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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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gekommen war.
    Er hob seinen Kopf und schaute dem Mann in die Augen, der lieber von einem Rudel wilder Wölfe zerrissen worden wäre, als die Hilflosigkeit zu ertragen, die er im Moment fühlte. »Das ist nicht richtig …«
    Fürst Asano erwiderte seinen Blick mit Mitgefühl und Vergebung. »Ich habe versucht, einen unbewaffneten Mann in meinem eigenen Haus zu töten, einen Gast.«
Einen hochrangigen Gast, von dem bekannt war, dass Asano ihm nicht wohl gesonnen war … Und zu einem Zeitpunkt, als der Shogun selbst anwesend war, womit die Angelegenheit zu einer Bedrohung für den Herrscher selbst wurde
. »Der Shogun hätte mir das Recht auf
seppuku
verweigern können, um mich strangulieren zu lassen wie einen Kriminellen. Stattdessen erlaubt er mir, mir selbst ehrenhaft das Leben zu nehmen …«
    »Ihr wurdet verhext, Herr«, protestierte Oishi. »Euer Geist war vergiftet. Ein Wort von Euch und ich habe Pferde bereit …«
    Fürst Asano zog die Augenbrauen hoch. »Wollt Ihr, dass ich fliehe?« Er schüttelte müde den Kopf. »Eure und meine Vorfahren haben immer diesem Land gedient, so wie es unsere Kinder tun werden. Wenn ich mein Schicksal akzeptiere, wird niemand die Ehre unseres Volkes infrage stellen oder es für mein Verbrechen bestrafen.« Er sah Oishi lange in die Augen und wusste, dass es keine Worte gab, die ausdrückten, wie dankbar und glücklich er sich schätzen durfte, diesen Mann, der nun vor ihm kniete, all die Jahre als rechte Hand gehabt zu haben. Aber es gab noch eine Sache, die er sicherstellen musste, bevor ihre gemeinsame Zeit endete. »Versprecht mir, dass Ako für Euch immer an erster Stelle steht.«
    Er sah, dass Oishi einen stummen Kampf mit sich selbst ausfocht, weil er wusste, was sein Fürst da von ihm verlangte. Er versuchte, seine Emotionen in Schach zu halten – nicht zu protestieren und nicht zusammenzubrechen. Nach einem langen Moment qualvollen Zweifels verbeugte er sich schließlich, um damit zu Versprechen, sich seinem letzten Befehl und Wunsch zu beugen.
    Fürst Asano atmete tief ein und seufzte erleichtert. »Ich bin bereit, Oishi, und wenn ich sterbe, bete ich nur darum, dass ich wiedergeboren werde, um diesem Haus genauso treu zu dienen, wie Ihr mir gedient habt.« Als Oishi seinen Kopf wieder hob, merkte Asano, dass noch eine letzte Bitte ausstand. »Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr als mein Sekundant fungieren würdet, alter Freund.«
    Oishi nickte, ohne zu zögern.

    Die Sonne stand am makellos blauen Himmel, wie am schicksalhaften Tag des Turniers. Fürst Asano war in die traditionellen weißen Beerdigungsgewänder gekleidet und wurde durch denselben dekorativen Garten geführt, durch den er in der vergangenen Nacht in blinder Raserei gerannt war … Als wäre der wahnwitzige Albtraum, der zu diesem bösen Erwachen geführt hatte, eine Art Vorahnung gewesen.
    Von allen Menschen, die Asano und dem Hof von Ako so viele Jahre lang treu gedient hatten, fehlten nur die Samurai unter denen, die sich an seinem Weg aufgestellt hatten, um sich zu verabschieden. Nur Oishi, der als sein Sekundant fungierte, ging hinter ihm und wachte über ihn, bis zu seinem Ende. Die anderen Samurai wurden von den Wachen des Shoguns und den Offizieren der anderen
daimyō
gefangen gehalten. Die einstigen Gäste hatten nun Angst, dass sie Asano hätten zum Opfer fallen können – oder seinen Samurai zum Opfer fallen könnten, falls sie versuchen sollten, das Urteil des Shoguns zu verhindern.
    Die Diener der Burg und ihre Familienmitglieder verbeugten sich oder fielen auf die Knie. Sie pressten die Hände im Gebet zusammen, als er zwischen ihnen hindurchging. Es gelang ihm, zum Abschied gnädig und dankbar zu lächeln.
    Und dann sah er, dass Mika am Ende der Reihe auf ihn wartete. Je näher er ihr kam, umso klarer erkannte er ihr Leid und ihre Scham. Er spürte ihre Qualen, weil sie ihn umarmen wollte und nicht konnte …
    Aber dann ließ sie alle sozialen Regeln und Gesetze links liegen und setze sich ein letztes Mal über die Barriere ihrer Selbstkontrolle hinweg. Sie verließ den ihr zugewiesenen Platz, rannte auf ihn zu und warf sich in seine Arme. Er fühlte ihre heißen Tränen an seinem Hals. Ihre Stimme war kaum durch ihre erstickten Schluchzer zu hören, als sie sagte: »Vater, es ist meine Schuld …«
    Er nahm sie in die Arme, um sie ein letztes Mal vor der Welt der Männer zu beschützen – Männer, wie er selbst einer gewesen war, bevor er seine Frau getroffen hatte, die ihm

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