47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
Fahrt nach Mexiko.“
„Hm! Als Passagier oder mit eigenem Schiff?“
„Ganz nach Belieben. Man hat sich nämlich höheren Orts sehr unzufrieden darüber ausgesprochen, daß die Überreste des Grafen Ferdinande drüben in Mexiko liegen bleiben, anstatt in der Familiengruft der Rodriganda beigesetzt zu werden. Um weitere Vorwürfe zu vermeiden, soll ein Mann hinübergeschickt werden, um den Sarg zu exhumieren und nebst Inhalt herüberzubringen. Wollt Ihr das übernehmen?“
„Hole Euch der Teufel“, antwortete Landola.
„Nicht? Warum nicht?“
„Eine Leiche an Bord bringt stets Unglück.“
„Aberglaube. Das habe ich doch bei Euch noch gar nicht bemerkt.“
„Meinetwegen. Laßt den alten Kerl ruhen, wo er ruht.“
„Wo denn?“
„Na, drüben in Mexiko. Wo denn sonst?“
„Oder in der Sklaverei!“
Landola erschrak. Er fuhr zurück, blickte Cortejo starr an und fragte:
„Sklaverei? Wie meint Ihr das?“
„Na, daß Ihr den Grafen an Bord genommen und fortgeschafft habt!“
„Donnerwetter! So hat Euer Bruder den Mund doch nicht gehalten?“
„Also auf seinen Befehl mußtet Ihr das tun?“
„Ja.“
„Er galt also mehr als ich?“
„Pah! Er war drüben, wo die Geschichte vorgenommen wurde. Da mußte ich mich natürlich nach ihm richten.“
„So, so! Habt Ihr Euch auch später in solcher Weise nach ihm gerichtet?“
„Daß ich nicht wüßte!“
„Zum Beispiel mit Sternau und Konsorten?“
„Die sind ja tot!“
„Oder auch in der Sklaverei?“
„Unsinn!“
„Oder auf einer Insel ausgesetzt?“
Bei dieser Frage zeigte sich Landolas Gesicht fast zinnoberrot. Woher hatte Cortejo das erfahren? Es gab keinen Zeugen seiner damaligen Taten und Handlungen. Schlug Cortejo vielleicht nur auf den Strauch? Das war doch möglich, darum antwortete Landola:
„Erlaubt, Señor, daß ich Euch frage, ob Ihr gerade jetzt träumt.“
„Ja, mir hat geträumt. Wißt Ihr was?“
„Ich werde es wohl hören.“
„Ich will es Euch sagen. Mir träumte nämlich, daß Ihr um gewisser Gründe willen, welche ich hier nicht des Näheren zu erörtern brauche, jene Gefangenen damals nicht habt ertrinken lassen.“
„Alle Teufel! Was hätte ich denn sonst mit ihnen tun sollen?“
„Ihr habt sie eben auf irgend eine Insel gebracht, um sie gleich bei der Hand zu haben, wenn es einmal einen Streich gegen mich galt.“
Jetzt hatte die Verlegenheit des Kapitäns einen hohen Grad erreicht. Er sah ein, daß Cortejo wußte, was er sagte, aber dennoch fiel es ihm nicht ein, so ohne weiteres ein Geständnis abzulegen.
„Sagt doch einmal, Señor, was ich von Euch halten soll“, meinte er.
„Sagt lieber Ihr das mir. Ich habe Euch Eure Dienste zu jeder Zeit prompt und reichlich bezahlt, und nun muß ich in Erfahrung bringen, daß Ihr Unehrlichkeiten gegen mich begangen habt, die geradezu haarsträubend sind und mich in die schauderhafteste Verlegenheit bringen können.“
„Ich bitte Euch, mir eine einzige Unehrlichkeit zu nennen.“
„Nun, eben die, daß Sternau und Konsorten nicht gestorben sondern ausgesetzt worden sind.“
„Donnerwetter! Wie wolltet Ihr das beweisen?“
„Damit, daß sie alle, alle gerade jetzt da drüben in Mexiko lebendig herumlaufen, und zwar im Hauptquartier des Präsidenten Juarez.“
Landola fuhr abermals erschrocken zurück.
„Das müßten ja Gespenster sein.“
„Dann wäre Don Ferdinande ebenfalls ein Gespenst, von dem Ihr doch zugebt, daß er lebt.“
„Der? Der wäre auch dabei?“
„Ja. Sie sind alle beisammen.“
Cortejo sprach diese Worte im höchsten Zorn. Landola konnte vor Schreck und Verlegenheit kaum ein Wort hervorbringen.
„Don Ferdinande soll dabei sein?“ fragte er endlich. „Welch eine Fabel oder was für ein Märchen hat man Euch denn da aufgehängt?“
„Eine Fabel? Ein Märchen?“ rief Cortejo. „Das wagt Ihr, mich zu fragen? Ihr, der doch am besten weiß, ob es eine Fabel oder ein Märchen sei? Wißt Ihr, daß dies eine Frechheit ist, die ihresgleichen sucht. Glaubt Ihr, daß ich anspannen lasse und von Rodriganda nach Barcelona komme, nur um Euch eine Fabel zu erzählen?“
Landola faßte sich. Er sah ein, daß er auf irgendeine Weise durchschaut worden sei, und nahm sich vor, durch ein forciertes Auftreten dem Gegner die Spitze zu bieten.
„Ihr sprecht von Frechheit“, sagte er in jenem kalten Ton, welcher vermuten läßt, daß im Innern ein Vulkan in Tätigkeit sei. „Ich muß Euch ersuchen, auf dergleichen Ausdrücke zu
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