44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
auch sofort die Vorbereitung zu der Sitzung getroffen.
Während unten die Lanzenreiter in einzelnen Gruppen den ungewöhnlichen Vorfall besprachen, kam der alte Wachtmeister und wurde mit dem Leutnant zu den drei gefangenen Mexikanern geführt, welche ihre Aussagen wiederholen sollten. Sie taten es, und da hierdurch alle Vorbereitungen erfüllt waren, so wurden nun mehrere Stühle und Bänke in den Hof geschafft, auf denen die Hauptpersonen Platz zu nehmen hatten.
An einem Tisch saß der Leutnant und an seiner Seite der Wachtmeister, rechts und links von ihnen die Unteroffiziere. Sie bildeten den Gerichtshof. An der anderen Seite hatten Sternau, Mariano und die beiden Damen Platz genommen; sie waren die Ankläger. Ihnen gegenüber saßen Helmers und der Haziendero als vielleicht zu gebrauchende Zeugen und auf der vierten Seite standen in einiger Entfernung die Lanzenreiter nebst mehreren Vaqueros und Ciboleros als Publikum.
Jetzt wurden Verdoja und Pardero vorgeführt.
Es läßt sich gar nicht beschreiben, in welcher Verfassung sie sich befanden. Eine solche Lage, eine solche Demütigung hatten sie gar nicht für möglich gehalten. Sie schäumten vor Wut, und wenn sie ihre rechten Arme hätten gebrauchen können, so wären sie von den vier Vaqueros, von denen sie herbeigebracht wurden, wohl kaum zu bändigen gewesen.
„Was soll das?“ rief Verdoja, als er die Versammlung bemerkte. „Was steht ihr hier?“ brüllte er die Soldaten an. „Packt euch hinaus, ihr Hunde!“
„Mäßigen Sie sich, Señor Verdoja!“ sagte der Leutnant als Vorsitzender. „Sie stehen als Angeklagter vor uns, und es kommt ganz allein nur auf ihr Verhalten an, wie Sie von uns behandelt werden.“
„Als Angeklagter?“ rief er. „Wer klagt mich an?“
„Das werden Sie sofort vernehmen.“
„Und wer soll mein Richter sein?“
„Wir, die Sie hier sitzen sehen.“
Da schlug er ein schallendes, höhnisches Gelächter auf.
„Befinde ich mich unter Wahnsinnigen?“ fragte er. „Meine Soldaten wollen mich richten! Schurken, die ihr seid, wollt ihr hinaus an eure Plätze gehen! Ich lasse euch auf der Stelle füsilieren!“
Er erhob die linke Faust und trat auf den Wachtmeister zu, wurde aber bald von den Vaqueros abgehalten, tätlich zu werden.
„Ich stelle den Antrag, die beiden Angeklagten zu fesseln, wenn sie sich nicht augenblicklich beruhigen!“ sagte Sternau.
„Der Antrag ist angenommen!“ antwortete der Leutnant.
„Wagt es einmal!“ rief der Kapitän. „Ich lasse die ganze Hacienda demolieren!“
„Habt ihr Riemen oder Stricke?“ fragte anstatt der Antwort der Vorsitzende die Vaqueros.
Diese griffen in ihre Taschen und brachten das Verlangte hervor.
„Ihr seht, Señores, daß wir nicht scherzen“, sagte der Vorsitzende. „Fügt euch in das Unvermeidliche, sonst werdet ihr gezwungen, euch zu fügen!“
„Fügen!“ rief Verdoja. „Was haben wir verbrochen? Wer kann wagen, ein Kriegsgericht über seine eigenen Vorgesetzten zu halten? Ich! Ich bin es, der anzuklagen hat!“
„Sie irren sich. Es handelt sich nicht um ein Kriegs- sondern um ein Ehrengericht, und es soll entschieden werden, ob Ehrenmänner unter Euch noch weiter dienen können.“
Der Kapitän wollte eine seiner kräftigen Antworten geben, aber Pardero legte ihm begütigend die Hand auf die Schulter und flüsterte:
„Um Gottes willen ruhig! Mit Grobheit kommen wir hier nicht durch.“
Darum faßte er sich und sagte:
„Nun wohlan, beginnt eure Faxe, ich behalte mir das Spätere vor!“
Da jetzt die Ruhe der Erwartung eintrat, so sagte der Vorsitzende:
„Señor Sternau, sprechen Sie.“
Sternau erhob sich.
„Ich klage im Namen dieser beiden anwesenden Señoritas, diese beiden Männer der ehrlosen Handlung gegen unbeschützte Damen an“, sagte Sternau. „Ich klage sie ferner an des Mordanschlages gegen mich, Señor Mariano und Señor Helmers.“
„Können Sie diese Anklagen beweisen?“
„Ja.“
Der Leutnant wandte sich zu den beiden Angeklagten und fragte:
„Wie gedenken Sie sich gegen diese Anschuldigungen zu verhalten?“
„Sie sind so ungereimt, daß ich sie einer Antwort gar nicht für wert halte.“ So antwortete Verdoja, und Pardero schloß sich dieser Meinung an.
„Ich danke Ihnen“, antwortete der Leutnant. „Wenn Sie wirklich nichts dazu sagen, so vereinfachen Sie das Verfahren auf eine erwünschte Weise. Über die erste Anklage gehen wir billigerweise hinweg; die Angeschuldigten beantworten sie nicht und
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