45 - Waldröschen 04 - Verschollen
jetzt aber wollen wir scheiden mein lieber Freund, um uns zum Fest vorzubereiten.“
Sie trennten sich, beide dem Abend entgegensehend, nach dem sich das ganze Offizierskorps der Gardehusaren sehnte.
Im Laufe des Nachmittags trat das Ehrengericht zusammen. Die Mitglieder desselben bestanden alle aus Angehörigen des hohen Adels, sie sahen Helmers als ein ‚räudiges Schaf‘ an, wie sich der Oberst ausgedrückt hatte, waren übrigens von demselben beeinflußt worden, und so kam es, daß die Fassung des Urteiles dahinging, Leutnant Helmers habe den Obersten gedächtnisschwach genannt, dies sei eine Beleidigung, und da beide Beleidigungen als einander aufhebend zu betrachten seien, so habe Helmers kein Recht, Satisfaktion zu fordern, und der Oberst sei nicht verbunden, welche zu geben, von einem Duell könne also keine Rede sein. Daran schloß sich die Bemerkung, daß das Verhalten des Leutnant Helmers ein rücksichtsloses genannt werden müsse, welches nicht geeignet sei, ihm die freundliche Gesinnung des Offizierskorps zu erringen, er tue sehr klug, sich an einen anderen Ort versetzen zu lassen, zumal weder seine Abstammung noch seine Gesinnung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen des Gardekorps im Einklang ständen.
Dieses Urteil wurde zu Protokoll genommen, von welchem Platen eine Abschrift bekam, um sie Helmers zu überbringen. Er sah, daß man irgendeine Bemerkung von ihm erwartete, doch steckte er schweigend die Abschrift zu sich und entfernte sich. Er hatte die feste Überzeugung, daß mit dieser Sitzung die Angelegenheit noch nicht beendet sei.
Der Oberst aber fühlte sich als Sieger. Er hielt dafür, daß Kurt es nun nicht wagen werde, auf dem Eintritt in das Regiment zu beharren, und kehrte mit dem Gefühl der Genugtuung nach Hause zurück, um sich in seine Galauniform zu werfen und seine Damen abzuholen, da unterdessen der Abend hereingebrochen war und man den hohen Festgeber nicht warten lassen durfte.
Das Gartenschloß Montbijou liegt an der Spree im Spandauer Viertel, ist reizend gelegen und war heute ganz besonders festlich geschmückt worden. Im Garten brannten zahllose Lampions, welche die Bosketts in einen Feenschimmer hüllten, in den Zimmern flutete ein Meer von Licht, geschäftige Domestiken eilten hin und her, und unter dem Eingang stand der Hofmeister des Großherzogs, um die zahlreichen Gäste zu empfangen.
Nach dem Grundsatz, daß Zögerung vornehm sei, hatten sich die Leutnants zuerst eingestellt, dann waren die anderen nach und nach gekommen, je höher im Rang, um so später und mit desto größerer Grandezza. Sie wurden im Vorzimmer von dem Adjutanten des Großherzogs empfangen und nach ihren Plätzen geleitet oder gewiesen. Zuletzt kamen der Brigade- und Divisionsgeneral mit einem ganzen Schweif von Damen.
Im großen Saal erblickte man das Musikkorps, welches zum Tanz aufspielen sollte, jetzt herrschte noch jene Erwartung, in welcher man sich nur halblaut zu unterhalten pflegt. Die Diener reichten kleine Erfrischungen herum, vom Speisesaal her aber hörte man bereits das Klirren von Glas und Porzellan, welches dem Feinschmecker eine Verheißung ersehnter Genüsse bedeutet.
Da endlich wurde die Tür aufgerissen und die Ankunft des Großherzogs gemeldet. Er trat herein, am Arm Rosa de Rodriganda, die jetzige Frau Sternau. Ihm folgten der Herzog von Olsunna mit Amy Lindsay, dann Sir Lindsay mit der Herzogin von Olsunna, der früheren Erzieherin, und hinter diesem Paar kam Kurt mit Röschen am Arm.
Bei seinem Anblick rissen die Herren Husaren die Augen weit auf. Er trug auf der Brust den österreichischen Orden der eisernen Krone und den militärischen Maria-Theresien-Orden, ferner den hessischen Ludwigsorden, den Löwenorden und den Orden vom eisernen Helm neben dem Kreuz für Militärverdienste.
Die Augen aller Damen richteten sich nach dem schmucken Leutnant, den keine von ihnen kannte, die Augen der Herren aber auf seine Dame, die in bestrickender Lieblichkeit neben ihm ging und so eng und so vertraut an seinem Arm hing, als ob sie seine Schwester sei.
Die Anwesenden hatten sich natürlich erhoben. Der Großherzog schritt auf den Divisionsgeneral zu und ließ sich seine Damen vorstellen, worauf er die Namen seiner Begleitung nannte.
Es läßt sich denken, welchen Eindruck das Erscheinen Kurts hinter dem Großherzog auf die Herrn Leutnants machte. Adjutant Branden riß die Augen auf und murmelte zu Golzen hinüber:
„Du, sehe ich recht! Ist das nicht dieser
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