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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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solchen Lebhaftigkeit, als ob er die Lieblosigkeit seines Mädchens soeben erst erfahren hätte. Jetzt war er es, der im Zimmer auf und nieder schritt.
    „Ich befand mich in einer unendlichen Wut, in einem Jammer, gegen den der größte Katzenjammer die reine Lappalie ist“, fuhr er fort. „Ich wollte das Mädchen umbringen, da dies aber in keiner Weise klappte, so gab es kein Mittel, meinen Zorn zu kühlen, als mich selbst aus der Welt zu schaffen.“
    „Ihr wolltet Euch töten?“ lachte sie.
    „Ja. Aber lacht nicht, Señorita! Mir war es damals auch nicht wie Lachen. Ich ging darum in die Apotheke und kaufte mir für zwei Gulden Rattengift.“
    „Pfui Teufel, Rattengift.“
    „Rattengift oder Insektenpulver, das ist alles eins, wenn man einmal sterben will. Der Apotheker sah mich prüfend an und fragte mich, was ich mit dem Zeug wollte. Er mochte ahnen, was ich vorhatte. Ich sagte ihm, daß wir den Keller voll Ratten hätten, und darauf gab er mir für zwei Gulden Gift. Es war eine Tüte, so groß, daß eigentlich zwanzigtausend Ratten daran hätten sterben können. Ich ging nach Hause und aß das Zeug löffelweise und machte dabei mein Testament.“
    „Wie schmeckte es?“
    „Süß, wie jedes Rattengift. Nach dem letzten Löffel legte ich mich in das Bett und erwartete den Tod. Darüber schlief ich ein. Als ich erwachte, hatte ich Bauchweh, denn ich hatte mir den Magen gründlich verdorben. Der Apotheker hatte mir reinen gestoßenen Zucker gegeben. Die zwei Gulden waren zum Teufel, aber ich nicht.“
    „Seid froh!“ sagte sie mit mühsam unterdrücktem Kichern.
    „Froh? Das war ich damals nun allerdings nicht. Ich beschloß, in das Wasser zu springen, da konnte mich kein Apotheker betrügen.“
    „Das ist wahr, aber Ihr sprangt nicht?“
    „Oh, ich sprang doch!“
    „Aber Ihr lebt ja noch!“
    „Allerdings, aber was kann ich dafür? Ich holte sehr weit aus, um einen tüchtigen Sprung hinüber in das Wasser zu tun. Am Ufer standen Bäume. Ich blieb mit dem Fuß an einer Wurzel hängen und schlug mit dem Kopf so gewaltsam gegen einen Baumstamm, daß mir der Verstand abhanden kam. Als ich aufwachte, weiß Gott, da lag ich wieder im Bett. Man hatte mich gefunden und nach Hause geschafft. Einige Tage brummte mir der Kopf gewaltig, so daß ich das Bett hüten mußte. Als ich dann aufstand, traf ich einen Bekannten, der in die weite Welt ging und mir solange zuredete, bis ich mich ihm anschloß. Ihr seht also, Señorita, daß auch ich weiß, was Liebe ist. Jetzt würde es mich dauern, wenn ich damals das Mädchen erschossen und mich selbst vergiftet hätte.“
    Jetzt brach Emilia mit einem hellen Lachen heraus.
    „Ihr seht also, daß die Liebe keine Rache kennt“, sagte sie.
    „Ja“, antwortete er sehr ernsthaft. „Es ist ganz dasselbe, wie in Tharandts heiligen Hallen, dort kennt man die Rache auch nicht. Also wollen wir ihn leben lassen, der Euch einen Korb gegeben hat. Aber begreifen kann ich den Kerl nicht. Ich könnte für einen Händedruck, für ein freundliches Wort von Euch durchs Feuer gehen!“
    Es war ihm sehr ernst mit dieser Versicherung, das sah sie ihm an. Darum reichte sie ihm ihr schönes, volles Händchen entgegen und sagte:
    „Ich danke Euch, Señor! Man weiß nicht, vielleicht kann einmal die Gelegenheit kommen, in der Ihr mir Eure Ergebenheit unumstößlich beweisen könnt.“
    Er drückte, ganz hingerissen von ihrer Freundlichkeit, ihre Hand mit beiden Händen und sagte im überzeugendsten Ton:
    „Ich wollte, diese Gelegenheit käme jetzt gleich. Ich würde mein Leben für Euch geben!“
    „Das fordere ich nicht. Das Leben eines braven Mannes ist sehr viel wert. Darum bitte ich Euch auch, Euch zu schonen. Habt Ihr ein besonderes Zimmer da drüben in der Venta genommen?“
    „Nein. Der Wirt hat mir eins angeboten.“
    „So nehmt sein Anerbieten an, er meint es sehr gut mit Euch. Am Abend werden jedenfalls viele Franzosen dort zusammenkommen, was nicht ohne Gefahr für Euch ist, wenn Ihr Euch im allgemeinen Gastzimmer befindet.“
    „Oh, am Abend werde ich ja bereits fort sein.“
    „Nein. Ihr werdet noch in Chihuahua sein.“
    „Wieso?“
    „Weil ich Euch ersuche, zu bleiben.“
    „Ah, das ist etwas anderes. Aber wenn unterdessen Juarez kommt?“
    „So bleibt Euch immer noch Zeit, während der Nacht zu ihm zu stoßen. Ihr habt diese Einladung gelesen. Ich werde zur Tertulia gehen, und es ahnt mir, daß ich dort etwas erfahren werde, was dem Präsidenten von großem

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