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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meine Hochachtung auszusprechen, Señor. Ich bin –“
    „Bitte“, unterbrach ihn Sternau, „was haben Sie uns dienstliches zu sagen?“
    „Das ist freilich ein wenig unangenehm, Señor. Die Apachen haben mit der Schwadron Dragoner gekämpft, welche in der Hacienda Verdoja lag?“
    „Ja.“
    „Sie haben sich an dem Kampf beteiligt?“
    „Nein.“
    „Aber Sie haben eine Anzahl Dragoner gefangen genommen?“
    „Ja.“
    „Nun gut. Mein Rittmeister verlangt ihre Auslieferung und auch diejenige der sämtlichen Anführer. Die anderen Leute haben freien, ungehinderten Abzug.“
    „Weiter verlangt Ihr Rittmeister nichts?“
    „Nein.“
    „Sie sagten, daß Sie auch im Auftrag der Häuptlinge kämen. Was lassen uns diese sagen, Señor?“
    „Sie verlangen ihre Toten nebst den erbeuteten Skalpen, sowie zehn Apachen, um sie den Martertod sterben zu lassen! Dann können die übrigen abziehen.“
    „Haben meine Brüder das gehört?“ fragte Sternau seine Freunde.
    Sie neigten zustimmend den Kopf.
    „Was werden sie beschließen?“
    „Sie werden kämpfen“, sagte ‚Büffelstirn‘.
    ‚Bärenherz‘ und ‚Donnerpfeil‘ stimmten ihm bei.
    „Sie hören, was für eine Antwort Sie erhalten“, sagte Sternau zu dem Offizier.
    „Und was ist nun auch Ihr Bescheid, Señor?“ fragte dieser.
    „Hm, ich würde mich nicht ausliefern, selbst wenn ich ganz allein hier auf der Pyramide säße.“
    „Ich ehre dieses Wort als das Wort eines Helden, halte es aber doch für meine Pflicht, Sie daran zu erinnern, daß Sie gegen eine mehr als zehnfache Übermacht kämpfen.“
    „Ganz richtig; dafür aber ist unsere Position eine hundertfach stärkere, abgesehen davon, daß es unter uns Männer gibt, welche es mit zwanzig Feinden aufgenommen haben.“
    „Dies ist Ihr fester Entschluß?“
    „Ja. Aber eins muß ich bemerken. Ich habe den Hauptmann jener Dragonerschwadron nebst einigen zwanzig seiner Leute als Gefangene bei mir. Bis jetzt sind sie meine Gefangenen. Besteht Ihr Chef darauf, daß ich mich ihm mit den anderen Anführern ausliefere, so werden jene Leute dann Gefangene der Apachen, und was da ihr Schicksal ist, das können Sie sich denken.“
    „Ah, Sie wollen sich mit Geiseln decken?“
    „Ich gestehe, daß dies meine Absicht ist.“
    „Es wird Ihnen nichts nützen. Im Süden stehen die Regierungstruppen; von Nord und Ost nähern sich neue Scharen der Comanchen. Sie sind auf jeden Fall verloren. Wir geben Ihnen Bedenkzeit bis morgen um dieselbe Stunde. Das tun wir, weil wir genau wissen, daß Ihre Lage eine hoffnungslose ist. Sie erhalten keinen Ersatz; wir aber möchten Blutvergießen vermeiden.“
    „Wir werden während dieser Bedenkzeit nicht angegriffen?“
    „Nein.“
    „Auch von den Comanchen nicht?“
    „Nein; ich gebe Ihnen mein Wort.“
    „Gut, so kommen Sie morgen, um sich unsere Antwort zu holen, Señor!“
    Der Offizier entfernte sich. Sternau stieg auf die Spitze der Pyramide. Er wollte allein sein, um seine Lage zu überdenken. Er wußte, daß die Häuptlinge ganz dasselbe tun würden; so konnte man später zu einem klaren Entschluß gelangen.
    Seine Lage war eine kritische. Es handelte sich hier um die Freiheit, vielleicht gar um das Leben. Würde er seine Lieben jemals wiedersehen?
    Er langte in die Tasche, um den letzten Brief Rosas noch einmal zu durchlesen, zog aber statt dessen den Plan der Pyramide hervor. Er faltete ihn auseinander und überflog ihn mehr instinktiv als absichtlich nochmals mit den Augen.
    Die Gänge waren überaus symmetrisch gebaut, nur einer, ein ganz kurzer, paßte nicht in die Ordnung. Es schien kein Gang, sondern eine lange, schmale Kammer zu sein. Auf der Zeichnung stand das Wort peta-pove, welches Sternau noch niemals gehört.
    Während er nachdachte, kam ‚Büffelstirn‘ auch emporgestiegen. Mehr aus wirklicher Zerstreutheit als aus Überlegung fragte er ihn:
    „Hat mein Bruder einmal das Wort peta-pove gehört?“
    „Ja.“
    „Was bedeutet es?“
    „So sprechen die Jemes-Indianer. Es heißt ‚in das Tal gehen‘. Warum fragt mein Bruder?“
    Er bekam keine Antwort, denn Sternau hatte sich erhoben und blickte scharf nach Westen, wo sich die Kordilleren von Sonora erhoben. Ein Blick durchzuckte sein Inneres, und dann wendete er sich rasch um.
    „Mein Bruder folge mir.“
    Mit diesen Worten eilte er an der Seite der Pyramide hinab nach dem Ort, wo die beiden Mädchen ihr Lager hatten. Auch ihnen waren die Comanchen, die Anwesenheit der Dragoner und die

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