46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Verheiratung.“
„Ach so! Da seid Ihr bereits verlobt?“
„Nein.“
„Oder Ihr habt eine Geliebte?“
„Auch noch nicht.“
Der Blick des Kapitäns fiel dabei auf das Mädchen; der Alte bemerkte dies und wurde dadurch in die beste Laune versetzt. Er setzte sein Examen fort: „Welchen Geschmack habt Ihr denn eigentlich in Beziehung auf Blumen?“
„Ich liebe die Reseda am meisten.“
Er gab diese Antwort, weil er wußte, daß die Tochter Resedilla hieß. Abermals warf der Alte einen triumphierenden Blick auf das Mädchen.
Kaum war der Vater fort, so erhob sich der Kapitän und ging im Zimmer auf und ab. Er machte dabei verschiedene Bemerkungen, um ein intimes Gespräch zustande zu bringen, doch es gelang ihm nicht. Resedilla konnte die Unterredung mit Gerard nicht aus dem Gedächtnis bringen. Am liebsten wäre sie allein gewesen, um sich recht ausweinen zu können. Nun kam dieser Mensch, der den schwachen Vater zu allerhand Lächerlichkeiten verleitete und auch ihr zumutete, in ein leichtfertiges Gespräch mit ihm einzugehen. Sie antwortete kurz und abweisend, und als er es doch wagte, den Arm um ihre Stuhllehne zu legen, erhob sie sich, um ihm zu entgehen.
„Verzeiht, Señor“, sagte sie. „Ich muß in die Küche, um das Abendbrot zu bereiten.“
„Von so schönen Händen muß es doppelt gut munden“, meinte er, indem er ihre Hand ergriff.
Sie entzog ihm dieselbe sofort und hastig wieder und antwortete:
„Da bedaure ich sehr, daß die Magd Euch Euren Schinken schneiden wird.“
Damit war sie zur Tür hinaus. Er blickte ihr nach und murmelte: „Aha, schnippisch kann sie sein! Das ist mir lieb, denn das gibt ihr einen neuen Reiz. So ein Vater ist so ein schönes Kind gar nicht wert. Ich werde mir die möglichste Mühe geben, meine Wette zu gewinnen.“
Da der Alte im Laden und seine Tochter in der Küche zu tun hatte, so blieb der Gast bis zum Abendbrot allein. Als dieses genossen war, begab er sich in sein Schlafzimmer. Dort zog er, um ganz sicher zu gehen, den Drücker ab und probierte denselben an Resedillas Tür. Er schloß, und so waren alle Vorbereitungen zu dem geplanten Überfall getroffen. –
Gerard hatte erst längere Zeit nach dem Dunkelwerden das Fort erreicht. Er begab sich daher sofort nach dem Haus Pirneros, um nicht zu spät zu kommen, denn er wußte, daß man dort sehr zeitig zur Ruhe gehe.
Er umschlich es, und dabei bemerkte er zu seiner Beruhigung, daß die Geliebte noch in der Küche tätig sei. In dem offenen Verschlag, in welchen er sein Pferd einzustellen pflegte, lag eine Leiter, welche jedenfalls bis zum Fenster der Bedrohten langte. Sollte er sie holen und anlegen? Sollte er sie von außen beschützen? Das gab jedenfalls einen Lärm, der den Ruf des Mädchens in Gefahr bringen konnte. Nein, er beschloß, es anders anzufangen.
Er schlich in das Haus und stieg die Treppe hinauf. Dort auf dem Boden lag ein Haufen leerer Säcke und alter Decken, der ihm mehr als hinreichenden Schutz bot. Er wühlte sich so tief hinein, daß von ihm nicht das mindeste zu sehen war, und wartete nun der Dinge, die da kommen sollten.
Zunächst kam der Kapitän, welcher scheinbar zur Ruhe ging; aber Gerard bemerkte, daß er dann vorsichtig und leise das Schloß versuchte. Dann kam Resedilla, später ihr Vater, welcher unten den Eingang verschloß, und endlich auch das Hausgesinde. Die Vaqueros schliefen in einem Nebengebäude. Jetzt war es ruhig und vollkommen finster. Gerard konnte sich denken, daß der Kapitän warten werde, bis das Mädchen eingeschlafen sei; daher fühlte er sich vollkommen sicher. Er kroch aus seinem Versteck heraus und schlich sich zur Tür, hinter welcher die Mägde verschwunden waren. Dort drehte er den Drücker so leise ab, daß im Innern nichts gehört wurde, ging zur Tür der Geliebten, welche den ihrigen mit hinein genommen hatte und versuchte. Er merkte bereits bei der ersten Umdrehung, daß auch dieser Drücker das Schloß schließe; darum kehrte er beruhigt in sein Versteck zurück.
Es verging weit mehr als eine Stunde, bis sich ein knisterndes Geräusch vernehmen ließ, nur für das scharfe Ohr des Präriejägers hörbar.
„Jetzt kommt er!“ dachte dieser.
Er horchte noch gespannter als vorher und hörte von der Seite her, wo die Tür zum Schlafzimmer der Geliebten lag, ein leises, leises Klingen, als wenn Eisen Eisen berührte. „Jetzt steckt er den Drücker an!“
Bei diesem Gedanken schob Gerard den Kopf unter den Säcken hervor und sah nun
Weitere Kostenlose Bücher