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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bis sie überzeugt sein konnte, daß alles zur Ruhe gegangen war, dann steckte sie eine genügende Menge Papier und eine Bleifeder zu sich, nahm eine Lampe und ein Fläschchen Brennöl, welches ihr zur Verfügung stand, und ging an ihr Unternehmen.
    Sie verschloß ihre Stube und steckte den Schlüssel zu sich, damit niemand bemerken könne, daß sie abwesend sei. Dann stieg sie ohne Licht leise die Treppe hinab, welche zu den Kellern führte. Erst dort angekommen, brannte sie die Lampe an und öffnete mittels der Schlüssel die Türen. Auf diese Weise, und da sie sich die geheimen Handgriffe gemerkt hatte, welche ihr gelangen, kam sie in die Felsenkammer, in welcher sich das Gesuchte befand.
    Sie ging sofort an die Arbeit, indem sie das Schränkchen öffnete und eine der Skripturen nach der anderen öffnete, um sie zu lesen.
    Sie waren höchst interessant und für Juarez, ihren Auftraggeber, von der allergrößten Wichtigkeit. Darum nahm sie Papier und Bleistift zur Hand und schrieb sich die wertvollsten Stücke ab. Sie hatte im Schreiben eine nicht gewöhnliche Fertigkeit, und doch gab es der Notizen so außerordentlich viele, daß sie voraussichtlich kaum bis zum Anbruch des Morgens fertig zu werden vermochte.
    Indem sie sich mit dieser Arbeit beschäftigte, drangen Laute wie von menschlichen Stimmen zu ihr. Sie lauschte. Die Töne kamen aus einer Ecke hervor, und als sie mit der Lampe dorthin leuchtete, bemerkte sie ein Loch, welches wie eine Gosse geformt war, dessen Zweck hier an diesem Ort sie aber nicht zu begreifen vermochte. So viel stand sicher, daß dies Loch ihren Raum mit einem anderen verband, in welchem jetzt gesprochen wurde.
    Sie bückte sich zum Boden nieder und lauschte. Jetzt vernahm sie deutlich den Klang einer männlichen und einer weiblichen Stimme, und als sie ihr Ohr ganz nahe an das Loch brachte, konnte sie sogar, allerdings mit Anstrengung ihres sehr scharfen Gehöres, die Worte verstehen, welche da drüben gesprochen wurden.
    „Du traust diesem Pater vollständig?“ fragte die weibliche Stimme.
    „Ja, vollständig“, antwortete die männliche.
    „Aber er ist ja früher dein Feind gewesen!“
    „Er denkt ebensowenig an diese vergangenen Dinge, wie ich an sie gedacht habe. Er haßt diesen Juarez und ist ganz erpicht darauf, sich an dem Grafen Rodriganda zu rächen.“
    „Ich glaube doch, daß es geraten ist, vorsichtig zu sein, Vater!“
    „Habe keine Angst um mich, Josefa. Das müßtest du doch wissen!“
    „O, hast du nicht gerade in letzter Zeit den Beweis wiederholt erleben müssen, daß es doch Leute gibt, die uns überlegen sind?“
    „Das war allerdings eine Reihe von ganz ungewöhnlichen Unglücksfällen, die sich aber jedenfalls nicht wiederholen werden. Ich habe dabei mein Auge verloren. Der Teufel hole jenen Kerl, welcher den so poetischen Namen ‚Geierschnabel‘ führt.“
    „Woher weißt du, daß der Mann, der dir das Auge genommen hat, diesen Namen trägt?“
    „Grandeprise nannte ihn mir. Er kennt ihn und hat ihn in der Gesellschaft von Juarez getroffen.“
    „Vielleicht kommt uns dieser Mensch einmal in den Weg, Vater!“
    „Dann sollte er eine Strafe erleiden, wie kein Teufel sie sich besser ausdenken könnte! Ich hatte erst die Absicht, zu versuchen, ob ich mich mit Juarez verbinden könne. Wäre mir mein Streich auf diesen Engländer und seine Ladung geglückt, so hätte ich dem Präsidenten höchst willkommen sein müssen, und ich hätte ihn gezwungen, zu einem Werkzeug meiner Pläne herabzusinken. Nun aber ist auch das vorüber.“
    „Wo mag Juarez jetzt sein?“
    „O, da die Vereinigten Staaten und England ihn unterstützen, so wird er jedenfalls schnelle Fortschritte machen. Sind die Freischaren, denen ich ausweichen mußte, zu ihm gestoßen, so ist er stark genug, ein kräftiges und rasches Vordringen zu unternehmen. Er wird dann sehr bald auf der Hacienda del Erina eintreffen.“
    „Warum gerade dort?“
    „Ich denke es mir, weil diese verteufelten Mixtekas gerade dort den Aufstand unternommen haben, der uns um alle unsere Hoffnungen gebracht hat.“
    „Ich denke, daß noch nicht alles verloren ist.“
    „Sprich mit dem Pater darüber, er denkt ganz anders. Der ‚Panther des Südens‘ hat uns betrogen.“
    „Unmöglich!“
    „O, der Pater hat mir einen Brief des ‚Panthers‘ gezeigt, welcher mir den sicheren Beweis gebracht hat. Aber für heute ist es genug, Josefa. Auch du wirst von diesem Ritt ermüdet sein, mehr noch als ich selbst; wir

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