45 - Waldröschen 04 - Verschollen
gehört zu werden.“
Sie gingen leise nach dem Kamelschuppen. Dort gab Don Ferdinande dem Gärtner den Schlüssel, und nun, da sie ihm ihren Schwur gegeben hatten, den kein Mohammedaner bricht, auch die übrigen Fesseln zu lösen. Er selbst kehrte zu Emma zurück.
Diese war sichtlich erfreut und beruhigt, als sie ihn kommen sah. Sie mußte jetzt ihr Haar hoch knüpfen, und er band ihr einen feinen, ostindischen Shawl als Turban um den Kopf, so daß sie nun für einen jungen Türken gehalten werden mußte.
Ferner suchte er zwei Flinten, Pulver und Blei, Kleider, Messer und Yatagans für die beiden Somali aus, band diese in zwei Teppiche, welche sie für die Kamele brauchten, nahm diesen Pack auf, legte denselben aber wieder nieder, denn es fiel ihm ein, daß er ja den Torschlüssel brauchte. Er trat also hinaus in das Schlafkabinett des Sultans und langte die Schlüssel herab.
Härrär hat fünf Tore. An jedem der Schlüssel befand sich ein Blech, welches eine Nummer trug. Der Graf konnte sich also nicht irren, welchen Schlüssel er zu nehmen hatte. Nun erst konnte er sich entfernen. Er nahm den Pack zum zweiten Mal auf und bat Emma ihm zu folgen. Als sie in dem Schuppen anlangten, waren die beiden Somali von ihren Fesseln befreit.
„Hier habt ihr Kleider, Waffen und Pulver und Blei“, sagte der Graf. „Zieht euch schnell an; es wird gehen, obgleich es dunkel ist. Die beiden Teppiche sind für eure Kamele, die wir uns draußen verschaffen werden. Aber eilt, wir müssen uns sputen.“
„Herr“, sagte der Vater, „wir kennen dich nicht, aber unser Leben ist wie das deinige; es gehört dir. Wir kennen alle Wege und werden dich an das Meer bringen, ohne daß du die Verfolger zu fürchten brauchst. Du sollst uns nicht bezahlen, denn du gibst uns die Freiheit, welche mehr wert ist als Silber und Gold.“
„Deine Rede ist die eines dankbaren Mannes. Ich werde euch allerdings nicht bezahlen, aber ich werde euch ein Geschenk geben, das so groß ist wie die Treue, welche ihr uns erweisen werdet. Hier sind vier Kamele, drei um uns zu tragen, und eins für das Gepäck. Mein junge Gefährte ist zwar kein Weib, aber da einmal die Sänfte vorhanden ist, so mag er sich ihrer bedienen. Wir reiten zum Tor hinaus, welches nach Gafra führt. Ihr beiden geht uns zur Seite und tut, als ob ihr unsere Diener seid. Ich werde mich am Tor für den Sultan ausgeben. Hier ist der Schlüssel. Du schließt das Tor auf und von draußen wieder zu; das ist alles, was ihr jetzt zu tun habt. Vorwärts!“
Die Kamele wurden bestiegen und der Ritt begann, indem die beiden Somali nebenher schritten. Als sie das Tor erreichten, schlief der Wächter. Der Somali schloß auf, und dieses Geräusch weckte den Schlafenden. Er kam eiligst mit seinem Stab, dem Zeichen seiner Würde, herbei; aber da er keine Zeit gehabt hatte, ein Licht anzubrennen, so konnte er die Reiter nicht erkennen.
„Wer seid ihr?“ fragte er. „Halt! Ohne Erlaubnis des Sultans darf niemand durch das Tor. Ich verbiete euch, es zu öffnen.“
„Was wagst du, Hund!“ rief ihm der Graf zu, indem er die Stimme des Herrschers nachzuahmen versuchte. „Weißt du nicht, daß ich zu dem Vater meines Weibes reiten will? Oder kennst du deinen Herrn nicht? Morgen sollst du im Staub vor mir kriechen, du Sohn eines Schakals!“
Da warf sich der Mann voller Angst zur Erde nieder. Er getraute sich kein Wort zu sagen; die Flüchtlinge passierten das Tor, welches der Somali wieder verschloß.
Auf der anderen Seite der Stadt brannten die Wachtfeuer der Handelskarawane, welche ihre Geschäfte in Härrär noch nicht beendigt hatte. Der Graf ritt eine Weile vorwärts, ließ dann halten und stieg vom Kamel.
„Kommt!“ sagte er. „Da drüben weiden die Tiere des Sultans, und daneben ist ein Schuppen, wo es Sättel und Schläuche gibt. Wir wollen versuchen, die Wächter zu überlisten und ihnen zwei gute Reittiere abzunehmen.“
Die beiden Männer folgten ihm. Sie waren Nomaden, also geborene Räuber. Sie hatten Waffen und waren also ihres Erfolges sicher. Als die drei den Weideplatz erreichten, fand es sich, daß kein einziger Wächter zugegen war.
„Wo mögen sie sein?“ fragte der eine Somali.
„Ah, sie sind hinüber zur Karawane, wo es nicht so einsam ist wie hier“, antwortete der Graf. „Sie machen uns unser Werk leicht. Sucht euch Kamele heraus, während ich nach dem Schuppen gehe und zwei Sättel wählen will.“
Es dauerte keine Viertelstunde, so waren die Somali mit
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