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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dienen diese Art Schiffe?“
    „Gewöhnlich dienen sie dem Handel oder dem Transport, ganz wie andere Fahrzeuge, und nur auf ganz seltene Veranlassungen hin werden sie mit Kriegern bemannt. Es muß in Zeyla etwas Wichtiges passiert sein.“
    „Das müssen wir erfahren, da wir ja nach Zeyla wollen. Du wirst die Fragen, welche ich gebe, und die Antworten, die ich erhalte, genau übersetzen.“
    Jetzt waren sich die Schiffe so nahe gekommen, daß man gegenseitig die Gesichtszüge erkennen konnte. Eben war der Steuermann im Begriff, durch einen Kanonenschuß das Zeichen zu geben, daß der Araber beidrehen solle, um angesprochen werden zu können, als vom Verdeck desselben eine Flintensalve erscholl. Er also selbst forderte die Brigg auf, die Segel fallen zu lassen.
    Der Kapitän lachte laut auf. Es gab ihm Spaß, daß dieses Fahrzeug ihm gegenüber das Ansehen eines Kriegsschiffes gab.
    „Hörst du es?“ rief er dem Steuermann zu. „Dieser Knirps gibt uns Befehle! Laß den Schuß stecken. Wir wollen ihm Gehorsam leisten und ich bin neugierig, was er von uns verlangen wird. Dreht bei, Jungens!“
    Das anbefohlene Manöver wurde ausgeführt, die Brigg verlor den Wind und machte eine Schwenkung. Der Araber tat dasselbe und lag nun fast Seite an Seite mit dem Deutschen. Er hatte vielleicht fünfzehn Bewaffnete am Bord. Der Kapitän stand auf einer Erhöhung und fragte mit erhobener Stimme:
    „Wie heißt dieses Schiff?“
    „‚Seejungfer‘!“ übersetzte der Dolmetscher die Antwort des Kapitäns.
    „Wo ist es her?“
    „Aus Kiel.“
    „Wo liegt diese Stadt?“
    „In Deutschland.“
    „Das muß ein kleines, armseliges Ländchen sein, denn ich kenne es nicht“, meinte der Araber stolz. „Was habt ihr geladen?“
    „Handelsware.“
    „Und Menschen?“
    „Nein. Wir haben keine Passagiere.“
    „Auch keine entlaufenen Sklaven?“
    „Nein.“
    „Ich werde auf euer Schiff kommen, um zu sehen, ob ihr die Wahrheit redet.“
    Das war dem deutschen Kapitän denn doch zu viel. Er ließ fragen:
    „Wer bist du denn?“
    „Ich bin ein Kapitän des Sultans von Zeyla.“
    „In Zeyla gibt es einen Gouverneur, aber keinen Sultan. Ich habe weder ihm noch einem seiner Diener zu gehorchen.“
    „So weigerst du dich, dein Schiff untersuchen zu lassen?“
    „Ja; du hast nicht das Recht dazu. Umgekehrt wäre es richtiger. Wenn ich dein Fahrzeug betreten wollte, könntest du es mir nicht verweigern.“
    „Ich würde dir es doch verbieten, denn ich bin ein Krieger“, antwortete der Araber in verächtlichem Ton. „Ich werde dich zwingen, mich und meine Leute an Bord zu lassen, um dein Schiff durchzusuchen.“
    „Wie willst du dies anfangen?“
    „Zähle meine Leute“, antwortete der andere stolz. „Ich werde ihnen befehlen, Löcher in dein Schiff zu schießen, wenn du mir nicht gehorchst!“
    Da konnte sich der Deutsche eines lauten Lachens, in welches alle seine Leute einstimmten, nicht enthalten. Er ließ durch den Dolmetscher antworten:
    „Deine Kugeln gehen nicht durch das Holz meines Schiffes; sie tun uns keinen Schaden, ich jedoch habe Kanonen, mit denen ich dich sofort in den Grund bohren würde!“
    „Allah ist groß, er würde dich daran zu verhindern wissen und deine Kugeln gegen dich selbst richten. Du kommst mir verdächtig vor. Ich werde dein Schiff arretieren und es nach Zeyla bringen.“
    „Weshalb bin ich dir verdächtig?“
    „Wir suchen Sklaven, welche aus Härrär entflohen sind, du verweigerst es uns, dein Schiff untersuchen zu lassen, folglich hast du diese Sklaven an Bord.“
    „Sie sind nicht bei mir. Sie können gar nicht bei mir sein, denn ich komme vom Norden und bin noch nicht an eurer Küste gewesen.“
    „Das sagst du, aber ich glaube es nicht. Ich werde mit einem Tau dein Schiff an das meinige befestigen und dich nach Zeyla bringen. Dort mag der Gouverneur dich untersuchen.“
    Das war eine geradezu wahnsinnig lächerliche Drohung; darum antwortete der Kapitän.
    „Ich glaube, daß sich dein Verstand nicht ganz in Ordnung befindet. Wie wolltest du mich zwingen, dein Tau an Bord zu nehmen. Deutschland ist ein großes Reich, was ist dein Zeyla dagegen? Unsere Könige sind mächtig, die geringsten ihrer haben mehr gesehen und gelernt wie dein Gouverneur, wie soll es dir gelingen, mich zu arretieren. Ich lache darüber.“
    „Lache du jetzt, aber dein Lachen wird sich in Weinen verkehren. Ich befehle dir, drei meiner Leute zu empfangen, welche dir das Tau an Bord bringen

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