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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das?“
    „Ich meine damit mich. Ich bin Wildbrethändler aus Frankfurt.“
    „Ah!“ meinte Ludewig erstaunt.
    „Und dieser Kleine da ist der eigentliche Wilderer“, fuhr ‚Geierschnabel‘ fort. „Er hat mir seit drei Jahren alles geliefert, was er in den Rheinswaldener Forsten zusammengeschossen hat.“
    Der kleine Tierarzt traute seinen eigenen Ohren nicht, als er diese Worte hörte. Auch Ludewig machte ein ganz verblüfftes Gesicht.
    „Donner und Doria!“ rief er. „Da muß doch gleich der helle, lichte Teufel drinnen sitzen! Ist das wahr, Kleiner?“
    Erst jetzt kam dem vom Erstaunen Übermannten die Sprache wieder.
    „Ich ein Wilddieb?“ fragte er. Und alle zehn Finger wie zum Schwur in die Höhe streckend, fügte er hinzu: „Ich schwöre tausend körperliche Eide, daß ich noch keine Maus, viel weniger aber einen Rehbock geschossen habe!“
    „Oho! Jetzt will er sich weißbrennen“, sagte ‚Geierschnabel‘. „Wem gehört denn dieser alte Schießprügel da?“
    „Ja, wem?“ fragte Ludewig.
    „Und wer hat den Bock geschossen? Ich nicht, sondern der Doktor da. Ich habe ihn bloß aufgetan und ausgenommen.“
    „Herr Jesses, ist so etwas möglich“, zeterte der Kleine, die Hände über dem Kopf zusammenschlagend. „Glauben Sie es nicht, mein lieber, guter Herr Straubenberger.“
    „Zum Teufel! Ich weiß da allerdings nicht, was ich denken soll!“
    Bei diesen Worten blickte Ludewig den Fremden ratlos an.
    „Denken Sie, was Sie wollen“, meinte dieser. „So viel aber ist gewiß, daß ich mich allein nicht arretieren lasse. Ich bin so dumm gewesen, mit meinem Lieferanten auf den Anstand zu gehen, aber ich werde nicht so dumm sein, die Strafe allein zu tragen.“
    „Heilige Mutter Maria, wo will das hinaus!“ rief der Kleine. „Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Flinte in der Hand gehabt!“
    „Aber an der Wange“, sagte ‚Geierschnabel‘. „Ich kann es beweisen, und die Untersuchung wird alles ans Licht bringen!“
    Da wendete Ludewig sich mit sehr ernster Miene an ihn:
    „Sagt Er wirklich die Wahrheit?“
    „Ja.“
    „Kann Er es beschwören?“
    „Mit tausend körperlichen Eiden!“
    „Da kann ich Ihm nicht helfen, Kleiner; ich bin gezwungen, auch Ihn als Wilderer zu arretieren.“
    Der Arzt tat vor Schreck einen Sprung zurück.
    „Um Gotteswillen, Sie machen nur Spaß“, rief er.
    „Nein, nein, es ist mein voller Ernst dahier.“
    „Aber ich bin ja so unschuldig wie die liebe Sonne am Himmel!“
    „Das wird die Untersuchung ergeben. Sie sind mein Arrestant.“
    „Arrestant? Himmel, ich reiße aus!“
    Er wendete sich um und wollte fliehen, aber Ludewig war schnell genug, ihn zu fassen und festzuhalten.
    „Ah, schießen die Preußen so?“ rief er. „Entfliehen will er? Damit hat er seine Schuld eingestanden. Ich werde diese beiden Kerls zusammenbinden, damit keiner mir entwischen kann.“
    „Das lasse ich mir gefallen“, sagte ‚Geierschnabel‘. „Ich will nicht der einzige Schuldige sein. Wenn es gerecht zugeht, lasse ich mich ohne alle Gegenwehr binden und fesseln.“
    „Gut, das ist verständig von Ihm. Gebt Eure Hände her. Hier habe ich die Schnur.“
    „Aber ich schwöre bei allen Heiligen, daß ich unschuldig bin!“ versicherte der Kleine. „Dieser Spitzbube will mich unglücklich machen.“
    „Das wird sich ausweisen“, versicherte Ludewig.
    „Aber Sie werden mich doch nicht etwa gefesselt nach Rheinswalden schleppen. Das wäre ja fürchterlich!“
    „Schleppen? O nein, Sie werden selber laufen müssen.“
    „Aber meine Ehre, meine Ambition, meine Reputation –“
    „Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Auf die Reputation eines Wilddiebes gibt kein Mensch einen Pfifferling. Wie wird es? Geben Sie die Hand freiwillig her, oder soll ich Gewalt brauchen?“
    ‚Geierschnabel‘ bückte sich zur Erde nieder, hob seinen Leinwandsack auf, warf ihn sich über den Rücken und sagte:
    „Ich füge mich freiwillig. Hier ist meine Hand.“
    „Und ich füge mich gezwungen“, rief der Kleine. „Hier ist meine Hand; aber ich werde Genugtuung verlangen.“
    „Das ist nicht meine Sache“, meinte Ludewig. „Ich tue meine Pflicht, alles andere wird der Herr Oberförster untersuchen.“
    Er fesselte die rechte Hand ‚Geierschnabels‘ mit der linken des Arztes zusammen. Dann sagte er:
    „So, das ist abgetan. Aber den Bock, den soll doch nicht etwa ich selbst nach Hause schleppen. Das ist eure Sache.“
    „Ich habe schon meinen Pack“, meinte

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