44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Zorn welcher ihn beherrschte, war nicht geeignet, die Wallungen seines Blutes zu beruhigen, und so kam es, daß das Verbinden eine längere Zeit in Anspruch nahm. Während der Leutnant mit dem Arm seines Vorgesetzten beschäftigt war, wechselte dieser Blicke mit Pardero, aus denen er erkannte, daß er in letzterem einen Verbündeten haben werde.
Endlich stiegen sie zu Pferd, um nach der Hacienda zurückzukehren. Sie taten dies, wie bereits bemerkt, mit düsteren Mienen, doch war bei dem Leutnant der Grund dazu ein ehrenhafterer als bei den beiden anderen.
Bei den Lanzenreitern befand sich einer, welcher einmal Arzt hatte werden wollen, aber wegen schlimmen Lebenswandels relegiert worden war. Er war der Chirurg der Schwadron und hätte bei dem Duell eigentlich zugegen sein müssen. Aber Sternau hatte die Anwesenheit eines Arztes abgelehnt, und der Kapitän war so überzeugt gewesen, daß sein meuchlerischer Anschlag gelingen werde, daß man nicht für nötig befunden hatte, ihn zu benachrichtigen. Kaum aber waren Verdoja und Pardero nach der Hacienda zurückgekehrt, so ließen sie ihn kommen, um sich einen regelrechten Verband anlegen zu lassen.
Bei dieser Gelegenheit erfuhren sie von ihm, daß ein Bote angekommen sei, der von Juarez die Weisung gebracht habe, sofort nach Monclova aufzubrechen, da dort die Bevölkerung im Aufstand gegen die Regierung begriffen sei. Dieser Bote war derselbe Reiter, welchen Sternau hatte kommen hören. Der Kapitän ließ ihn zu sich kommen und empfing den schriftlichen Befehl, den Monclovanern gegen die Regierungstruppen beizustehen.
„Werde ich reiten können?“ fragte er den Chirurgen.
„Ja“, antwortete dieser. „Das Reiten strengt den Arm nicht an. Es ist nur das Wundfieber zu befürchten, aber da ich das Wundkraut angewendet habe, so wird es gar nicht eintreten.“
„Und Leutnant Pardero?“
„Seine Wunde ist schmerzhafter als die Ihrige, gefährlicher aber nicht. Auch er kann reiten. Allerdings den Degen werden Sie beide nicht wieder führen können.“
„So fechte ich mit der linken Hand. Morgen früh brechen wir auf.“
Während der Chirurg mit den beiden Verwundeten beschäftigt war, führte der Leutnant seinen Vorsatz aus und begab sich zu Sternau. Dieser sah ein, daß er es mit einem Ehrenmann zu tun hatte, verweigerte ihm aber einstweilen jede Auskunft.
„Und doch muß ich auf dieser Auskunft bestehen“, sagte der Leutnant. „Es ist ein Bote angekommen, welcher unseren schleunigen Aufbruch fordert. Juarez dirigiert uns nach Monclova. Haben Sie ein Recht, den Kapitän des Meuchelmordes oder der Anstiftung dazu zu beschuldigen, so trete ich aus, oder zwinge ihn, auszutreten. Dasselbe wird auch mit Pardero der Fall sein, denn ich vermute sehr, daß die beiden zusammenhalten werden. Eigentlich genügt schon ihr ehrloser Angriff auf die Damen, mich von ihnen loszusagen.“
„Und doch dienten Sie ihnen als Sekundant!“
„Wer sonst hätte es tun sollen? Übrigens erfuhr ich das Ausführlichste erst auf dem Weg nach dem Stelldichein. Jetzt sehen Sie wohl ein, daß ich unbedingt um sofortige Aufklärung bitten muß.“
„Sie soll Ihnen werden, wenn auch nicht in dieser Minute, aber doch in ganz kurzer Zeit. Der Kapitän sieht seinen Anschlag mißlungen, und er wird, wie ich vermute, in kurzer Zeit ausreiten, um an denjenigen, welcher den Mord ausführen sollte, eine Botschaft zu richten. Ich beabsichtige, ihn dabei zu beobachten; Sie werden mich dazu begleiten, denn dies ist der Weg, Sie von der Wahrheit meiner Behauptungen zu überzeugen. Bereiten Sie sich auf einen baldigen Spazierritt vor, aber ohne daß es jemand merkt.“
Der Leutnant mußte sich damit zufriedengeben und entfernte sich einstweilen. Sternau hatte sich in seinen Vermutungen nicht getäuscht, denn kaum hatte der Chirurg den Kapitän verlassen, so verließ dieser zu Pferd die Hacienda, aber nicht allein, sondern er forderte den Leutnant Pardero auf, ihn zu begleiten, da er mit ihm zu sprechen habe.
Pardero war ein echter Mexikaner, leichtlebig, leidenschaftlich, seinen Wünschen und Begierden alles unterordnend. Er war arm, wollte es aber nicht bleiben, denn der Besitz ist ja das einzige Mittel zur Befriedigung aller Bedürfnisse. Reich zu werden, war ihm kein Mittel zu verwerflich, aber leider hatte er bis jetzt noch keinen Erfolg gehabt. Er hatte es bisher zu nichts gebracht als nur zu Schulden, und sein Hauptgläubiger war der Kapitän, an den er im Spiel Summen verloren hatte,
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