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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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im Kämmerchen sitzend.
    Mit Hilfe des letzteren erfuhr er nun die ganze Fluchtgeschichte. Es war ganz so, wie der Gouverneur angenommen hatte. Der junge Somali war von den anderen abgeschickt worden, um sich nach einem Schiff umzusehen und am Brunnen überfallen worden, von wo man ihn trotz seiner tapferen Gegenwehr nach Zeyla schleppte.
    „O Herr, wie werden dir mein Vater und die anderen danken, daß du mich errettet hast!“ sagte er. „Sie werden Angst ausgestanden haben!“
    „Wo befinden sie sich?“ fragte der Kapitän.
    „Am Berg Elmas.“
    „O weh, so wird man sie bereits entdeckt haben!“
    „Warum?“
    „Bist du nicht dort in der Nähe ergriffen worden?“
    „Ja. Ich hatte sie erst kurze Zeit verlassen und wollte nur mein Tier tränken.“
    „Nun, wo du bist, da sucht man natürlich auch die Übrigen. Man wird nicht unterlassen haben, jeden Winkel des Berges zu durchstöbern.“
    „Sie sind dennoch sicher, denn es gibt dort ein Versteck, den nur der Stamm meines Vaters kennt. Kein Fremder hat jemals von diesem Ort gehört.“
    „Wo ist dieser Ort? Oder darf auch ich nichts davon wissen?“ fragte Wagner.
    „Herr, was denkst du?“ antwortete der Gefragte. „Du bist unser Retter und sollst alles erfahren. Vor langen Zeiten wohnte mein Stamm an der Küste; er lebte mit den Nachbarn in Feindschaft, und da er oft überfallen wurde, so bauten sich unsere Urväter ein Versteck, in welchem ihre Habe sicher verborgen werden konnte. Es befand sich ein tiefer, breiter Riß in der Wand des Berges; dieser wurde zugebaut; man ließ nur unten einen Eingang und oben ein Loch, damit Luft hineindringen konnte. Auf das Gemäuer tat man Erde und ließ Gras und Gebüsch darauf wachsen. Der Raum ist so tief, daß zehn Kamele und zehn Menschen Platz finden.“
    „Und dort warten die Spanier auf dich?“
    „Ja.“
    „Aber ob sie sich noch dort befinden? Sie müssen, wenn sie aufmerksam waren, bemerkt haben, daß du gefangengenommen worden bist.“
    „Das haben sie ganz sicher bemerkt; aber wir haben ausgemacht, daß sie fünf Tage auf mich warten sollen, selbst wenn mir etwas Böses widerfährt.“
    „Haben Sie Nahrung?“
    „Wir haben während unseres Rittes Datteln genug eingekauft. Und an der Quelle, wo ich überrascht wurde, finden sie Wasser für sich und die Kamele, wenn sie des Nachts die Spalte verlassen. Sie ist nicht weit davon.“
    „Kennst du den Namen der Spanier?“
    „Der eine nennt den anderen Señor Ferdinande; er heißt Bernardo.“
    „Ist das Mädchen auch eine Spanierin?“
    „Nein. Sie ist aus einem Land, welches Mexiko heißt. Ihr Name ist Señora Emma.“
    Er erzählte dem Kapitän in Kürze alles, was er von den dreien wußte, war aber damit noch nicht fertig, als man das Geräusch kräftiger Ruderschläge hörte.
    „Ah, der Sultan kommt mit dem Gouverneur!“ sagte Wagner.
    „Um Gottes willen, der Sultan und der Gouverneur!“ rief der Abessinier. „Wir sind verloren!“
    „Habt keine Sorge!“ tröstete der Deutsche. „Ihr befindet euch unter meinem Schutz.“
    „Aber sie werden mich erkennen, wenn sie mich sehen!“
    „Sie kommen nicht in diese Kammer. Und wenn sie schlafen, so könnt ihr auf das Deck gehen, um Luft zu schöpfen.“
    „So werden sie gar mit uns fahren?“ fragte der Soldat noch ängstlicher als vorher.
    „Ja. Sie wollen die Entflohenen fangen, und ich soll ihnen dabei helfen. Aber fürchtet euch nicht! Ich habe sie nur deshalb an Bord genommen, damit sie die Rettung derjenigen, deren Verderben sie wollen, mitansehen müssen. Das soll ihre Strafe sein.“
    Er ging und trat auf das Verdeck. Dort befanden sich bereits die beiden Erwarteten in Begleitung einiger Diener. Der Sultan, welcher ihn beim Schein der Schiffslaterne sofort erkannte, trat in höchster Aufregung auf ihn zu und redete ihn an. Wagner konnte ihn nicht verstehen, und erst als der Dolmetscher herbeigeholt worden war, hörte er, um was es sich handele.
    „Weißt du bereits, was geschehen ist?“ fragte der Herrscher von Härrär.
    „Was?“
    „Unser Gefangener ist entkommen.“
    „Ah!“ rief Wagner, scheinbar sehr unangenehm überrascht.
    „Ja. Du hast heute doch recht gehabt; die Erde ist bereits gelockert gewesen.“
    „Wann hast du es bemerkt?“
    „Du sandtest deinen Boten, um uns holen zu lassen. Wir verstanden zwar seine Sprache nicht, aber wir sahen aus seinen Mienen und Bewegungen, daß wir kommen sollten. Ehe ich ging, wollte ich erst nach dem Gefangenen sehen, aber der

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