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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er erfahren hatte, und welche Absichten er hegte. Der Steuermann hörte ihm aufmerksam zu, ohne ihn zu unterbrechen. Als aber der Kapitän geendet hatte, schlug er mit der Faust auf die Steuerpinne und sagte:
    „Der Teufel hole die Schufte, nämlich den Sultan und den Gouverneur! Diese Geschichte geht mich eigentlich ganz und gar nichts an, aber die Spanier müssen tüchtige Kerle sein, um die es jammerschade wäre, wenn sie ihren Verfolgern in die Hände fielen. Ich gehe um Mitternacht mit, um diesen armen Kerl loszumachen!“
    „Das ist unmöglich.“
    „Warum?“
    „Du weißt, daß Kapitän und Steuermann in unserer heutigen Lage nicht zu gleicher Zeit das Schiff verlassen dürfen. Einer von beiden muß an Bord bleiben.“
    „Das ist leider wahr. Du mußt gehen, denn du weißt, wo sich der Somali befindet, und ich muß also bleiben. Aber du willst doch nicht allein gehen?“
    „Nein. Ich nehme vier von unseren Kerlen mit. Wir umwickeln die Ruder und machen einen Umweg, um oberhalb der Stadt zu landen. Dort wartet einer bei dem Boot, und mit den andern dreien werde ich den Weg schon finden.“
    „Du brauchst Hacke und Schaufel.“
    „Nein; nur den Spaten; denn die Hacke würde zu viel Lärm machen.“
    „Und wenn man euch stört und fassen will?“
    „So schlagen wir uns durch.“
    „Und wenn man euch dennoch festhält?“
    „So bombardierst du uns morgen wieder los.“
    „Ja, das werde ich tun. Du glaubst also wirklich, daß sich die Flüchtlinge noch an Land befinden und kein Fahrzeug gefunden haben?“
    „Ich bin überzeugt davon. Während wir abwesend sind, läßt du die Brigg segelfertig machen. Das übrige wird sich dann von selbst finden.“
    Mehr bedurfte es zwischen diesen beiden praktischen Männern nicht; es wußte nun ein jeder, was er zu tun hatte, und sie trennten sich, um wieder an ihre Arbeit zu gehen.
    Etwas nach zehn Uhr, als auf der Reede und auch in der Stadt tiefste Stille herrschte, stieß ein Boot von der Brigg ab. Man hörte keinen Ruderschlag, denn die vier Ruder waren gut umwickelt worden. Kapitän Wagner saß am Steuer und regierte dasselbe so, daß das Boot nicht auf die Stadt zuhielt, sondern einen Bogen schlug. Deshalb erreichte er erst nach einer halben Stunde den Strand, welcher einsam im nächtlichen Dunkel lag.
    Ohne daß ein Wort gewechselt wurde, blieb einer der vier Matrosen sitzen, während der Kapitän mit den anderen ausstieg und davon schritt, nachdem sie sich mit den mitgenommenen Spaten versehen hatten.
    In einer Viertelstunde war die Stadtmauer erreicht. Sie schritten an derselben hin, um eine eingefallene Stelle zu finden. Dies war bald geschehen. Sie kletterten behutsam über den Schutt, um kein Geräusch zu verursachen, und befanden sich dann im Innern der Stadt. Sie horchten eine Weile, aber es ließ sich nicht das geringste Geräusch hören. Sie schienen allein wach zu sein.
    Jetzt zogen sie die Stiefel und Schuhe aus und schlichen weiter. Ihre Schritte waren unhörbar und sie gelangten glücklich an das Haus des Gouverneurs.
    Hier mußte doppelte Vorsicht angewendet werden, da der Sultan gesagt hatte, daß er nicht schlafen werde. War er noch wach, so durften auch die Diener nicht an Ruhe denken. Die vier Männer umschlichen das Gebäude und gelangten so an die Mauer des großen Hofes. Hier stellte sich einer fest, und die anderen kletterten über seinen Rücken empor, worauf sie auch ihn emporzogen.
    Bisher war alles geglückt. Nun aber sprang einer der Matrosen jenseits hinab, um die anderen an sich hinabsteigen zu lassen und stieß dabei mit dem Spaten, den er in der Hand hielt, gegen die Mauer. Dies gab einen hellen Ton.
    „Rasch alle nach, dann werft euch zur Erde!“ flüsterte der Kapitän.
    Dieses Manöver wurde zwar ausgeführt, aber der Stoß war doch gehört worden, denn es ließen sich Schritte vernehmen, welche sich näherten. Es war der Posten, welcher seinen Stand am Eingang zum Höfchen hatte. Das Geräusch war ihm aufgefallen; er schöpfte Verdacht und kam herbei. Als er nichts bemerkte, wollte er sich wieder umdrehen; da richtete sich der Kapitän vor ihm auf und schlug ihn in den Nacken, daß er zusammenbrach.
    „Der ist abgetan“, flüsterte er. „Nun weiter!“
    Sie schlichen sich leise vorwärts und erreichten den Eingang zu dem kleinen Hof, in welchem sich der Gefangene befand. Der Kapitän strengte seine Augen an, um das Dunkel zu durchdringen und den zweiten Posten zu erblicken, der sich nach den Worten des Sultans hier

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