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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht eintreten?“
    „Nein, denn wir haben kein Licht. Ich werde kommen.“
    Und sie kam. Er nahm sie bei beiden Händen und sagte in einem Ton, wie sie ihn von ihm noch gar nicht gehört hatte:
    „Señorita, wollt Ihr mir verzeihen?“
    „Was?“ fragte sie.
    „Daß ich bisher so wenig höflich gegen Euch war!“
    „Ihr wart es ja stets.“
    „O, ich hätte wohl nicht höflich, sondern ein anderes Wort sagen sollen. Als man mich an den Pfahl gebunden hatte – – –“
    „Mein Gott, ich darf gar nicht daran denken!“ sagte sie, indem ein Schauer sie überlief.
    „Wie, Ihr zittert?“ fragte er.
    „Ja, nachträglich; noch vor Angst.“
    „Und kamen dennoch mir zu Hilfe!“
    „Mußte ich nicht?“ fragte sie leise.
    „Ihr sagt, daß Ihr mußtet. Warum mußtet Ihr?“
    „Konnte ich Euch sterben sehen, Señor?“
    „Ah“, fragte er mit beinahe inniger Stimme. „Das hättet Ihr nicht gekonnt?“
    „Nein“, hauchte sie.
    „Warum nicht? Bitte sagt mir das!“
    „Weil ich dann auch gestorben wäre.“
    „Woran, liebe Zilli?“
    „Vor Angst und – vor – Gram.“
    „Ihr hättet Euch wirklich über meinen Tod gegrämt?“ flüsterte er leise.
    „Ja.“
    „O, wie mich das freut!“
    Da richtete sie sich auf und fragte in komischem Zorn:
    „Wie? Über meinen Gram freut Ihr Euch?“
    „Natürlich!“
    „Das ist häßlich, sehr häßlich!“
    „O nein; das ist nicht häßlich, sondern gerade das Gegenteil!“
    „Wie meint Ihr das?“
    „Wenn Ihr Euch über meinen Tod grämt, so ist das ein Zeichen, daß ich Euch nicht gleichgültig bin. Soll mich das nicht freuen, Señorita?“
    „O, ich glaube es ja nicht, daß Ihr Euch freut!“
    „Warum nicht?“
    „Jene Dame – – –“
    „Welche?“
    „Jene verschleierte.“
    „Ah, die meint Ihr?“
    „Ja. Sie war stets bei der Kranken.“
    „Wo ich sie traf!“
    „Sie hatte also ein so gutes, edles Herz.“
    „Davon bin ich überzeugt.“
    „Und sie war so schön.“
    „Das ist wahr.“
    „Ihr habt immer an sie denken müssen; Ihr habt sie sogar geliebt!“
    „Zilli!“ bat er.
    „Und sie war noch dazu die Tochter eines Grafen!“
    „Ja, man sagte mir dies.“
    „Nun, so kann es Euch doch gleich sein, ob ich mich gräme oder nicht.“
    „O nein. Ich muß Euch vielmehr sagen, daß ich sehr viel auch an Euch gedacht habe.“
    „Wollt Ihr wirklich, daß ich dies glaube?“
    „Ich bitte Euch darum. In meinem Herzen hat es dann einen Kampf gegeben.“
    „Zwischen wem, wenn ich Euch fragen darf, Señor?“
    „Zwischen dem Bild jener Grafentochter und dem eurigen.“
    „Ein Kampf zwischen Bildern? Das muß außerordentlich lustig sein!“
    „Ganz und gar nicht. Es tut das dem Herzen bitter weh.“
    „Wer hat den Sieg behalten?“
    „Er ist erst vorhin entschieden worden.“
    Er fühlte, wie ihr kleines, warmes Händchen zitterte; dennoch sagte sie scherzend:
    „Mit dem Dolch in der Faust?“
    „Ja, mit dem Dolch in der Faust, Señorita“, antwortete er. „Diese Franzosen hassen uns Deutsche, solange es Franzosen und Deutsche gibt, man ließ uns ungern an dem Zug teilnehmen. Man konspirierte gegen uns, und wir merkten bald, daß das Ende des Unternehmens für uns anders sein werde als der Anfang. Heute abend brach es nun los.“
    „Ich hatte es längst erwartet“, meinte Zilli.
    „Man fand Gründe, uns als Verräter zu erklären.“
    „Waren Beweise da?“
    „Falsche nur. Wir wurden nicht gefragt, nicht verhört. Man verurteilte uns zum Tod und band uns an den Pfahl. Ich sah den Tod kommen. Ich bin Arzt, und ein Arzt fürchtet den Tod nicht; aber er ist doch schrecklich, wenn er in solcher Gestalt auftritt. Ich will im Kampf sterben, in meinem Beruf sterben, aber nicht am Pfahl, unschuldig gemordet von einer Bande gewissenloser Menschen.“
    „Ja, das muß schrecklich sein“, stimmte Zilli bei.
    „Aber der Tod, welcher bereits die Knochenarme nach mir ausstreckte, fand einen Gegner, und der wart Ihr, Señorita. Ihr kamt, mit glühenden Wangen und blitzenden Augen, den Dolch in der Faust. Jene Grafentochter wollte den Tod vom Krankenlager bannen durch stilles, heimliches Walten, durch Arzneien und stärkende Speisen. Ihr aber kommt mit der Waffe, kühn und schön wie Pallas Athene. Euer Haar flog Euch nach wie die Mähne eines wilden Mustangs; Ihr wart so schön! Und da war der Kampf in meinem Herzen entschieden.“
    „Und für wen, Señor?“
    „Für Euch. Ihr habt gesiegt.“
    „Ist dies wahr,

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