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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Ich werde Euch ein heimliches, unterirdisches Gemach anweisen. Eure Leute aber könnt Ihr einstweilen in einer Venta der Stadt einquartieren.“
    „Sind sie da sicher?“
    „Ja. Sie brauchen nur nicht zu sagen, daß sie zu Cortejo gehören.“
    „Und dieser Jäger Grandeprise? Er wird mich nicht verlassen wollen.“
    „Er mag mit Euch in das Kloster kommen. Ihn brauche ich nicht zu verstecken. Er besucht mich aus Dankbarkeit, daß ich ihn damals hergestellt habe, und mag frei und offen umherlaufen. Das wird niemand auffallen.“ –
    Während dieser Unterredung befand Señorita Emilia sich in ihrem Zimmer. Sie ging nicht zur Ruhe, sondern wurde von der Frage wach erhalten, ob es ratsamer sei, gleich heute oder erst später Einsicht in den geheimen Briefwechsel des Paters zu kommen.
    Ihr Zimmer befand sich nicht gar zu weit von dem seinigen, und so bemerkte sie, daß Personen leise gingen und kamen. Dies veranlaßte sie, ihr Licht zu verlöschen und die Tür ein wenig zu öffnen, um zu lauschen.
    Nach einiger Zeit hörte sie wieder Schritte. Die Zimmertür des Paters wurde geöffnet, und beim Schein seiner Lampe sah sie eine männliche und eine weibliche Person bei ihm eintreten. Noch ehe die Tür sich hinter ihnen schloß, bemerkte sie, daß dem Mann ein Auge fehlte.
    Nur wenige Minuten später wurde sie abermals durch ein Geräusch aufmerksam gemacht. Sie sah den Pater mit der Laterne in der Hand auf der Treppe verschwinden, auf welcher sie mit ihm nach dem Keller gegangen war. Er stand nämlich im Begriff, den Brief des Panthers des Südens zu holen, den er Cortejo versprochen hatte.
    Sie beschloß ihm nachzugehen, und so glitt sie vorsichtig und lautlos hinter ihm die Treppe hinab. Da er hinter sich alle Türen offen ließ, so konnte sie ihm fast bis in die Felsenkammer folgen, in welcher er seine Schätze und Papiere aufbewahrte. Sie bemerkte dort, daß er den Schrank öffnete und nach einem Brief suchte, den er zu sich steckte.
    Nun mußte sie eiligst zurückkehren, um nicht von ihm bemerkt zu werden. Sie erreichte ihr Zimmer glücklich und sah auch den Pater in das seinige zurückkehren. Aber nach längerer Zeit verließ er dasselbe wieder und zwar in Begleitung der beiden Personen, welche vorhin zu ihm gekommen waren. Er führte sie an ihrer Tür vorüber, und dabei hörte sie ihn mit leiser Stimme einige Worte sagen, von denen sie nur einen Teil verstand.
    „Señorita Josefa, Ihr seid da unten vollständig – – –“
    Mehr konnte sie nicht vernehmen. Aber kaum waren die drei vorüber, so kam ihr ein Gedanke, den sie auch sofort ausführte. Sie nahm einige Zündhölzchen zu sich und schlich sich nach des Paters Zimmer. Dort war es dunkel. Sie strich eines der Hölzer an und gewahrte nun beim Schein desselben die Schlüssel, auf welche sie es abgesehen hatte. Sie nahm sie von der Wand und kehrte mit ihnen in ihre Stube zurück.
    Erst nach längerer Zeit hörte sie den Pater wieder zurückkommen. Er war allein. Er hatte Cortejo und Josefa nach ihrem unterirdischen Asyl gebracht. Er gewahrte nicht, daß während seiner Abwesenheit jemand zugegen war. Nachdem er die Laterne auf den Tisch gestellt hatte, schritt er im Zimmer auf und ab und sagte zu sich selbst:
    „Welch ein Abend! Die Rache, welche ich fast aufgegeben hatte, ist da. Dieser Cortejo ahnt gar nicht, daß er der Rache noch mehr verfallen ist als der Graf. Cortejo war damals der eigentliche Urheber meines Unglücks, und ihn soll auch die härteste Strafe treffen. Vorher aber soll er mir so viel als möglich behilflich sein, meine Pläne auszuführen. Welche Unvorsichtigkeit! Mir, seinem Feind, diese Geschichte der Rodriganda mitzuteilen! Ich werde sie zu seinem Verderben und zu meinem Vorteil benutzen. Alle Teufel! Wenn ich meinen Neffen Manfredo als Graf unterschieben könnte! Aber da wäre es notwendig, alle, welche das Geheimnis wissen, aus dem Weg zu räumen. Ich werde abwarten und dann tun, was der Augenblick gebietet. Morgen werden vielleicht die Verfolger eintreffen. Da gibt es zu tun. Ich werde mich jetzt niederlegen und den Brief des ‚Panthers‘ erst morgen wieder in den Schrank legen.“
    Dieser Entschluß war ein Glück für Emilia, denn hätte er noch heute abend den Brief wieder zurückbringen wollen, so wäre von ihm das Fehlen der Schlüssel bemerkt worden. So aber ging er schlafen, ohne zu ahnen, daß die Geheimnisse seiner Korrespondenz in Gefahr waren, verraten zu werden.
    Das Mädchen wartete noch eine Zeitlang,

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