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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zwei tüchtigen Eilkamelen beritten, und nun setzte sich die flüchtige Karawane, sechs Tiere stark, in Bewegung. Als Emma gestern die Stadt erblickte, hätte sie wohl nicht gedacht, sie heute als verkleideter Beduine frei wieder verlassen zu können.

SECHSTES KAPITEL
    Die Befreiung
    Vielleicht eine Woche später segelte eine Brigg durch die Straße Bab-el-Mandeb. Das Fahrzeug war sehr schmuck gebaut, und vom Mast wehte die deutsche schwarz-weiß-rote Handelsflagge. Auch ohne diese Flagge mußte man sehen, daß die Brigg ein Handels-, nicht aber ein Kriegsfahrzeug sei, doch standen auf dem Deck vier Kanonen, welche dem Schiff ein kriegerisches Ansehen gaben.
    Das Vorhandensein der Geschütze ließ sich aus dem Umstand erklären, daß die Sicherheit in jenen Meeresteilen auch heute noch eine nicht sehr große ist. Besonders muß ein Kapitän, welcher sich mit Küstenhandel beschäftigt, darauf sehen, gut bewaffnet zu sein. Er kommt mit Menschen in Berührung, denen nie ganz zu trauen ist, und welche imstande sind, durch Verrat sich eines Fahrzeuges zu bemächtigen, um die Ladung desselben in die Hand zu bekommen.
    Die Sonne brannte heiß hernieder; zwar wehte eine leichte Prise, doch war die Wärme so stark, daß die Bemannung der Brigg unter wie ein Zeltdach aufgespannten Segeln lag und sich fast sämtlicher Kleidung entledigt hatte. Der Steuermann hatte das Steuer mittelst eines Taues angebunden und saß im Schatten eines Teppichs, den er über sich im Tauwerk befestigt hatte.
    Auch dem Kapitän schien es in seiner Kajüte zu schwül zu werden. Er kam langsam heraufgestiegen, warf einen kurzen Blick über das Deck, einen zweiten an den Horizont und ging dann zum Steuermann.
    Dieser schien sich, dem vorgeschriebenen Respekt gemäß, erheben zu wollen, der Kapitän aber winkte ihm, sitzen zu bleiben und ließ sich neben ihm nieder.
    „Verteufelte Hitze!“ sagte er nach kurzer Seemannsart.
    „Wahr!“ nickte der Steuermann zustimmend.
    „Ich lobe mir den Norden“, fuhr der Kapitän nach einer kurzen Pause fort, „aber da muß es dem Reeder einfallen, uns nach dieser Küste zu senden. Ich bin begierig, zu erfahren, ob wir da wirklich die guten Geschäfte machen werden, die er sich einbildet.“
    „Der Dolmetscher glaubt es ja!“
    „Aber gerade das ärgert mich, daß man hier einen Dolmetscher braucht. Wer doch dieses verteufelte Arabisch gelernt hätte, der brauchte sich nicht in die Gefahr zu begeben, von diesem fremden Volk betrogen zu werden. Aber da schau, dort kommt einer gesegelt! Was mag es für ein Landsmann sein?“
    Die Brigg hielt gerade nach Süd, und in dieser Richtung erblickten die beiden einen Punkt, welcher ein Fahrzeug sein mußte. Der Steuermann griff zu dem Fernrohr, welches neben ihm lag, zog es aus, setzte es an das Auge und blickte lange und aufmerksam hindurch. Er schien sich nicht klar zu werden und meinte endlich:
    „So ein Ding ist mir noch nicht unter die Augen gekommen. Sieh selbst hindurch!“
    Jetzt bediente sich der Kapitän des Rohres. Er hatte sich eher eine Ansicht gebildet, denn er sagte mit einem verächtlichen Lächeln:
    „Dies muß ein arabisches Fahrzeug sein. In einer Stunde haben wir es erreicht, dann wollen wir es einmal anreden.“
    Auch die Matrosen hatten das fremde Segel erblickt und behielten es aufmerksam im Auge. Die beiden Fahrzeuge näherten sich immer mehr, bis man von der Brigg aus ohne Fernrohr erkennen konnte, daß der Fremde nur einen einzigen Mast hatte, welcher schief nach vorn befestigt war und zwei eigentümlich geformte Segel trug. Auf seinem Deck standen Männer in Turbanen, welche ihrerseits die Brigg ebenso musterten, wie sie von dieser aus beobachtet wurden.
    „Soll ich feuern lassen?“ fragte der Steuermann.
    „Ja. Schicke mir den Dolmetscher her.“
    Der Steuermann trat an eine der Kanonen und winkte zu gleicher Zeit dem Mann, welcher in arabischer Tracht gekleidet, vorn am Spriet auf einer Matte saß und eine lange Pfeife rauchte. Dieser erhob sich langsam und begab sich nach dem Steuer. Dort beschattete er seine Augen mit der Hand, warf einen langen Blick auf das andere Fahrzeug und fragte dann den Kapitän:
    „Du willst ihn anreden?“
    „Ja“, lautete die Antwort.
    „Was willst du von ihm wissen?“
    „Zunächst, was für ein Fahrzeug es ist.“
    „Das kannst du bereits von mir erfahren. Es ist ein Wachtschiff des Gouverneurs von Zeyla.“
    „Also eine Art von Kriegsschiff?“
    „Ja. Die Leute sind alle bewaffnet.“
    „Wozu

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