44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Mann:
„Sieh dort hinüber! Erblickst du die drei Reiter? Es ist der Kapitän mit seinen beiden Leutnants. Wenn sie näher kommen, wirst du sehen, daß Verdoja und Pardero ihre rechten Hände verbunden haben. Ich habe mich heute morgen in dem Kalkbruch mit ihnen geschlagen und dabei beide um die rechte Hand gebracht. Von ihnen hast du keine Hilfe zu erwarten.“
Der Gefangene erschrak von neuem und blickte angestrengt zum Fenster hinaus. Auch die anderen traten herbei, um die Ankömmlinge zu beobachten. Diese kamen im Trab näher, ritten, ohne bei den ihrigen, den Soldaten, anzuhalten, in den Hof ein und stiegen ab. Nach einigen Augenblicken hörte man an ihren Schritten, daß sie sich nach ihren Zimmern begaben. Alle Anwesenden hatten bemerkt, welch ein Zug entschlossener Rachgierigkeit auf den Gesichtern der drei gelegen hatte; diesen Mienen nach hatte man auf einen friedlichen Weiterverlauf der Dinge allerdings nicht zu rechnen.
„Nun, hoffst du noch auf Hilfe von dem Kapitän?“ fragte Sternau.
Der Gefragte schwieg. Er wollte nicht mit Worten eingestehen, daß er bereit sei, seinen bisherigen Widerstand aufzugeben.
„Antworte mir jetzt!“ fuhr Sternau fort. „Gestehst du ein, daß Ihr von einem gewissen Cortejo gedungen wäret, mir und meinen Gefährten aufzulauern?“
„Ja, das will ich gestehen“, sagte der Mann.
„Als dies mißlang und ich eure Leute in der Schlucht des Tigers getötet hatte, engagierte euch übrigen der Kapitän Verdoja, uns niederzuschießen?“
„Ja.“
„Ihr habt infolgedessen auch wirklich auf mich geschossen?“
„Ich nicht, sondern nur die beiden, welche Sie in der Schlucht töteten.“
„Entschuldige dich nicht; du warst ihr Anführer. Du hast dann mit Verdoja einige Zusammenkünfte gehabt und bei der letzten derselben, gestern, forderte er dich auf, mich und Señor Mariano heute mit deinem Doppelgewehr zu erschießen, und zwar in dem Augenblick, in welchem ich mit ihm auf der Mensur stehen würde?“
„Ja“, antwortete der Mexikaner kleinlaut. Er sah ein, daß Leugnen ganz vergeblich sei, fügte aber hinzu: „Sie können mir aber glauben, Señor Sternau, daß ich es nicht getan hätte; ich hätte Sie auf keinen Fall erschossen.“
„Ah! Was hättest du denn getan?“
„Ich wäre hervorgetreten und hätte Ihnen gesagt, was der Kapitän mit Ihnen im Sinn hatte.“
„Das mache einem andern weis. Du wirst übrigens jetzt deine Kameraden zu sehen bekommen. – Mariano, willst du die beiden Leute holen?“
Mariano ging und brachte sie nach kurzer Zeit herbei. Sie erschraken sichtlich, als sie ihren Gefährten erblickten, und es bedurfte von Seiten Sternaus nur einer kleinen Einschüchterung, um sie zum vollen Geständnis zu bringen. Sie hörten, daß ihr Mithelfer bereits alles gesagt habe, und sahen nun keinen Grund, durch ein unnötiges Leugnen ihre an und für sich bereits gefährliche Lage zu verschlimmern.
„Ihr seid Mörder und wohl auch noch mehr als das“, sagte Sternau, „es gehört euch der Strick ohne alle Gnade und Barmherzigkeit, aber ich will Nachsicht üben, sobald ihr bereit seid, eine Bedingung zu erfüllen.“
„Welche ist es?“ fragte der eine.
„Ich fordere von euch, daß ihr euer Geständnis in Gegenwart des Kapitäns wiederholt, sobald ich es verlange. Seid ihr bereit dazu?“
Sie blickten einander an und antworteten nicht. Endlich fragte der Anführer: „Ist das unbedingt notwendig?“
„Ja. Tut ihr es nicht, so geschieht das mit euch, was ich euch sagte: ich lasse euch unverzüglich aufhängen. Denket nicht, daß ich nur drohe!“
„Hängen lassen wir uns des Rittmeisters wegen nicht. Wenn es wirklich nicht anders geht, so werden wir also auch in seiner Gegenwart die Wahrheit sagen.“
„Gut. Das Leben ist euch also geschenkt, und das weitere wird sich finden. Ihr werdet jetzt zusammengesperrt. Versucht nicht, zu entfliehen, denn jeder Versuch wird euern Tod zur Folge haben!“
Sie wurden jetzt zu dritt in dasselbe Gewölbe eingeschlossen, in welchem die zwei gesteckt hatten. Sternau ahnte mit den übrigen, daß sehr bald eine Kundgebung feindseliger Art von den Offizieren zu erwarten sei, und so zogen sie es vor, im Haus zu bleiben, um einander in jedem Augenblick zur Hand zu sein.
Die drei Offiziere waren nach dem Aufbruch Sternaus und Marianos noch längere Zeit auf dem Kampfplatz geblieben; sie sahen sich durch die Verwundungen dazu gezwungen. Die Hand Parderos war vollständig zerschmettert, aber die Blutung
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