46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Land verwiesen.“
Bei diesen Worten erbleichte sie. Das hatte sie nun allerdings nicht erwartet.
„Aus dem Land verwiesen?“ fragte sie. „Aus welchem Grund, Señor?“
„Eben wegen Aufruhres und Hochverrates.“
„Aber Ihr sagt ja selbst, daß ich unschuldig sei!“
„Ihr, aber Euer Vater nicht. Übrigens habt Ihr Fotografien verschenkt!“
„Nur an Freunde.“
„Diese Freunde aber sind unglücklicherweise alle Hochverräter.“
„Davon weiß ich nichts.“
„Das ist Eure Sache, Señorita. Also ich habe Euch zu melden, daß Ihr die Stadt und das Land verlassen müßt.“
„Wann?“
„Die Stadt binnen vierundzwanzig Stunden und das Land innerhalb von einer Woche.“
Das kam ihr so unerwartet, daß sie beinahe umgesunken wäre.
„Aber ich kann ja nicht gehen. Mein Vater ist nicht da!“ rief sie.
„So geht zu ihm!“
„Ist auch er mit verwiesen?“
„Nein. Wenn wir ihn bekommen, so wird er gehenkt.“
„O Madonna, welch ein Unglück! Was wird mit unserem Eigentum?“
„Das könnt Ihr mitnehmen.“
„Und unsere Dienerschaft?“
„Die kann mitgehen, oder hierbleiben, ganz nach Belieben. Nehmt die Sache nicht so schlimm, Señorita! Es ist schon mancher aus dem Land gewiesen worden und doch wieder hereingekommen.“
Er ging mit seinen Polizisten. Die Indianerin hatte alles mit angehört. Als er fort war, sagte sie mit listigem Augenblinzeln:
„O, Señorita, wie klug Ihr seid!“
„Nicht wahr, Amaika? Er hält mich wirklich für unschuldig!“
„Ja, diese Männer sind oft sehr dumm! Aber müßt Ihr nun denn wirklich aus dem Land fort?“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vater wird es heute abend entscheiden.“
„Ah, der fremde Bote gestern war von ihm?“
„Ja. Vater wird heute abend verkleidet nach Hause kommen. Du wirst jede Störung fernhalten. Ich bin für niemand zu Hause, Amaika!“
Der ihr vom Alcalden überbrachte Befehl hatte sie doch aus dem Gleichgewicht gebracht. Sie fühlte sich ratlos und sehnte sich nach der Ankunft ihres Vaters.
Es war bereits spät am Abend, als sie wartend ganz allein in ihrem Zimmer saß. Sie hatte die Indianerin hinunter an den Eingang postiert, um sofort zu öffnen, wenn Cortejo kommen werde.
Da plötzlich wurde die Tür sehr leise geöffnet, und ein fremder Mann trat ein, ein Mann, welchen sie gar nicht kannte. Sie erschrak heftig, faßte sich aber sogleich wieder und fragte:
„Wer seid ihr? Und was wollt Ihr hier?“
Der Fremde machte eine kurze Verbeugung und fragte dann mit dumpfer Stimme:
„Wohnt hier Señor Cortejo?“
„Ja. Wollt Ihr zu ihm?“
„Nein, sondern zu Euch.“
„Ah, was wollt Ihr von mir? Wie seid Ihr hereingekommen?“
„Über die Hofmauer.“
Diese Antwort verursachte ihr Schreck. Über die Hofmauer konnte so nur ein Dieb oder ein sonstwie Verdächtiger Zutritt nehmen.
„Warum seid Ihr nicht durch den Eingang gekommen?“ fragte sie.
„Weil ich mich nicht sehen lassen wollte“, antwortete er. „Jetzt aber sehe ich ein, daß diese Vorsicht überflüssig war, denn man hätte mich doch nicht erkannt, da selbst du mich für einen Fremden ansiehst.“
Er nahm die Perücke und den falschen Bart ab, und nun erkannte sie ihren Vater.
Sie flog auf ihn zu. Er nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuß, den sie erwiderte. Diese Zärtlichkeit war bei ihnen eine seltene und gewährte allerdings auch einen nicht gar so sehr entzückenden Anblick.
„Du bist es?“ fragte sie. „Wahrhaftig, ich habe dich nicht erkannt!“
„Ja, meine Vermummung ist ausgezeichnet“, antwortete er. „Aber es ist das auch sehr notwendig, denn wenn man mich hier sieht, so ist mir das Brot auf alle Fälle gebacken.“
„Du kommst vom ‚Panther‘?“
„Ja. Wie ist es dir ergangen?“
„Gut bis heute. Aber am Nachmittag kam der Alcalde aussuchen.“
„Aussuchen? Halten Sie mich denn wirklich für so dumm, daß ich zum ‚Panther‘ halte und Mexiko verlasse, ohne meine Angelegenheiten so in Ordnung zu bringen, daß mir nichts geschehen kann? Man hat doch nichts gefunden?“
„Gar nichts. Die Sachen sind ja zu gut vergraben.“
„Nun, so steht ja alles gut, Josefa.“
„Doch nicht. Ich bin nämlich landesverwiesen.“
„Ah, wirklich?“ fragte er, ohne einen Schreck zu zeigen.
„Ja. Der Alcalde tat es mir zu wissen.“
„Wohl auf Befehl des Kaisers?“
„Ja.“
„Das ist eine Folge meiner heutigen Plakate. Wann sollst du die Stadt verlassen?“
„Binnen vierundzwanzig Stunden.“
„Und
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