44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
beleidigt wie Ihr Kapitän Señorita Emma beleidigte. Es ist ein Schurke so groß wie der andere. Wenn Sie mein Zimmer nicht sofort verlassen, werfe ich Sie zum Fenster hinaus.“
Er streckte seinen Arm drohend nach dem Gegner aus. Dieser schlüpfte gewandt unter demselben hinweg und sprang nach der Tür. Dort drehte er sich noch einmal um und rief, dem Deutschen die geballte Faust entgegenstreckend:
„Das sollen Sie büßen, und zwar bald, bald! Sie werden sich mit zweien zu schlagen haben, anstatt nur mit einem, und wenigstens einer von uns wird Sie töten, wenn Sie nicht geradezu den Teufel haben.“
Er eilte zur Tür hinaus. Sternau brannte sich ruhig eine Zigarette an und wartete nun gleichmäßig der Dinge, die da kommen sollten. Seine Geduld sollte nicht lange auf die Probe gestellt werden, denn bereits nach einer kleinen Viertelstunde klopfte es an seiner Tür, und auf sein lautes „Herein!“ trat der andere Leutnant durch die geöffnete Tür. Er verbeugte sich sehr höflich und sagte in einem ebenso höflichen Ton:
„Verzeihung, Señor Sternau, daß ich Sie störe! Können Sie sich mir auf höchstens fünf Minuten widmen?“
„Gern, Señor. Bitte, nehmen Sie Platz, und bedienen Sie sich einer Zigarette!“
Der Offizier war ganz überrascht über diese Freundlichkeit. Leutnant Pardero hatte ihm von dem Verhalten Sternaus erzählt, und anstatt in diesem einen Wüterich zu finden, wurde er mit solcher Höflichkeit empfangen. Was ein europäischer Offizier als Cartellträger unterlassen hätte, der Leutnant tat es; er nahm eine Zigarette und ließ sie sich von Sternau in Brand stecken. Eigentlich mußte ihm die Veranlassung seines Besuches doch verbieten, sie anzunehmen. Als beide nun einander gegenübersaßen, begann der Offizier:
„Aufrichtig gestanden komme ich nicht gern zu Ihnen, Señor; denn die Angelegenheit, welche mich zu Ihnen führt, ist eine feindliche.“
Er hielt inne und blickte Sternau erwartungsvoll an. Dieser wollte ihm das Schwierige seiner Lage erleichtern und sagte daher mild:
„Sprechen Sie getrost, Señor! Ich bin jedenfalls auf das, was Sie mir bringen, bereits genügsam vorbereitet.“
„Nun, ich komme im Auftrag der Señores Verdoja und Pardero, welche von Ihnen beleidigt zu sein glauben.“
Sternau nickte leichthin.
„Sie gebrauchen den richtigen Ausdruck“, sagte er. „Die Señores glauben, von mir beleidigt zu sein, aber im Gegenteil sind diese beiden es, welche zwei Damen beleidigten, welche sich ohne Schutz befanden, dann aber in mir den Rächer fanden. Señor, Sie bringen mir nur eine Aufforderung zum Zweikampf?“
„Ja, Señor Sternau.“
„Und mit wem soll ich mich schlagen?“
„Mit beiden.“
„Hm! Das tut mir leid um Ihretwillen, denn Sie sind nicht der Abgesandte von Männern, die ich achten kann. Übrigens brauche ich die Forderung nicht anzunehmen, da man sich nur mit Ehrenmännern schlägt. Aber ich will Sie, der Sie höflich zu mir sprachen, nicht kränken, und ebenso will ich bedenken, daß ich mich gegenwärtig in einem Land befinde, in welchem der Ehrbegriff vielleicht noch nicht die notwendige Läuterung erfahren hat, und darum will ich mich zu der Forderung bekennen. Haben die beiden Herren bereits Wünsche in Beziehung auf das Arrangement ausgesprochen?“
„Allerdings.“
„Nun?“
„Der Kapitän wünscht, sich auf Degen zu schlagen, der Leutnant aber auf Pistolen!“
„Das glaube ich!“ lachte Sternau fröhlich. „Ich habe des Leutnants Säbel zerbrochen; er weiß also, daß ich mit dieser Waffe umzugehen verstehe, und wählt daher Pistolen. Ich will den beiden Herren die Erfüllung ihrer Wünsche zugestehen, aber nur unter zwei Bedingungen.“
„Ich will Sie hören, Señor.“
„Ich schlage mich mit dem Kapitän per Degen, bis einer von uns durch eine Wunde gezwungen ist, den Degen fallen zu lassen.“
„Dies wird vielleicht zugestanden.“
„Und mit dem Leutnant schieße ich mich über die Barriere mit zwei geladenen Läufen. Die Barriere ist drei Schritte, und jeder hat zwei Kugeln.“
„Mein Gott, Señor, auf diese Weise gehen Sie einem sicheren Tod entgegen!“ warnte der Offizier. „Wenn Sie dem Kapitän entkommen, werden Sie doch dem Leutnant nicht entgehen, der der beste Pistolenschütze ist, den ich kenne.“
„Vielleicht gibt es noch bessere, als er ist“, lachte Sternau. „Haben Sie bereits einmal von berühmten Schützen, Jägern oder Savannenmännern gehört, Señor?“
„Oh, sehr
Weitere Kostenlose Bücher