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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unterbrochen. Die Zofe trat herein und überbrachte ein in ein zierliches Kuvert eingeschlossenes Kärtchen, worauf sie sich wieder entfernte. Emilia öffnete das Kuvert und las. Die Karte enthielt folgende Worte:
    „Teure Señorita.
    Zu Ehren meines soeben hier eingetroffenen Herrn Kameraden, des Obersten Laramel und seines Offizierskorps, stehe ich im Begriff, heute abend eine glanzvolle Tertulia zu geben. Da zu derselben die hervorragendsten Sterne des hiesigen Damenhimmels geladen werden, so hege ich die beglückende Erwartung, daß Sie, als die Sonne dieses glänzenden Firmamentes, von welcher jene Planeten ja erst ihr Licht erhalten, mir Ihre Gegenwart nicht versagen werden, zumal der Herr Oberst mit größter Ungeduld herbeisehnt, Sie kennenzulernen.
    Der Kommandant.“
    Emilia ließ ein unbeschreiblich stolzes, geringschätzendes Lächeln über ihre schönen, vollen Lippen spielen. Dann fragte sie den neben ihr sitzenden Jäger:
    „Könnt Ihr Französisch lesen?“
    „Ja, so leidlich, Señorita“, antwortete er. „Mein Heimatort lag so nahe an der französischen Grenze, daß ich wenigstens diese Fertigkeit profitiert habe.“
    „Nun, so lest einmal!“
    Sie gab ihm die Karte, und er las sie.
    „Donnerwetter!“ sagte er dann. „Dieser Kerl von Kommandant hat aber recht.“
    „Womit?“
    „Daß Ihr die Sonne seid!“
    Dabei blickte er ihr mit so aufrichtiger, treuherziger Bewunderung in die Augen, daß es ihr unmöglich wurde, seinen Enthusiasmus zu belächeln. Vielmehr sagte sie sehr ernst:
    „Ich weiß es, daß ich ungewöhnlich schön bin, Señor. Dies mag aus meinem Munde unsinnig klingen, aber ich sage Euch, daß gerade diese Schönheit stets mein Unglück gewesen ist.“
    „Das ist ja gar nicht möglich.“
    „Oh, wie so leicht möglich!“ sagte sie jetzt beinahe traurig.
    „Ich habe ganz im Gegenteil stets geglaubt, daß die Schönheit eine Dame nur glücklich machen müsse. Ich kann nicht denken, daß ich mich da irre.“
    „Und dennoch irrt Ihr. Habt Ihr einmal geliebt, Señor?“
    „Hm, ja! Das Ding, welches damals hinter meinen Rippen rumorte, wird wohl die Liebe gewesen sein, anders ist es nicht gut möglich.“
    „Und wurdet Ihr wieder geliebt?“
    „Ich dachte es, aber der Kuckuck hole die Weiber und Mädchen! Ich bin bald eines anderen belehrt worden, und das hat mich in die weite Welt hinausgetrieben.“
    „Nun seht, so ist es mir gerade auch gegangen.“
    Sie hatte sich erhoben und schritt in sichtlicher Erregung im Zimmer hin und her. Er folgte ihren Bewegungen mit glänzendem Auge und sagte:
    „Wie, Ihr seid einem wirklich gut gewesen, Señorita?“
    „Ja“, antwortete sie kurz und rauh.
    „Und dieser Kerl hat Euch einen Korb gegeben?“
    „Ja.“
    Da sprang er auf und rief:
    „Da schlage doch sogleich das Wetter drein! Lebt dieser Urian vielleicht noch?“
    „Er lebt noch.“
    „Bitte, Señorita, sagt mir seinen Namen, aber sogleich, sogleich, auf der Stelle!“
    „Wozu?“
    „Damit ich ihm eine Kugel durch den verrückten Schädel jagen kann. Wer Euch nicht liebt, wer Euch einen Korb gibt, der ist verrückt und hat es mit mir zu tun!“
    Er hatte seine Pistole gezogen und spannte den Hahn ganz so, als ob er den Betroffenen gerade vor sich habe. Dies entlockte ihr denn doch ein leises Lächeln.
    „Ich danke Euch, Señor!“ sagte sie, ihm begütigend die Hand auf den Arm legend. „Ich sehe soeben, daß Ihr doch nicht geliebt habt.“
    „Nicht? Ah, ich war ja ganz weg! Ich habe mich dieser famosen Liebe wegen mit meinem eigenen Bruder entzweit. Als sie mich nicht wollte, war ich so traurig, so sehr traurig, als ob ich anstatt der Eingeweide ein ganzes Sargmagazin samt Totengräber und Leichenfrau im Leibe hätte. Und da sagt Ihr auch noch, ich wäre nicht verliebt gewesen? Da kennt Ihr die Liebe schlecht!“
    „Nein, Ihr kennt sie nicht. Die wahre Liebe kann niemals zürnen.“
    Er zog die Augenbrauen empor und sagte dann:
    „Hm, es ist wirklich etwas Wahres daran!“
    „Nicht wahr? Habt Ihr das auch erfahren?“
    „Ja. Erst war ich ganz fuchsteufelswild auf das Mädchen. Ich wollte sie erschießen, aber ich hatte damals kein Gewehr. Dann wollte ich sie ins Wasser stürzen, aber es war kein Teich in der Nähe. Sodann hätte ich sie gern vergiftet, aber ich hatte nichts als einen Viertelbogen Fliegenpapier, das reichte nicht zu. Aufhängen, das war zu umständlich.“
    Über das Gesicht Emilias flog ein halb unterdrücktes Lächeln. Er sprach mit einer

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