46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Franzosen in der Venta seien und eilten dann weiter, wo sie ‚Büffelstirn‘ trafen.“
„‚Büffelstirn‘, den berühmten Mixtekas?“
„Ja.“
„Wieder ein Wunder!“
„Gehen wir jetzt über diese Wunder kurz hinweg, Señor.“
„Ja, heute abend sollen Sie alles genauer und ausführlicher berichten müssen!“
„Auch ‚Büffelstirn‘ sagten sie dasselbe. Er eilte nach der Venta. Vorher hatte sich aber Gerard bereits hingeschleppt. Er kam dazu, als man im Begriff stand, die Tochter des Wirtes zu schlagen. Ich glaube, er hat vier oder fünf Franzosen getötet. Dann kam ‚Büffelstirn‘, der die übrigen unschädlich machte. Der Graf erhielt auch einen Hieb über den Kopf. Er liegt noch wie erst im Bett. Ich darf ihn kaum verlassen, denn ich muß bei seinem Erwachen zugegen sein.“
„Welch eine Gefahr für uns! So sind es nur diese elf gewesen?“
„Ja.“
„Alle tot?“
„Alle, außer dem Anführer, einem Sergeanten.“
„Der lebt noch?“
„Ja.“
„Warum? Ich werde ihn erschießen lassen!“
„Er ist bestraft, Señor. Er liegt skalpiert oben auf dem Boden.“
„Skalpiert? So ist er ja doch tot!“
„Nein. ‚Büffelstirn‘ hat ihn lebendig skalpiert und ihm auch noch Nase und Ohren abgeschnitten.“
„Warum?“
„Weil er seine Schwester mit dem Kolben niedergeschlagen hat.“
„Welche Roheit! Aber auch welche Strafe!“
„Infolge dieses Kolbenschlages liegt die Indianerin auch schwer nieder.“
„Kann ich Gerard sehen?“
„Eigentlich sollte ich es nicht wagen.“
„Ich werde äußerst vorsichtig sein.“
„So folgen Sie mir. Ich glaube nicht, daß der Graf erwachen wird.“
Der Wirt mußte warten. Sternau ging mit dem Präsidenten weiter. Der erstere öffnete ganz leise die Tür jenes schönen Zimmers, in welchem Gerard bereits einmal geschlafen hatte. Dort im Bett lag er. Vor demselben saß eine Frauengestalt. Als die beiden eintraten, drehte sie sich um.
„Emma Arbellez?“ flüsterte der Präsident erstaunt.
„Señor Juarez!“ antwortete sie.
Sternau winkte, vorsichtig zu sein und fragte mit leiser Stimme.
„Hat sich etwas verändert?“
„Nein“, antwortete Emma.
„Er hat die Augen nicht geöffnet?“
„Nein.“
„Ein Wort gesprochen oder geflüstert?“
Sie wurde verlegen.
„Bitte, sagen Sie die Wahrheit!“
„Ein Wort glaubte ich verstehen zu können, welches er flüsterte“, sagte sie.
„Welches?“
„Ich weiß nicht, ob eine Krankenwärterin indiskret sein darf!“
„Dem Arzt gegenüber gibt es keine Indiskretion. Übrigens glaube ich, das Wort erraten zu können.“
„Das wäre ein Wunder, Señor!“ flüsterte sie lächelnd.
„O“, sagte Juarez ganz leise, „Señor Sternau hat mir heute noch ganz andere Wunder erzählt. Wollen wir ihn auf die Probe stellen?“
„Ich darf es wagen“, sagte sie. „Es errät doch kein Mensch.“
„Kein Mensch weiter als ich!“ meinte Sternau.
„Nun, so sagen Sie?“
„Das Wort ist – Resedilla.“
Emma blickte ihn ganz erstaunt an.
„Sind Sie allwissend?“ fragte sie.
„Nein, aber aufmerksam.“
„Wer ist Resedilla?“ fragte Juarez.
„Des Wirtstochter!“
„Ach? Er liebt sie?“
„Wahr und aufrichtig“, antwortete Sternau. „Jetzt aber, Señor, kommen Sie, ihn anzusehen!“
Sie traten an das Bett. Gerard, der kräftige Jäger, der einstige Garotteur, lag da wie eine Leiche, nein, wie eine Wachsfigur. Man dachte, es könne kein Tropfen Blut durch seine Adern fließen.
Juarez stand dabei und faltete die Hände. Seine Augen wurden feucht. Er reichte dann Sternau die Rechte und sagte flüsternd:
„Wenn Sie den retten, dann sind Sie ein großer Mann und können auf meine Dankbarkeit rechnen. Jetzt gehe ich wieder, um nicht zu stören.“
Draußen wartete Pirnero, um ihm ein anderes Zimmer anzuweisen. Juarez erklärte, mit dem ersten besten zufrieden zu sein, und so war die Wahl bald getroffen.
Als die beiden jetzt voreinander standen, sagte der Präsident zu dem alten Wirt:
„Pirnero, habt Ihr Familie?“
„Eine Tochter.“
„Keine Frau?“
„Nein.“
„Keinen Sohn?“
„Nein.“
„Wie alt seid Ihr?“
„Hm! Das weiß ich nicht genau; das steht in alten Kalendern, und die habe ich nicht mehr. Etwas über vierzig, oder fünfzig oder sechzig; aber nicht viel!“
„Was soll denn einmal mit Eurem Geschäft werden, wenn Ihr sterbt?“
„Das bekommt Resedilla.“
„Und die versorgt es allein?“
Das war Wasser auf die Mühle des
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