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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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soll also diesem Mann weichen?“ fragte der Leutnant sichtlich verärgert.
    Sein Bruder zuckte die Achsel.
    „Amtsangelegenheiten“, meinte er.
    „Nun, so darfst du dich nicht wundern, wenn ich es vorziehe, mich definitiv, anstatt einstweilen zurückzuziehen. Unsere Angelegenheiten sind, denke ich, genügsam besprochen?“
    „Ich habe allerdings nichts hinzuzufügen.“
    „Nun, so erlaube, daß ich mich verabschiede.“
    Er schritt, ohne ein Wort seines Bruders abzuwarten, stolz erhobenen Hauptes zur Tür hinaus. Es war dem eingefleischten Aristokraten unbegreiflich, daß er einem solchen Vagabunden habe weichen müssen. Es lag in seinem hochmütigen Charakter, dies seinem Bruder dadurch fühlen zu lassen, daß er sich sofort aus dem Zimmer und dem Haus entfernte.
    Dem Kommissar war es anzumerken, daß er sich darüber grimmig ärgerte, doch suchte er dies so viel wie möglich zu verbergen. Er wandte sich an ‚Geierschnabel‘:
    „Ihre Büchse!“
    Der Angeredete zog die Büchse aus dem Futteral und reichte sie ihm.
    „Hier ist sie“, sagte er.
    „Ist sie geladen?“
    „Nein.“
    „Der Waffenpaß!“
    „Hier.“
    Er griff in die Tasche und zog ein Papier hervor, welches er dem Beamten reichte. Das Dokument war richtig. Es lautete auf den Inhaber, so daß also der Name ‚Geierschnabel‘ nicht angegeben war.
    „Öffnen Sie den Sack!“ befahl der Kommissar dem Polizisten, indem er den Waffenpaß seinem Besitzer zurückgab.
    Der Polizist kam dieser Aufforderung nach und zog zunächst einen Beutel heraus, welcher sehr schwer zu sein schien. Als er ihn öffnete, zeigte es sich, daß der Inhalt aus lauter Goldstücken bestand.
    „Woher haben Sie dieses Geld?“ fragte der Beamte streng.
    „Verdient“, antwortete der Jäger kurz.
    „Womit?“
    „Das ist meine Sache!“
    „Oho! Ich muß das wissen, denn dieses Gold läßt sich mit Ihrer Persönlichkeit keineswegs in Einklang bringen.“
    „Soll meine Person des Einklangs wegen etwa auch golden sein?“
    „Treiben Sie keinen Scherz! Er könnte ihnen teuer zu stehen kommen. Was ist noch in dem Sack?“
    „Hier! Zwei Revolver“, meinte der Polizist.
    „Ah! Abermals Waffen!“
    „Ja. Und hier ein großes Messer.“
    „Zeigen Sie her!“
    Der Kommissar untersuchte das Messer. Dann fragte er ‚Geierschnabel‘:
    „Was sind das für Flecke hier an der Klinge?“
    „Hm. Das sieht doch jedes Kind!“
    „Etwa Blutflecke?“
    „Ja.“
    „Was für Blut?“
    „Menschenblut.“
    „Donnerwetter. Sie haben einen Menschen damit erstochen?“
    „Ja. Mehrere.“
    „Wo.“
    „An verschiedenen Orten.“
    „Wer oder was waren sie?“
    „Habe mir das nicht sonderlich gemerkt. Der letzte war Offizier.“
    Der Beamte blickte ihn ganz starr an.
    „Mensch!“ rief er. „Das wagen Sie mir so ruhig zu gestehen?“
    „Warum nicht?“ fragte ‚Geierschnabel‘, indem er ruhig lächelte.
    „Ich werde Sie in Eisen legen lassen!“
    „Meinetwegen in Zucker oder Pfefferkuchen!“
    „Entweder Sie sind wahnsinnig oder ein hartgesottener Bösewicht!“
    „Entweder sind Sie sehr dumm oder ein ausgezeichneter Kriminalist!“
    „Auf diese Worte werde ich Ihnen später antworten. Suchen Sie schleunigst weiter nach.“
    Diese Worte galten dem Polizisten, der wieder in den Sack griff und verschiedene Kleidungsstücke hervorzog. Sie waren aus den feinsten Stoffen gearbeitet und mit goldenen und silbernen Schnüren und Tressen besetzt.
    „Was ist das?“ fragte der Kommissar.
    „Ein Anzug“, antwortete ‚Geierschnabel‘.
    „Das sehe ich! Wem gehört er?“
    „Mir!“
    „Wo haben Sie ihn her?“
    „Gekauft.“
    „Wozu?“
    „Alle Teufel! Zum Anziehen. Wozu sonst?“
    „Diese Schnüre und Tressen sind echt. Sie kosten viel Geld. Ein Musikant hat nicht die Mittel, sich einen solchen Maskenanzug zu kaufen.“
    „Wer sagt, daß es ein Maskenanzug ist?“
    „Das sieht ein jeder.“
    „Pah! Dieser Jeder müßte sehr dumm sein. Und wer sagt Ihnen denn, daß ich ein Musikant bin?“
    „Diese Ihre Posaune.“
    „O, diese Posaune hat nichts gesagt, sie hat noch keinen einzigen Ton von sich gegeben. Ich habe sie mir erst hier gekauft.“
    „Wann?“
    „Vor einer halben Stunde.“
    „Von wem?“
    „Von einem Juden.“
    „Wie hieß er?“
    „Levi Hirsch. Auch der Anzug, den ich trage, ist von ihm.“
    „Heute gekauft?“
    „Ja.“
    „Aber Mensch, wie kommen Sie denn dazu, sich mit einer so auffälligen Kleidung zu behängen?“
    „Es gefällt mir so, das

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