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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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über und über mit Blut bespritzt. Es war das Blut des Kapitäns und des Oberleutnants, welche er gestern erschossen hatte. Er antwortete ganz unbefangen:
    „Das? Das ist das Blut von einer Rehziege.“
    „Von einer Rehziege? Ah, da habt Ihr also doch endlich einmal etwas geschossen?“
    „Nein.“
    „Nicht? Aber das Blut?“
    „Ein Kamerad hat sie geschossen. Ich habe sie nur getragen, und da bin ich ein wenig rot geworden.“
    Da warf ihm der Alte einen Blick tiefster Verachtung zu.
    „Nicht einmal eine Rehziege also“, sagte er. „Ihr seid wohl nur darum Jäger geworden, um für andere die Ziegen zu tragen?“
    „Hm, man ist doch gern gefällig.“
    „Donnerwetter, Señor, so seid doch einmal gegen Euch gefällig und schießt etwas. Wenn ich da an andere denke! Da ist zum Beispiel der ‚Kleine André‘, der bei mir wohnt und ganze Beutel voller Nuggets besitzt, heute auf die Jagd gegangen, um mir einen Braten zu liefern, und ich setze meinen Kopf zum Pfand, daß er – ah, da kommt einmal her, Señor!“ Er streckte bei der Unterbrechung seiner Rede die Hand nach Gerard aus.
    „Warum?“
    „Ich will Euch etwas zeigen.“
    Gerard trat zum Fenster und blickte hinaus.
    „Was denn?“ fragte er.
    „Seht Ihr, wer da drüben kommt?“
    „Ja.“
    „Wer ist es?“
    „Euer Gast, der ‚Kleine André‘.“
    „Nun, was trägt er, he?“
    „Einen Bock, wie es scheint.“
    „Ja, einen Bock, einen großen, feisten Bock. Und glaubt Ihr etwa, daß er ihn für einen anderen trägt, so wie Ihr es macht?“
    „Das weiß ich nicht. Man muß ihn fragen.“
    „Das ist nicht notwendig, Señor. Was der André trägt, das hat er jedenfalls selbst geschossen. Er hält sein Wort und liefert mir einen Braten. Übrigens hat er es außerordentlich eilig. Er kommt ja gelaufen, als ob ihm irgend jemand auf dem Nacken säße. Was muß er haben?“
    Der kleine Jäger, den der Rehbock nicht im mindesten zu belästigen schien, kam allerdings mit sehr eiligen Schritten daher. Draußen im Flur warf er, wie man hörte, das Wild auf die Erde und dann trat er ein.
    „Aufgestanden, Señor Pirnero? Guten Morgen!“ sagte er.
    „Guten Morgen, Señor André!“ antwortete der Alte sehr freundlich. „Was bringt Ihr denn da für ein Wild in das Haus?“
    „Ich habe es für Eure Küche geschossen.“
    „Als Geschenk?“
    „Natürlich. Aber ich bringe Euch noch etwas Besseres!“
    „Was?“
    „Eine Nachricht von ganz außerordentlicher Wichtigkeit.“
    „Ihr macht mich neugierig. Welche Nachricht wäre das?“
    „Gebt mir erst einen Julep, dann sollt Ihr es hören.“
    Während Resedilla den Schnaps einschenkte, begrüßte André Gérard mit einem Kopfnicken. Er empfing das Glas, trank es aus und sagte:
    „Señor Pirnero, endlich kommt Euer längst erwarteter Gast!“
    „Ah, wer? Etwa der ‚Schwarze Gerard‘?“
    „Ja.“
    „Alle Wetter. Woher wißt Ihr das?“
    „Von dem Apachenhäuptling ‚Bärenauge‘.“
    Da fuhr der Wirt ganz erschrocken einige Schritte zurück.
    „‚Bärenauge‘, der Apache?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Der alle Wochen einen Weißen tötet?“
    „Derselbe“, nickte André.
    „Mit dem habt Ihr gesprochen?“
    „Ja.“
    „Und er hat Euch nichts getan?“
    „Gar nichts“, lachte der Kleine.
    „So seid Ihr wohl ein Freund der Apachen?“
    „Das kann ich eigentlich nicht sagen; aber da sie jetzt mit uns verbündet sind, so brauchte ich mich vor ihnen nicht zu fürchten.“
    „Aber wo war es denn? Wo traft Ihr ihn?“
    „Am Rand des Waldes. Er hatte fünfhundert Apachen bei sich.“
    Da schlug der Alte die Hände über dem Kopf zusammen und jammerte:
    „So sei Gott uns allen gnädig! Fünfhundert Apachen! Sie werden das Fort überfallen; sie werden sengen und brennen und keinen Stein auf dem anderen lassen.“
    „Da irrt Ihr Euch gewaltig“, entgegnete der Kleine ruhig. „Sie kommen nicht als Feinde, sondern als Freunde der Bewohner von Guadeloupe.“
    „Das glaubt Euch niemand.“
    „So sage ich Euch, daß sie sogar das Fort gerettet haben.“
    „Gerettet?“ fragte Pirnero ganz perplex. „Wann, wo und wovor?“
    „Gestern abend, im Teufelspaß, vor einem Überfall der Franzosen.“
    Das war dem Alten denn doch zuviel. Er drehte sich unwillig ab und sagte:
    „Señor, glaubt Ihr etwa, wenn Ihr mir einen Braten in die Küche liefert, so ist es Euch als Lohn dafür erlaubt, Euch über mich lustig zu machen?“
    „Das fällt mir gar nicht ein! Señorita, gebt mir noch einen

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