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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu verschaffen, eigentlich keine Kleinigkeit, hier aber doch nicht schwer, da viele Hunderte derselben gar nicht weit von dem Tal weideten.
    Es wurden Kundschafter ausgesandt, um zu sehen, ob die Tiere sehr sorgfältig bewacht seien. Sie kamen mit der Meldung zurück, daß sie drei Wächter bemerkt hätten. Sie wurden voran geschickt, diese Wächter unschädlich zu machen, und nun folgten die anderen, ein jeder sein Eigentum gleich bei sich.
    Es waren Indianerpferde, sie ließen die Indianer heran zu sich, ohne zu schnaufen oder sonst ein Zeichen der Unruhe zu geben. Auf Sternaus Befehl ging man sehr vorsichtig zu Werk. Es durften nicht alle auf einmal aufsitzen und im Trupp wegreiten; dadurch wären die Comanchen aufmerksam gemacht worden, sondern es holte sich ein jeder sein Pferd einzeln und leise weg, führte es eine genügende Strecke weit fort und stieg erst dann auf.
    Da es hier weichen Prärieboden gab, so wurde kein Mensch etwas von dem Pferderaub gewahr, und als der nächste Morgen graute und man die Leichen der Wächter fand, hatten die Apachen schon eine halbe Tagesreise zurückgelegt. Sie kümmerten sich wenig um die Enttäuschung der Comanchen, als diese ihre Feinde verschwunden wußten. Es wurde nach Erklärungen gesucht, und schließlich wurde allgemein angenommen, daß der ‚Fürst des Felsens‘ die Macht besitze, durch die Luft zu fliegen und seine Freunde mitzunehmen. Sein Ruhm war jetzt größer als längst vorher. – – –
    Unterhalb von Colima in Westmexiko bildet der gleichnamige Fluß bei seinem Austritt in den großen Ozean einen ausgezeichneten Hafen, den Puerto de Colima, auch Manzanilla genannt. Colima ist eine Stadt von beiläufig 35.000 Einwohnern, liegt in einer sehr fruchtbaren Gegend und betreibt einen nicht unbedeutenden Handel, so daß in der Mündung des Flusses auch Schiffe mit nicht geringem Tonnengehalt vor Anker gehen.
    Gerade jetzt lag ein solches Schiff da vor Anker. Es schien ganz neu zu sein, war wie abgeleckt und bot dem Auge des Kenners einen sehr erfreulichen Anblick dar. Dies schienen auch die beiden Männer zu fühlen, welche jetzt miteinander am Ufer standen und das Schiff betrachteten.
    „Goddam, ein schmuckes Ding!“ sagte der eine. Er war längst nicht mehr jung, war lang und dürr aufgeschossen und trug einen gemischt-modischen Anzug an seinem Leib. „Das ist auf einer amerikanischen Werft gebaut!“
    „Das sieht man auf den ersten Blick“, meinte der andere, eine starkknochige, viereckige Gestalt, die man für einen Seemann hätte halten können, wenn die Füße nicht in zerrissenen Lackstiefeletten und die Hände in aufgesprungenen Glacehandschuhen gesteckt hätten.
    „Ob sich da wohl ein verborgener Kanonenbord anbringen ließ, he?“ meinte der erstere.
    „Fragt nur nicht, Kapitän; Ihr versteht das Ding ja besser als ich!“
    „Meinst du? Hahaha! Aber nenne mich nicht Kapitän, sonst versprichst du dich auch dann, wenn wir belauscht sind. Ich bin der ehrenwerte Schauspieldirektor Guzman, und du bist mein – na – – – wie heißt es doch –“
    „Regisseur!“
    „Ja, mein Regisseur Hermilio Martínez. Verstanden?“
    „Jawohl, Herr Direktor!“ antwortete der andere mit einer gänzlich mißlungenen Verbeugung.
    Der Direktor fragte weiter:
    „Wohin muß das Schiff bestimmt sein?“
    „Wer weiß es. Aber man kann es ja erfahren. Der Schiffsjunge da im Boot scheint zu der Equipage zu gehören.“
    Sie traten näher an das Ufer hin, wo ein Kapitänsboot vor dem Tau lag. In demselben saß ein etwa sechzehnjähriger Junge und blickte den beiden sonderbaren Gestalten mit jugendlichem Mutwillen entgegen. Als sie das Boot erreicht hatten, fragte der Direktor:
    „Ah, Señor, gehört Ihr zu dem Schiff da?“
    Es war dem Jungen noch nie passiert, Señor genannt zu werden, aber gerade aus diesem Grund bekam er plötzlich eine ganz passable Meinung von den beiden Männern, die ihn mit solcher Höflichkeit behandelten.
    „Ja“, antwortete er.
    „Wie heißt das Schiff?“
    „Die ‚Lady‘. Da steht's ja mit goldenen Buchstaben!“
    „Ja, ja, ich sah das nicht gleich, Señor. Hat dieses schöne Schiff vielleicht auch einen Kapitän?“
    „Das versteht sich“, lachte der Bub. „Was soll es denn haben?“
    „Ich dachte, vielleicht einen Leutnant.“
    „Das ist bei Kriegsschiffen der Fall.“
    „Wie heißt denn dieser Kapitän, Señor?“
    „Master Wilkers.“
    „Ah, er ist ein Nordamerikaner?“
    „Ja, ein echter. Ich

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