47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
ratet richtig. Nur ist es gefährlich, über diesen Punkt zu sprechen.“
„Wenn Ihr mein Schützling und Verbündeter sein wollt, so verlange ich unbedingt, alles zu erfahren, was sich auf den Grafen bezieht.“
Cortejo schwieg eine ganze Weile, dann sagte er, aber absichtlich zögernd: „Ich sehe ein, daß ich Euch alles sagen muß. Aber Ihr dürft überzeugt sein, daß ich Euch töten werde, wenn Ihr ein einziges Wort davon redet!“
„Mich töten? Pah! Ihr befindet Euch ja in meiner Hand und nicht ich in der Eurigen. Ich brauchte also keine Angst vor Euch zu haben, wenn ich ja die Absicht hätte, Euch zu verraten.“
„Da irrt Ihr Euch sehr! Es gibt noch Mitwisser meines Geheimnisses. Ich werde sie benachrichtigen, daß ich es auch Euch mitgeteilt habe, und sie würden die Strafe übernehmen, falls Ihr mich verrietet.“
„Wer sind diese Mitwisser?“
„Vor allen Dingen mein Bruder.“
„Ah! Ihr habt noch einen Bruder? Wo?“
„Drüben in Spanien. Er ist Verwalter des Grafen Alfonzo de Rodriganda.“
„Das wußte ich allerdings noch nicht. Dieser Graf Alfonzo wird sich außerordentlich freuen, wenn er hört, daß sein Oheim noch lebt.“
Cortejo stieß ein höhnisches Lachen aus und antwortete:
„Es wird ihn im Gegenteil zu allen Teufeln wünschen.“
„Seinen Verwandten?“ fragte der Pater erstaunt.
„O, Graf Alfonzo ist ja auch Mitwisser meines Geheimnisses!“
„Was! Wirklich? Er weiß, daß der Graf scheintot gewesen ist?“
„Ja.“
„Und in die Sklaverei geschafft wurde?“
„Ja. Er ist übrigens gar nicht mit ihm verwandt.“
„Er ist ja sein Neffe!“
„Nein, und dies ist ja eben mein Geheimnis, für dessen Ausplauderei ich Euch mit dem Tod drohte. Graf Alfonzo ist nämlich der untergeschobene Sohn des Grafen Emanuel de Rodriganda, nicht der echte.“
Der Pater trat vor Erstaunen gleich mehrere Schritte zurück.
„Das soll ich glauben?“ fragte er.
„Würde ich eine für mich so gefährliche Mitteilung machen, wenn sie nicht die volle Wahrheit enthielte?“
„Ich wüßte allerdings nicht, was Euch bewegen könnte, mir eine solche Fabel zu erzählen. Aber wenn Eure Worte Wahrheit enthalten, wessen Sohn ist dann eigentlich dieser Don Alfonzo?“
„Der Sohn meines Bruders.“
„Also Euer Neffe? Ah, nun wird mir die Sache plausibel. Nun weiß ich auch, wie Ihr von Euren Reichtümern reden könnt. Denn wenn der Graf von Rodriganda ein Neffe von Euch ist, so könnt Ihr schließlich mit seinem Vermögen machen, was Euch beliebt.“
„Ihr seht also wohl ein, daß ich imstande bin, Euch zu belohnen!“
„Ja. Doch brauche ich Euren Lohn gar nicht. Ich besitze, was mir vonnöten ist, und wohl auch noch etwas mehr. Was aber ist mit dem echten Sohn des Grafen Emanuel geworden? Ist er gestorben?“
„Leider nicht. Er lebt und befindet sich in Begleitung des Grafen Ferdinande.“
„Alle Teufel. Wissen diese beiden, daß sie verwandt sind?“
„Nein. Sie können es aber sehr leicht entdecken, wenn der Zufall es will.“
„So werde ich dafür sorgen, daß der Zufall es nicht will. Ich sage Euch, daß diese Mitteilung mir von allergrößtem Interesse ist. Die Verhältnisse, von denen Ihr redet, geben meiner Rache noch ganz andere Wendungen.“
„Es ist mir lieb, dies zu hören. Übrigens muß ich Euch sagen, daß sämtliche Begleiter des Grafen treue Anhänger des Juarez sind.“
„Ah! Wirklich?“
„Ja. Sie haben bereits für ihn gekämpft.“
„So wird es mir eine Lust sein, sie unschädlich zu machen. Wer ist es denn?“
„Zunächst ‚Büffelstirn‘ und ‚Bärenherz‘ – – –“
„Diese beiden, die Euch jetzt verfolgen?“
„Ja.“
„Aber so sind sie ja nicht bei dem Grafen!“
„Sie sind ihm vorausgeeilt, um mit Hilfe der Mixtekas mir die Hacienda del Erina wegzunehmen.“
„Wer ist's noch weiter?“
„Ein gewisser Sternau, ein deutscher Arzt, der aber der gefährlichste von allen ist. Er ist meinem Geheimnis so scharf auf der Spur, daß es sich in der größten Gefahr befindet und ich natürlich mit.“
„Aber wie kommt dieser Deutsche in Berührung mit den Rodrigandas?“
„Das ist eine lange Geschichte, die Euch ermüden würde.“
„O, ich interessiere mich für diese Sache so sehr, daß von einer Ermüdung gar keine Rede sein kann. Erzählt also!“
Cortejo sah sich gezwungen, etwas zu tun, was er vorher für ganz und gar unmöglich gehalten hätte, nämlich diesen Mann, der noch dazu ihm früher so feindlich
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