44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
gestehen die Wahrheit derselben ein. Was aber die zweite betrifft, so sind wir da zu einer größeren Ausführlichkeit gezwungen. Da die beiden Angeklagten uns eine jede Antwort verweigert haben, so werde ich Sie Señor Sternau, bitten, ihre Angaben zu machen.“
Sternau brachte seine Anklage in ausführlicher Weise vor, aber ohne ahnen zu lassen, daß die drei Mörder ihm als Zeugen zur Verfügung ständen. Er erzählte alles, was von dem Augenblick an geschehen war, an welchem ‚Büffelstirn‘ die Reisenden vor dem Hinterhalt gewarnt hatte. Er berichtete über den Ritt, den er mit Verdoja und den Leutnants nach der Schlucht des Tigers gemacht hatte, und bemerkte, daß da sein Verdacht entstanden sei. Er erwähnte das nächtliche Schleichen und die verdächtigen Ausflüge des Kapitäns und schloß damit, daß der letzte Ritt, den derselbe mit Pardero unternommen habe, wohl auch nur aus feindseligen Gründen geschehen sei.
Als er geendet hatte, ergriff der Kapitän das Wort, obgleich er gesagt hatte, daß er keine Antwort geben werde.
„Ich scheine es wirklich mit Wahnsinnigen zu tun zu haben“, sagte er. „Dieser Mann hat nichts als leere Vermutungen ausgesprochen, und auf diese hin wagt man es, zwei Caballeros und Offiziere unserer glorreichen Republik vor ein Ehrengericht zu stellen; das ist nicht nur lächerlich, sondern geradezu schändlich, und eine solche Schändlichkeit werde ich zu bestrafen wissen, sobald diese Komödie beendet ist!“
„Eine derartige Bestrafung habe ich nicht zu befürchten“, antwortete Sternau, „denn ich werde meine Vermutungen sofort mit Beweisungen belegen. Als die beiden Señores heute ausritten, ahnte ich den Zweck des Rittes und brach mit dem Herrn Leutnant auf, um sie zu belauschen. Verdoja hatte nämlich im Wald eine Post errichtet, einen Stein, unter welchen er seine geschriebenen Befehle steckte. Der heutige lautet: ‚Bleibe in der Nähe dieses Ortes. Um Mitternacht treffe ich Dich hier beim Stein. Du hast Dich zu rechtfertigen.‘ Ich glaube nicht, daß Verdoja uns das ableugnen wird.‘“
Als Sternau den Stein erwähnte und den Zettel hervorzog, um seinen Inhalt vorzulesen, erbleichte Verdoja; Pardero ging es ebenso. Beide schwiegen, als sie jetzt aller Augen auf sich gerichtet sahen. Sternau fuhr fort:
„Ich muß nämlich bemerken, daß ich die heimlichen Zusammenkünfte des Angeklagten belauschte. Ich hörte, was gesprochen wurde, und habe danach gehandelt. Es stehen mir Zeugen zur Verfügung, deren Aussage über alles weitere die beste Auskunft geben wird.“
Auf seinen Wink wurden die drei gefangenen Mexikaner herbeigebracht. Bei ihrem Anblick erschrak Verdoja so, daß er sichtlich zurückprallte. Das hatte er nicht gedacht. Nun mußte ja alles an den Tag kommen!
Und es kam an den Tag. Die Gefangenen legten ihre Aussagen zwar unter allen Zeichen der Verlegenheit, aber doch so wahrheitsgetreu und ausführlich ab, daß gar kein Zweifel übrig blieb. Die beiden Zettel wurden als von der Hand Verdojas kommend rekognosziert, und so war es diesem vollständig unmöglich, zu leugnen. Die beiden Angeklagten versteckten sich hinter einem wortlosen Trotz und verweigerten jedes Geständnis.
„Die Schuld der Angeklagten ist auf das Glänzendste erwiesen“, erklärte der Vorsitzende. „Nach den Gesetzen des Landes hat Verdoja den Tod verdient. Inwieweit Pardero mitschuldig ist, wollen wir nicht untersuchen. Wir haben uns bloß als ein Ehrengericht konstituiert; wir haben also nicht zu bestrafen, sondern nur zu entscheiden, ob wir mit diesen beiden Männern fort dienen wollen. Was nun mich betrifft, so erkläre ich mit aller Entschiedenheit, daß ich austrete und zwar von dem jetzigen Augenblick an.“
„Ich verweigere Ihnen den Abschied!“ rief Verdoja, indem ihm sein Grimm den Mut gab, sich zusammenzuraffen.
„Danach wird nicht gefragt“, antwortete der Leutnant. „Sie haben sich als ehrlos erwiesen, und kein Ehrenmann wird sich durch Ihre Weigerung zwingen lassen, Sie von jetzt an als Vorgesetzten anzuerkennen. Übrigens, und das betone ich mit allem Nachdruck, haben Sie selbst sich der Insubordination, des Ungehorsams, der Nachlässigkeit und Eigenmächtigkeit schuldig gemacht. Sie erhielten den Befehl, nach Monclova aufzubrechen, und taten es nicht, sondern ließen sich von Ihren meuchelmörderischen Absichten hier festhalten. Ich sehe mich verpflichtet, ein Protokoll abzufassen und dasselbe mit einem Eilboten an Juarez zu senden. Hiernach werden Sie
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