46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Unglück dem Kaiser Napoleon anvertraut hat. Napoleon ist ein Emporkömmling, und er wird ganz gewiß als ein solcher enden. Er hat vieles auf seinem Gewissen. Gebe Gott, daß er nicht auch noch diesen Kaiser von Mexiko darauf bekommt. Doch nun vor allen Dingen zu unserer Angelegenheit, Señor. Ihr wolltet wissen, wie ich Euch kenne?“
„Ja. Ich kann mir das gar nicht erklären?“
„Nun, das ist sehr einfach. Juarez ist ein sehr vorsichtiger Mann. Er pflegt nach dem Grundsatz zu handeln: Zwei sind besser als einer. Er sandte Euch nach Chihuahua, um zu rekognoszieren, da er Euch aber nicht so genau kannte wie zum Beispiel den ‚Schwarzen Gerard‘, so sandte er einige Stunden vor Euch einen Apachen an mich mit der Meldung, daß ein Jäger, der ‚Kleine André‘ genannt, in die Nähe von Chihuahua kommen werde, ich sollte ihn unterstützen, wenn er vielleicht in die Lage käme, meiner Hilfe zu bedürfen.“
„Das erklärt fast alles. Aber, Señorita, einen Apachen nach Chihuahua?“
„Was ist da weiter?“
„Ist das nicht eine Tollkühnheit?“
„Lernt erst einen Apachenspäher kennen!“
„Oh, ich kenne sie.“
„Nun, so werdet Ihr auch wissen, daß so ein Mann mit der Gefahr spielt. Ich habe lange Zeit nur durch solche Leute mit Juarez verkehrt. Sie kennen meine Wohnung und kommen zu mir, ohne jemals entdeckt worden zu sein.“
„Aber wie erkanntet Ihr mich?“
„Ihr wart mir sehr genau beschrieben worden.“
„Ah, und klein bin ich, das hat gestimmt.“
„Ich höre, Ihr werdet Euch nur bis heute abend hier aufhalten?“
„Allerdings, ich muß wieder fort.“
„Warum so schnell?“
„Ich hoffe, man darf zu Euch mit vollem Vertrauen sprechen?“
„Natürlich. Wenigstens hoffe ich, daß Ihr kein Mißtrauen in mich setzt.“
„Nach dem, was mir Gerard sagte, seid Ihr sicherer als jeder andere.“
„Ah, Ihr habt mit Gerard selbst gesprochen?“ fragte sie erfreut.
„Ja. Er wäre an meiner Stelle gekommen, aber er mußte nach Fort Guadeloupe, um die Verteidigung dort zu übernehmen.“
„Ja, Juarez schätzt ihn hoch und schenkt ihm sein vollstes Vertrauen. Wie wird es mit dem Fort stehen? Habt Ihr noch nichts gehört?“
„Kein Wort. Ich bin jedoch vollständig überzeugt, daß die Franzosen abermals aufgerieben werden. Sie waren ja ahnungslos, das Fort verteidigt zu finden und gar mit Juarez und seinen Apachen zusammenzutreffen. Übrigens gab es außerdem dort Leute, welche so tapfer und kriegserfahren sind, daß ein einziger von ihnen zwanzig Franzosen aufwiegt.“
„Etwa weiße Jäger?“
„Ja.“
„Wer ist es?“
Er erzählte ihr sein Zusammentreffen mit Sternau und dessen Begleitern. Sie hörte ihm aufmerksam zu und sagte dann:
„Hier scheint ja ein förmlicher Roman sich abzuspinnen.“
„Allerdings. Übrigens bin ich überzeugt, daß Sie diese Leute sehen werden, und deshalb nach meiner Berechnung wird Benito Juarez entweder bereits heute oder spätestens morgen mit seinen Leuten hier in der Nähe eintreffen.“
„Ah! So bald?“
„Ja.“
„Habt Ihr ein sicheres Rendezvous verabredet?“
„Das versteht sich. Ich habe zwei Stunden am Flüßchen abwärts auf die Truppe zu warten.“
„Daß er bald kommt, ist mir lieb. Wißt Ihr schon, daß der Kommandant eine bedeutende Anzahl von Bürgern gefangengesetzt hat?“
„Der Wirt erzählte es mir.“
„Für diese Leute ist alles zu fürchten.“
„Ihr meint doch nicht etwa, daß sie sich in Todesgefahr befinden?“
„Gerade dies meine ich.“
„Das ist nur schwer zu glauben. Sie haben doch nicht offen revoltiert.“
„Allerdings nicht; darum hatte ich für sie bis vor zehn Minuten nicht die mindeste Sorge. Seit dieser Zeit aber hat sich die Lage bedeutend geändert. Habt Ihr gemerkt, daß vorhin französische Truppen in die Stadt eingezogen sind?“
„Ja. Der Wirt bekam Einquartierung, einen Unteroffizier, welcher durchaus Wein trinken wollte anstatt der Pulque, welche er erhielt.“
„Nun, der Kommandant dieser Truppen ist Oberst Laramel, einer der grausamsten Offiziere der französischen Armee. Er hat sich durch zahlreiche Todesurteile geradezu berüchtigt gemacht und wird die gegenwärtige Gelegenheit mit Freuden ergreifen, sein trauriges Andenken zu befestigen.“
„Ohne Recht und Gericht kann er doch nicht handeln.“
„Welcher Franzose hat in Mexiko nach dem Recht oder der Gerechtigkeit gefragt? Ich sage Euch, mein guter Señor André, daß ich fest glaube –“
Sie wurde
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