43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
nickte mit verschlagener Miene und antwortete:
„Gut, du sollst die Schrift haben.“
„Sofort?“
„Sofort!“
„So wirst du endlich klug, aber denke ja nicht, daß nun alles gut ist und daß du dein Wort nicht zu halten brauchst, wenn du fort bist von uns. Ich würde mich zu rächen wissen, wenn du es brichst.“
Alfonzo warf den Kopf trotzig zurück und unterschrieb. Kurze Zeit später ritt er mit einigen Soldaten zur Stadt hinaus, um sich nach Durango zu begeben. Es waren zwischen der Ankunft Cortejos und der Abreise Alfonzos nur einige Stunden vergangen, so groß war die Furcht des letzteren vor den beiden Indianerhäuptlingen.
Erst zwei Tage später erreichten die Indianer die Mauern der Hauptstadt. Dort warteten sie den Abend ab, und dann begab sich ‚Büffelstirn‘ nach dem Palast Rodriganda. Er schwang sich, wie vorher, über die Mauer und fand die alte Marie Hermoyes bereits seiner wartend.
„Uff, du hältst Wort!“ sagte er zu ihr.
Und sie, in ihrer Freude, ihn wiederzusehen, nannte ihn auch gleich du.
„Ja, ich habe alle Tage auf dich gewartet, jedoch vergeblich.“
„Ist dieser Cortejo zurück von dem Meer?“
„Bereits seit zwei Tagen.“
„Uff! Ich war krank und konnte nicht schnell folgen. Wo ist der Graf der Bleichgesichter?“
„Du meinst Graf Alfonzo? Der ist fort!“
„Uff! Wohin?“
„Es sollte niemand wissen, aber ich habe es erlauscht. Er ist nach der Hacienda del Erina.“
Der Indianer machte eine Bewegung der Überraschung.
„Wann ist er fort?“ fragte er.
„Seit vorgestern. Er will Señor Pedro Arbellez von der Hacienda vertreiben.“
„Weißt du dies gewiß?“
„Ja, ich habe Señor Cortejo mit seiner Tochter belauscht, die davon sprachen!“
„Das wird ihm aber nicht allein gelingen.“
„Oh, er nimmt eine ganze Schwadron Lanzenreiter mit, um sich bei den Ciboleros und Vaqueros Respekt zu verschaffen. Er ist nun der Erbe, da Graf Ferdinando gestorben ist.“
„Uff! Weißt du nicht, was dieser Cortejo jetzt in einem Korb nach der Küste geschafft hat?“
„Nein.“
„So haben wir hier nichts mehr zu tun. Wir müssen sofort nach der Hacienda reiten.“
„Ihr wolltet mich doch mitnehmen!“
„Willst du denn noch zu Pedro Arbellez?“
„O wie gern!“
„So sollst du mit. Habt ihr Pferde im Palast?“
„Wir haben nur zwölf der besten hier, die anderen sind stets auf der Weide.“
„Werden diese zwölf Tiere bewacht?“
„Ein Knecht ist stets im Stall.“
„Du wirst nicht viel Sachen mitnehmen dürfen. Kannst du reiten?“
„Ja. Es sind Damensättel im Stall.“
„Wie lange brauchst du, um das Notwendige einzupacken?“
„Keine Stunde.“
„So gehe und tue es. In einer Stunde sind wir hier.“
‚Büffelstirn‘ sprang wieder über die Mauer, und Marie kehrte in den Palast zurück, hoch erfreut darüber, daß sie ein Haus verlassen konnte, das ihr seit dem Tod Don Ferdinandos verhaßt geworden war. Rasch packte sie ihre Ersparnisse und das Allernotwendigste an Kleidern und Wäsche zusammen und war damit in der angegebenen Zeit fertig. Als sie mit diesem Paket die Laube wieder betrat, fand sie die beiden Indianer bereits ihrer wartend.
Der Apache ließ kein Wort hören, ‚Büffelstirn‘ aber sagte:
„Unsere Pferde sind müde, die eurigen aber sind frisch. Wir werden die eurigen nehmen. Wo ist der Stall?“
„Aber der Stallknecht ist darin“, warnte sie.
Der Mixteka machte eine geringschätzige Bewegung mit der Hand und antwortete nur:
„Komm!“
Die Alte führte ihn nun nach dem Stall, der nicht verschlossen war. Es brannte dort ein Licht, und im Schein desselben erblickten sie den Knecht, der auf einer Decke lag und schlief.
Im nächsten Augenblick kniete der Apache bei ihm, um ihn zu knebeln und zu binden, was mit einer solchen Schnelligkeit und Sicherheit gelang, daß der Mann gefesselt war, ehe er nur ganz erwachte. Nun wählten sich die beiden Indianer fünf der vortrefflichsten Pferde aus, zwei für sich, eines für die Amme und zwei für das Gepäck und zum Umwechseln.
Trotzdem sie mit dieser Auswahl sehr bedächtig vorgegangen, waren doch kaum fünf Minuten vergangen, als sie bereits im Galopp durch die Straßen sprengten, um zu ihren vor der Stadt gelassenen Tieren zu kommen. Von diesen luden sie alles auf die frischen Pferde über und ließen sie frei.
Als am anderen Morgen dem Sekretär Pablo Cortejo die Meldung gemacht wurde, daß die alte Marie Hermoyes in Begleitung von zwei Indianern mit zwei
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