45 - Waldröschen 04 - Verschollen
Sendung des Leutnants aufgefallen. Sie wollten die beiden mit Fragen bestürmen, aber Sternau ließ sich auf keine Antwort ein. Er nahm ein kleines Fäßchen Pulver, welches zum Vorrat der Dragoner gehörte, rief einige kräftige Apachen herbei, denen er Hammer und Hacke nebst Brecheisen gab, bat ‚Bärenherz‘, Acht zu haben, und verschwand mit ‚Büffelstirn‘ und den Apachen in der Eingangsöffnung der Pyramide.
Verdoja stieß bei ihrem Anblick einen Schrei aus, wurde aber nicht beachtet. Man brannte einige Laternen an und vertiefte sich dann in das Innere.
Da, wo man zum ersten Mal rechts eingebogen war, schritt Sternau geradeaus, bis er an eine Tür kam. Sie leistete der Hacke und Brechstange Widerstand und wurde dann gesprengt. Mit einer zweiten Tür ging es ebenso. Dann gelangte man an eine Treppe, welche abwärts führte. Hier traf man auf die Tür, welche den Raum verschloß, den Sternau der Zeichnung nach für eine lange, schmale Zelle gehalten hatte. Als auch sie gesprengt worden war, gab es einige Stufen niederzusteigen, und man gelangte in ein schmales, hohes Gewölbe, welches kein Ende nahm. Es war – ein unterirdischer, aus Backstein gemauerter Gang, welcher in schnurgerader Richtung nach West führte.
Das war es, was Sternau gedacht hatte, als er die Übersetzung des fremden Wortes hörte. Das Herz wurde ihm froh und leicht. Er eilte voran, immer den finsteren Gang hinein, den seine Laterne nur notdürftig erhellte. Wie lange das so fortging, das wußte er gar nicht, bis er plötzlich wieder vor Stufen stand, aber sehr lang war es gewesen. Er stieg die Stufen bergan und fand da die Wölbung mit großem Steingeröll gefüllt.
Hier war die Hacke und das Brecheisen zu gebrauchen. Das Geröll wurde zur Seite gestoßen, nach unten geworfen, und – plötzlich brach das Tageslicht herein. Sie machten die Öffnung weiter, stiegen heraus und standen in einem kleinen Tälchen, welches nur aus Steingeröll bestand und nicht die Spur der Vegetation zeigte.
Sie bestiegen vorsichtig die eine Seite des Tälchens und gewahrten in einer Entfernung von mehr als einer englischen Meile die Pyramide im Osten und zwischen ihr und dem Tal die Menge der Comanchen. Die Pferde derselben weideten kaum fünfhundert Schritte von dem Tal entfernt.
„Was sagt mein Bruder zu dieser Entdeckung?“ fragte Sternau den Mixtekas.
„Sie ist viele Menschenleben wert“, antwortete dieser mit ruhiger Stimme, aber man sah es seinem Auge an, daß ihm das Herz leicht geworden war.
„Die Söhne der Comanchen werden glauben, wir sind Zauberer.“
„Sie werden uns suchen und nicht finden, denn wir sind mit ihren Pferden fortgegangen. Karja, die Tochter der Mixtekas, braucht nun nicht zu sterben von der Hand ihres Bruders, der sie erlösen wollte von der Schande, das Weib eines Comanchen zu sein.“
Er, der Bruder dachte doch immer sogleich an seine Schwester.
„Nun müssen wir zurückkehren“, warnte Sternau. „Man darf uns hier nicht sehen.“
Sie stiegen wieder in den Gang hinab und legten so viel Geröll wie möglich vor die Öffnung. Dann kehrten sie auf dem unterirdischen Weg nach der Pyramide zurück. Wer weiß, was dieser Weg früher alles gesehen hatte! Gewiß hatte er dazu gedient, das gläubige Volk zu mystifizieren; die Priester waren ihn hin- und hergewandelt, wenn droben auf der Pyramide das Blut der Menschenopfer in Strömen vergossen wurde.
Jetzt nun wurde eine große Beratung gehalten, zunächst unter den Häuptlingen, und dann zog man auch die Krieger dazu heran.
Sie alle hatten sich bereits verloren gegeben, nun, da sich ihnen ein solcher Ausweg bot, gab es keinen einzigen, der widersprochen hätte. Am glücklichsten waren die beiden Mädchen, welche auch der Beratung mit beiwohnten.
Es wurde beschlossen, daß man insgesamt die Kordilleren ersteigen wolle, um sich dann zu trennen. Aber ‚Bärenherz‘ fügte hinzu:
„‚Bärenherz‘ liebt seine Freunde; er wird sie begleiten bis Guaymas.“
Die Wangen Karjas röteten sich. Sie wußte recht gut, wem diese Aufmerksamkeit eigentlich galt.
Auf den Bergen war wenig Proviant zu finden, darum war es gut, daß man mit demselben reichlich versehen war. Da man die Pferde nicht mit durch die unterirdischen Gewölbe nehmen konnte, so mußte man sie zurücklassen und dafür die der Comanchen zu bekommen suchen.
Ein jeder war beschäftigt mit Vorbereitungen zur Abreise. Alles, was man fortbringen konnte, sollte mitgenommen werden, und so legten sich die
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