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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht eingefallen, schriftlich oder mündlich eine letztwillige Verfügung zu treffen. Er fühlte sich bereits im voraus als Sieger, untersuchte die Sicherheit seines Gefangenen, verschloß die Tür seines Zimmers und schritt mit den Pistolen so ruhig die Treppe hinab, als ob er zum Frühstück gehe.
    Unten wartete Mariano. Sie schritten nach dem Stall, sattelten selbst und trabten dann fort. Dabei warf Mariano einen Blick nach Verdojas Fenster und bemerkte, daß dieser an demselben stand.
    „Der Kapitän sieht uns reiten“, sagte er.
    Sternau warf keinen Blick hinauf, sondern fragte nur:
    „Errätst du, was er jetzt denkt?“
    Die beiden Freunde nannten einander jetzt bereits Du.
    „Ja“, antwortete Mariano.
    „Nun?“
    „Er denkt, daß du ihnen nicht entkommen wirst. Wenn dich der eine nicht fällt, so gelingt es doch dem andern. Der Leutnant soll ein vortrefflicher Schütze sein. Sie behandelten gestern die Angelegenheit so leicht und sorglos, daß ich überzeugt bin, sie haben nicht die mindeste Angst.“
    Sternau trieb sein Pferd zu rascherem Lauf an, und als er sah, daß Mariano dasselbe tat, antwortete er:
    „Auch ich bin überzeugt, daß sie sich nicht fürchten, aber aus einem anderen Grund.“
    „Welcher sollte das sein?“
    „Sehr einfach. Sie glauben ganz bestimmt, daß es gar nicht zum Duell kommt.“
    „Ah! Warum?“
    „Weil wir beide, du und ich, bereits vorher zwei tote Männer sind.“
    „Ich verstehe dich nicht!“
    „Du sollst mich gleich begreifen, höre!“
    Er erzählte dem Freund die Art und Weise, wie er den Kapitän beobachtet hatte und hinter die Schliche desselben gekommen war. Mariano war erschrocken über das, was er vernahm. Eine solche Niederträchtigkeit und Bosheit schien ihm ganz unglaublich. Er fixierte wirklich längere Zeit das Gesicht Sternaus, um zu sehen, ob dieser sich vielleicht einen nicht ganz passenden Scherz mit ihm machen wollte.
    „Und dies alles ist wahr, wirklich wahr?“ fragte er.
    „Natürlich“, antwortete Sternau.
    „Und den Mörder hast du in deinem Zimmer?“
    „Wie ich dir sagte, ja.“
    „Wenn er nun ausbricht!“
    „Er ist sehr gut gefesselt.“
    „Oder wenn man ihn hört und in die Stube dringt. Er wird die Leute belügen und sie lassen ihn frei!“
    „Auch das wird nicht geschehen. Er ist so geknebelt, daß er kaum zu atmen vermag. Das Rufen ist ihm eine Unmöglichkeit. Und selbst wenn er zu stöhnen vermöchte, sodaß man es hört, freigeben wird man ihn doch nicht, denn man wird sich ja denken können, daß ich meine Gründe habe, einen Menschen in meinem Zimmer anzufesseln.“
    „Seine Genossen sind nicht beim Kalkbruch?“
    Jetzt horchte Sternau auf.
    „Alle Teufel, das ist ja wahr, daran habe ich ja gar nicht gedacht!“ sagte er. „Welch eine Unvorsichtigkeit. So leichtsinnig bin ich noch gar nicht gewesen. Ich nehme den Mann mit mir und denke gar nicht daran, daß es ihm nun unmöglich ist, seine Kollegen aus dem Bruch zu entfernen. Na, der Fehler wird noch auszubessern sein. Ich kenne zwar den Bruch nicht und habe mir ihn nur von einem Vaquero beschreiben lassen; aber ich glaube nicht, daß wir Gefahr laufen. Wir müssen die Kerls nur überraschen. Wir haben bereits zehn Minuten getrabt; dort liegt der Berg, links herum kommen wir an den Bruch. Wir wollen ihn im Sturm nehmen!“
    Sie gaben ihren Pferden die Sporen und jagten im Galopp weiter. Nach einigen Minuten öffnete sich vor ihnen der Kalkbruch, der eine breite und nicht sehr tiefe Öffnung in den Berg bildete. Die Höhen rechts und links waren mit Bäumen bestanden, der Bruch selbst aber nur mit Gestrüpp. Er hatte vor Jahren den Kalk zum Bau der Hacienda geliefert. Als sie im Galopp den Einritt beschleunigten, erblicken sie zwei Männer, welche sich vom Boden erhoben. Drei Pferde grasten zwischen den Büschen. Sternau ritt sofort einen derselben nieder, und Mariano tat dasselbe mit dem zweiten.
    „Holla, was tut ihr hier?“ rief Sternau, sich vom Pferd werfend und den Mann packend. „Wer seid ihr Strolche?“
    „Oho!“ antwortete der Mensch, sich das Knie reibend, welches er sich beim Sturz beschädigt hatte. „Wer seid denn zuvor ihr, daß ihr es wagt, ehrliche Leute niederzureiten?“
    „Wer wir sind, das weißt du genau, Halunke. Ihr habt ja den Auftrag, uns totzuschießen. Ich werde dich unschädlich machen, Bursche!“
    Er schlug ihm die Faust gegen die Schläfe, daß der Mann zusammenbrach. Nun erst drehte er sich nach Mariano um. Dieser kniete auf dem

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