    „Und es geht bei euch alles gut?“ fragte der Wärter weiter.
    „Es geht uns allen wohl. Der Oberförster flucht immer noch wie vorher, und die gute Frau Sternau ist mit Fräulein Helene lieb und gut wie immer; auch ist der Steuermann Helmers noch da und sein Junge – der Tausendsapperment, aus dem wird einmal was Tüchtiges werden; er ist aber auch in tüchtigen Händen.“
    „Du bist noch immer sein Lehrmeister?“
    „Versteht sich!“ meinte der Forstgehilfe mit Selbstgefühl.
    „Und die Gäste?“
    „Du, da wird's dahier wohl bald eine Hochzeit geben. Ich gönne das unserem guten Herrn Sternau recht von Herzen.“
    „Donnerwetter, macht der da eine Partie!“
    „Ja, sie ist eine Gräfin dahier.“
    „Und noch dazu eine spanische! Sagtest du nicht früher einmal, daß es ihr im Kopf gerappelt hätte?“
    „Gerappelt? Dummes Zeug! Unter Rappeln verstehe ich verrückt sein. Das ist sie aber gar nicht gewesen.“
    „Aber es hieß doch überall, daß sie geisteskrank wäre?“
    „Gevatter, du bist ein Schafskopf dahier. Ja, ein Schafskopf. Unsere gute, liebe Gräfin verrückt zu heißen! Da hört doch alles und Verschiedenes auf dahier. Spanisch ist sie gewesen, reineweg spanisch, aber doch nicht verrückt. Sie haben ihr etwas eingegeben, daß sie wahnsinnig ward. Und was ist das gewesen, he, Gevatter?“
    „Ja, das weiß doch ich nicht!“ antwortete der Bahnwärter ganz verblüfft.
    „Na, was denn weiter als eine spanische Fliege dahier!“
    „Eine sp – a – oh!“ sagte der Wärter, indem er vor Verwunderung den Mund sperrangelweit öffnete.
    „Ja, eine spanische Fliege.“
    „Wird man denn da wahnsinnig?“
    „Versteht sich. Hast du schon einmal eine solche spanische Fliege gesehen?“
    „Das ist ein Pflaster.“
    „Dummheit, Gevatter. Eine spanische Fliege ist eine Fliege, aus der erst das Pflaster gemacht wird dahier. Eine spanische Fliege ist nicht etwa wie eine deutsche Fliege. Sie hat Flügel – geradeso groß wie die Flügel einer Gans.“
    „Sapperment, muß die aber summen!“
    „Ja. Sechs Beine hat sie, so groß wie Storchbeine.“
    „Himmelelement!“
    „Ja; ich als Jäger muß das wissen.“
    „Hast du schon mal eine geschossen?“
    „Nein, aber beinahe. Ihr Kopf ist halb wie ein Pferde- und halb wie ein Krötenkopf, und einen Leib hat sie dahier, gerade wie eine große

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