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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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müssen den Angriff wiederholen, lassen aber das Feuer dieses Mal brennen.“
    „Da sehen sie uns ja kommen.“
    „Nein. Wir gehen eine Strecke stromaufwärts, schwimmen soweit wie möglich hinüber und lassen uns dann so abwärts treiben, daß wir von der anderen Stelle, wo sie uns gar nicht vermuten, an sie kommen.“
    „Das wäre wohl praktisch, wird aber zu nichts führen.“
    „Warum?“
    „Da, schaut hinüber.“
    Aller Augen richteten sich nach dem Fluß. Aus den Essen der beiden Dampfer flogen Funken empor; dann hörte man das Rauschen der Räder.
    „Donnerwetter, sie dampfen fort“, rief der Anführer.
    „Ja, sie entgehen uns.“
    „Nun können wir ihnen morgen abermals nachsetzen.“
    „Und unsere Verwundeten mitschleppen.“
    „Das ist unmöglich; das hält uns auf.“
    „Ja, was soll sonst geschehen?“
    „Werft sie in das Wasser. Was nützen uns diese Kerls, die doch sterben müssen.“
    Dieser Vorschlag wurde angenommen, und trotz allen Bittens und Flehens wurden die Schwerverwundeten in den Strom geworfen, der ihre Körper mit sich fortnahm. Ihr Rufen und Wimmern hörte man noch einige Zeit.
    Die Dampfessen warfen jetzt lange Funkenschweife, da die Maschinen mit Holz geheizt wurden. Die Mexikaner sahen diese Garben hinter der Krümmung des Flusses verschwinden.
    „Was nun tun?“ fragte einer.
    Der Führer blickte finster zu Boden und antwortete dann:
    „Es bleibt uns nur eins zu tun; ihnen den Weg abschneiden.“
    „Geht dies?“
    „Ja. Der Fluß macht hier eine große Biegung nach dem Sabina hin. Wenn wir diese Ecke abschneiden, kommen wir ihnen zuvor.“
    „Wann brechen wir auf?“
    „Heute natürlich nicht, sondern erst mit Tagesanbruch. Jetzt wird geschlafen.“
    Diese Leute hatten einen mehrfachen Mord an ihren eigenen verwundeten Kameraden begangen, aber dennoch schliefen sie ruhig, ohne auch nur eine Wache auszustellen, so sicher fühlten sie sich. –

ZWEITES KAPITEL
    Sturm auf die Hacienda
    In dem Zusammenfluß des Sabina kam um dieselbe Zeit Juarez mit den Seinen an. Trotz der Dunkelheit wurde das Ufer des Flusses abpatrouilliert, aber es fand sich keine Spur von dem erwarteten Engländer. Darum wurde das Lager errichtet, nachdem man vorher die Pferde versorgt hatte, deren Zahl durch die erbeuteten Tiere um ein ansehnliches vergrößert worden war.
    In diesem Lager sah es ganz anders aus als in demjenigen der Mexikaner. Hier sorgten regelmäßige Wachen für die Sicherheit des ganzen.
    Der Ritt war ein anstrengender gewesen; darum schlief man fest und tief bis zum Anbruch des Morgens, wo die Jäger sich rüsteten, in der Umgebung irgendein jagdbares Wild aufzusuchen.
    ‚Bärenherz‘ und sein Bruder ‚Bärenauge‘ waren die ersten, welche sich in den Sattel schwangen. Kaum aber hatten sie diese Erhöhung eingenommen, von welcher aus man den Blick freier hatte, so rief ‚Bärenherz‘:
    „Uff! Wer ist das?“
    „Es kommt jemand?“ fragte Juarez.
    „Ja, dort!“
    Der Indianer streckte seinen Arm aus, um die Richtung anzudeuten.
    Der Lagerplatz war hinter Büschen versteckt, durch deren Lücken man eine weite Prärie erblickte. Über die Ebene derselben kam ein Reiter im rasendsten Galopp dahergejagt. Er war bereits so nahe, daß man alle Einzelheiten an ihm genau erkennen konnte.
    „Ein sonderbarer Mensch“, lachte Juarez. „Der Mann hat wahrhaftig einen Regenschirm aufgespannt. Zu welchem Zweck denn?“
    „Der Kleidung nach scheint es ein Engländer zu sein“, bemerkte Sternau.
    „Vielleicht ein Bote von Sir Lindsay.“
    „Hm! Sollte der Lord auch Pferde an Bord haben? Übrigens reitet dieser Mann nicht wie ein Engländer, sondern wie ein Indianer.“
    „Er richtet sich im Sattel auf. Er scheint zu suchen. Wollen wir uns ihm zeigen?“
    „Ja. Es hat ja gar keine Gefahr.“
    Sie traten zwischen den Büschen heraus, und der Reiter erblickte sie sofort. Erst schien er zu stutzen, dann lenkte er sein Pferd gerade auf sie zu.
    Als er nähergekommen war, richtete er sich abermals in den Bügeln auf, schwang mit der Rechten den aufgespannten Regenschirm, mit der Linken den Zylinderhut und stieß einen lauten Ruf der Freude aus.
    Einige Augenblicke später hielt er vor ihnen, sprang aus dem Sattel und versuchte, unter Assistenz des Hutes und Schirmes, einige noble Verbeugungen zustande zu bringen, was ihm aber schauderhaft mißglückte.
    Sie erblickten die große Nase; sie starrten auf den grauen Anzug; sie wußten sich das Ding nicht zu erklären, aber aus aller

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