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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Oberst. „Also bitte, Ihr Name?“
    „Pah, der ist gar nicht notwendig. Hier ist das Erkennungszeichen.“
    Dabei reckte er den rechten Arm empor, sodaß man die imitierte Hand deutlich bemerken konnte. Der Oberst fuhr zurück.
    „Was!“ rief er. „Wäre es möglich?“
    „Möglich? Was denn?“
    „Sie wären Leutnant Ravenow?“
    „Donner und Doria. Wer denn sonst?“
    „Na, das hätte ich nicht denken können. Mensch, wie sehen Sie denn aus?“
    Der Leutnant blickte den Oberst ganz erstaunt an.
    „Wie ich aussehe? Ich verstehe Sie nicht.“
    „Mein Gott, dort ist ja der Spiegel. Haben Sie denn nicht hineingesehen?“
    Ravenow war allerdings bis jetzt so mit seinem Zorn beschäftigt gewesen, daß er merkwürdigerweise keinen einzigen Blick in den Spiegel geworfen hatte. Er stand auf, trat vor das Glas, fuhr aber sofort erschrocken zurück.
    „Hölle und Teufel“, rief er. „Wer ist das? Das soll doch nicht etwa ich sein?“
    „Wer denn sonst?“ fragte der Oberst.
    „So, so also bin ich zugerichtet. Na, warte, mein Bursche. Ich werde dir den Satan auf den Leib schicken. Ich kann mich weiß Gott vor keinem Menschen sehen lassen.“
    „Das scheint mir auch so. Was haben Sie denn gehabt?“
    „Hm. Eine ganz verdammte Geschichte.“
    „Ein Sturz vielleicht?“ lächelte der Oberst.
    „Nein.“
    „Oder ein Schreck? Man erzählt sich ja von Menschen, deren Gesicht vor Schreck oder Angst blauschwarz angelaufen ist.“
    „Auch nicht“, antwortete Ravenow ärgerlich.
    „Dann müßte man meinen, daß Sie aus einer recht intensiven Schlägerei kommen. Doch ist das ja unmöglich.“
    „Oh, was das letztere betrifft, so gibt es sogenannte Unmöglichkeiten, welche trotzdem sehr oft passieren. Ich werde Ihnen die Sache erzählen. Vorher aber eine Erklärung. Woher kommen Sie?“
    „Aus Wolfenbüttel.“
    „Wohin fahren Sie? Nur nach Magdeburg?“
    „Nein, nach Berlin. Und Sie kommen?“
    „Aus Mainz.“
    „Und gehen?“
    „Auch nach Berlin.“
    „Ist mir lieb. Wenn Sie wüßten, weshalb ich nach Berlin gehe.“
    „Ah, der Grund, welcher mich nach der Hauptstadt zieht, ist jedenfalls ebenso, und noch interessanter als der ihrige. Sie werden staunen.“
    „Sie ebenso.“
    „Wirklich? Sie machen mich neugierig.“
    „So will ich Sie nicht martern. Ich komme infolge einer Depesche.“
    „Ich ebenso. Es handelt sich um eine Angelegenheit, um deretwillen es mir ganz lieb ist, Sie unterwegs zu treffen.“
    „Ganz dasselbe habe ich auch Ihnen zu sagen. Leutnant von Golzen hat mir nämlich telegrafiert.“
    „Wirklich?“ fragte Ravenow überrascht. „Mir auch.“
    „Ah!“ rief nun seinerseits der Oberst. „Wann?“
    „Gestern.“
    „Mir auch. Kannte er ihren Aufenthalt?“
    „Ja.“
    „Den meinigen auch. Ich vermute jetzt, daß der Inhalt der beiden Depeschen derselbe ist.“
    „Und daß wir aus derselben Ursache nach Berlin gehen.“
    „Sie meinen doch diesen – diesen Schurken?“
    „Diesen obskuren Helmers? Ja.“
    „Golzen telegrafierte mir, daß der Kerl in Berlin eingetroffen sei. Er hat ihn vorgestern gesehen.“
    „Ganz denselben Inhalt hatte auch meine Depesche. Ich brach natürlich heute auf.“
    „Um Ihren damaligen Schwur zu halten?“
    „Ja.“
    „Und ich den meinigen. Rache für dieses hier.“
    Der Oberst erhob nun seinerseits den rechten Arm. Auch er trug eine falsche Hand, welche in einem Handschuh steckte.
    Ravenow stampfte den Boden mit dem Fuß.
    „Wenn ich an jene Zeit denke, könnte ich rasend werden“, knirschte er. „Jung, reich, Hahn im Korb bei den Damen und eine Karriere vor sich. Da kam dieser verfluchte Mensch und – ach!“
    „Ist's mit mir nicht ebenso?“ fragte der Oberst finster. „Ich stand im Begriff, General zu werden. Donnerwetter, Sie sind noch zu beneiden gegen mich.“
    „Ich? Wieso?“
    „Sie haben keine Frau.“
    „Freilich. Ich begreife.“
    Er stieß ein höhnisches Lachen aus.
    „Diese Vorwürfe. Keine Pension. Kein Vermögen.“
    „Kommen Sie zu mir.“
    „Danke. Es muß schon so viel werden, als ich brauche, den Hunger zu stillen. Muße habe ich genug.“
    „Ich ebenso. Ich habe sie gut benutzt.“
    „Ich nicht weniger. Ich habe mich täglich mehrere Stunden geübt.“
    „Im Schießen?“
    „Ja, im Schießen mit der linken Hand.“
    „Gelingt es?“
    „Ich behaupte, jetzt besser zu treffen, als früher mit der Rechten.“
    „Und ich führe den Degen jetzt mit der Linken so wie zuvor. Dieser Helmers müßte gerade

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