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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehalten. Sternau legte den Zettel genau wieder so zusammen, wie er erst gewesen war, und steckte ihn unter den Stein. Er vernichtete seine Spuren und kehrte dann nach seinem Pferd zurück, welches er bestieg, um im Galopp die Hacienda aufzusuchen.
    Als er sie erreichte, war der Kapitän noch nicht wieder da; er kehrte erst nach geraumer Zeit zurück und hatte keine Ahnung, daß sein Geheimnis bereits verraten sei. Vielleicht erfuhr er gar nicht, daß Sternau die Hacienda verlassen gehabt hatte.
    Ladrillos ist ein spanisches Wort und bedeutet zu deutsch Ziegelsteine. Die Urbewohner Mittelamerikas bauten nämlich ihre Pyramiden und Städte meist aus in der Sonne gedörrten Back- oder Ziegelsteinen, welche von ihnen Adobes genannt wurden, bei den Spaniern aber Ladrillos hießen. Man findet noch heute die Ruinen solcher Adobesstädte und bewundert die Kunst, mit welcher jene Urvölker zu bauen verstanden. Hier und da trifft man im Urwald, mitten in der Savanne oder in einer Felseneinöde ein einsames, halb oder auch ganz zerfallenes Gemäuer, welches aus solchen Ladrillos besteht und als Zeuge dient, daß früher diese Einöden bewohnt und bebaut waren.
    Auch in der Nähe der Hacienda del Erina gab es eine solche Ruine. Sie lag höchstens eine halbe Stunde von dem Haus entfernt, mitten in einem Felsengewirr und wurde von Dornen und Schlingpflanzen so überwuchert, daß sie ganz unzugänglich war. Aber kurz vor der eingefallenen Frontmauer des einstigen Gebäudes befand sich ein rundes Loch, gerade so, als ob hier ein Schacht ausgefüllt worden sei. Dieses Loch war zugänglich und an seinem Rand von dichtem Gebüsch umstanden, und Sternau glaubte, mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, daß die Zusammenkunft hier stattfinden werde.
    Er sagte keinem Menschen ein Wort von dem, was er wußte, und saß im Verlauf des ganzen Nachmittags bei dem Kranken, der sich ganz wohl fühlte und seine Erinnerung so vollständig wieder erhalten hatte, daß er ihm sein Abenteuer in der Höhle des Königsschatzes erzählen konnte. Emma brachte die Kostbarkeiten herbei, und Sternau konnte den Reichtum bewundern, durch welchen der einst so arme Jäger zum Millionär geworden war.
    Emma schwebte in Wonne, den Geliebten so wohl zu sehen. Sie hoffte auf ein baldiges Glück und sagte, auf den Steuermann Helmers deutend, zu dem Kranken:
    „Eigentlich brauchst du diesen Reichtum gar nicht, denn die Hacienda del Erina wird uns gehören. Solltest du da nicht mit deinem Bruder teilen?“
    Der Kranke nickte lächelnd und sagte:
    „Bruder, was ich habe gehört auch dir. Sprachst du nicht gestern von einem Sohn, den du hast?“
    „Ja. Ich habe Weib und Kind zu Haus“, antwortete der Steuermann.
    Er erzählte nun von den Seinen und wurde in dieser Schilderung von Sternau reichlich unterstützt. Der Kranke hörte aufmerksam zu und sagte dann:
    „Dieser Knabe ist ein Wunderkind und muß eine entsprechende Ausbildung erhalten. Du hast an deinem Landesherrn und dem Oberförster zwei mächtige Gönner, aber das ist doch immer eine Abhängigkeit. Du mußt die nötigen Mittel von mir annehmen; ich bin ja dein Bruder, der Oheim deines Knaben, und darf dir eine Gabe anbieten, ohne dich zu beleidigen.“
    Der brave Steuermann wies das von sich ab, aber die Anwesenden waren alle gegen ihn, und auch der Haziendero Pedro Arbellez zeigte dieselbe Gesinnung wie die übrigen. Und so wurde halb im Scherz und halb im Ernst beschlossen, daß die Hälfte des Teiles, welchen Helmers vom Königsschatz erhalten hatte, dem kleinen Kurt Helmers in Rheinswalden gehören solle.
    Gegen Abend fühlte sich der Patient wieder ermüdet und schlief ein. Während Emma bei ihm blieb, gingen die anderen zum Abendbrot. Die Offiziere waren nicht dabei. Nach dem, was vorgefallen war, hielten sie es geraten, ganz zurückgezogen auf ihren Zimmern zu speisen.
    Nach dem Essen sagte Sternau, daß ihn einige Arbeiten nötigten, ungestört in seiner Wohnung zu bleiben. Er wollte nicht haben, daß man seine Abwesenheit bemerke. Er wartete den geeigneten Augenblick ab, steckte Waffen, Tücher und Riemen zu sich und schlich sich in eines der Zimmer, welche nach dem hinteren Hof lagen und unbewohnt waren. Er hatte in dem seinigen das Licht brennen lassen, damit man glauben solle, daß er anwesend sei, aber von außen die Tür verschlossen, daß niemand das Gegenteil bemerke. Er öffnete das Fenster, stieg hinaus und zog das Fenster wieder zu; dann schlich er sich über den Hof hinüber und schwang

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