46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Amaika! Wohin soll man ein Bild sonst tun? Und du sagst, daß dies Liebe erweckt?“
„Ganz gewiß. Ich kann es beschwören.“
„Nun, so werde ich von vielen Hunderten geliebt!“
Da schlug auch die schlaue Dienerin ihre Hände zusammen und rief:
„Heilige Madonna, es ist wahr! Aber was soll denn daraus werden? Die vielen Señores werden einander totschlagen, so daß nur ein einziger übrig bleibt.“
„Und dieser einzige – weißt du, was ich mit ihm tun werde?“
„O, ich würde ihn belohnen, ich würde ihn heiraten.“
„Meinst du?“
„Ja, ganz gewiß!“
„Aber du mußt bedenken, daß ich dann vielleicht die Tochter des Präsidenten oder gar eine Königstochter sein werde.“
„Dürfen diese denn nicht heiraten?“
„Sie müssen sogar. Aber das werden politische Heiraten, Konvenienzehen, bei denen man unglücklich wird. Ach, Amaika, es muß so schön sein, eine Präsidententochter zu sein mit einer unglücklichen Konvenienzheirat!“
Sie schlug die Hände abermals zusammen, und die Indianerin stand dabei und verdrehte die Augen zum Erbarmen. Sie hätten dieses Thema wohl noch weiter fortgesponnen, wenn nicht draußen Schritte zu hören gewesen wären. Es erschien eine Dienerin, und hinter ihr erblickte man mehrere Herren. Es war der Alcalde mit mehreren Polizisten.
Als die Herren so unangemeldet eintraten, erhob sich Josefa vom Stuhl, auf den sie sich niedergesetzt hatte, und rief in gebieterischem Ton:
„Was soll das, Señores? Wißt Ihr noch nicht, was man einer Dame schuldig ist?“
„Wir wissen das sehr genau“, antwortete der Alcalde, „und werden auch Euch genauso behandeln, wie Ihr es verdient. Kennt Ihr mich?“
„Ja“, antwortete sie.
„Nun, ich komme im Namen des Kaisers –“
„Des Kaisers?“ unterbrach sie ihn erschrocken.
„Ja. Wo befindet sich Euer Vater?“
„Er ist verreist.“
„Wohin?“
„Nach Oaxaca, wie er mir sagte. Genau weiß ich es allerdings nicht.“
„Wann wollte er wiederkommen?“
„Das war unbestimmt.“
„Hat er Euch geschrieben?“
„Nein.“
„Kennt Ihr den ‚Panther des Südens‘?“
Sie antwortete:
„Nein.“
„Er war nie hier?“
„Niemals.“
„Aber Euer Vater kennt ihn?“
„Das weiß ich nicht.“
„Hm, Ihr scheint also doch unschuldig zu sein, Señorita. Habt Ihr vielleicht eines der Plakate gesehen, welche heute am Morgen an den Straßen klebten?“
„Nein.“
„Aber der Name Eures Vaters stand ja darauf?“
„Ich weiß ganz und gar nichts davon, Señor. Wenn Vater abwesend ist, so leben wir ziemlich vereinsamt hier. Stammen denn die Plakate von meinem Vater?“
„Jedenfalls, da sein Name unterzeichnet ist.“
„Kann den nicht auch ein anderer unterzeichnet haben, Señor Alcalde?“
Der Mann sah sie verdutzt an. Der Gedanke, den sie da ausgesprochen hatte, war ihm zwar noch nicht gekommen, schien ihm aber plausibel zu sein.
„Hm, ja, das ist allerdings eine Möglichkeit“, antwortete er.
„Was steht denn auf dem Plakat, Señor?“ fragte sie ihn.
„Aufruhr und Hochverrat.“
„O, dann hat mein Vater ganz und gar nichts damit zu tun. Er ist kein Hochverräter!“
„Aber er steht ja im Bund mit dem ‚Panther des Südens‘, Señorita!“
„Davon weiß ich nichts. Das ist jedenfalls eine Verleumdung.“
„Das wird sich finden. Zunächst habe ich bei Euch auszusuchen.“
„O santa Madonna! Hier in meinem Zimmer?“
„Ja, und überhaupt im ganzen Haus.“
„Nach Aufruhr und Hochverrat?“
„Nach Beweisen davon.“
„So sucht in Gottes Namen! Ihr werdet nichts finden, denn wir sind unschuldig.“
Der Beamte begann nun, seine Pflicht zu erfüllen in echt mexikanischer Weise, das heißt, saumselig und höchst oberflächlich. Er brachte damit einige Stunden zu. Als er zu Ende war, brach der Abend bereits herein.
„Señorita, ich habe nichts gefunden“, sagte er naiv.
„Ich wußte es“, antwortete sie stolz.
„Ich denke also, daß Ihr unschuldig seid, Señorita.“
„Ich bin es ganz gewiß, Señor!“
„So tut es mir leid, Ihnen etwas Unangenehmes sagen zu müssen.“
„Wollt Ihr mir bange machen, Señor?“
„Das liegt mir fern, aber ich habe den Befehl des Kaisers zu erfüllen.“
„Des Kaisers? O, Dios! Jetzt wird mir wirklich angst, Señor!“
„Angst braucht es Euch nicht zu werden. Eurer Person geschieht ja nichts. Ihr habt nur den Aufenthaltsort zu wechseln.“
„Den Aufenthaltsort? Wie soll ich das verstehen?“
„Nun, Ihr werdet aus dem
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