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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und über dessen oberen Rand der Deckel eines grauen Zylinderhutes hervorblickte.
    „Bei allen Heiligen, das ist ja gar der Engländer! Jetzt haben wir gewonnen!“
    Mit diesen Worten setzte der Anführer sein Pferd in Bewegung, und die anderen folgten. Bei ‚Geierschnabel‘ angekommen, hielten sie an.
    „Holla, Señor, sind Sie es oder ist es Ihr Geist?“ wurde er von allen Seiten gefragt.
    Jetzt erst drehte er sich ruhig um, erhob sich langsam, klappte den Regenschirm zu, betrachtete die Leute durch die Brille und antwortete:
    „Mein Geist!“
    „Ah, nicht Ihr Körper?“
    „No, nein.“
    „Inwiefern?“
    „Bin ja gestern erschossen oder totgeprügelt worden!“
    „Reden Sie keine Albernheiten, Sir. Es ist Ihnen gestern geglückt, uns zu entkommen, heute glückt Ihnen das nicht zum zweitenmal!“
    „Fällt mir auch gar nicht ein.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Will Ihnen gar nicht entkommen, werde Sie vielmehr festhalten.“
    „Wo waren Sie in dieser Nacht?“
    „Im Wald.“
    „Sie haben doch ein anderes Pferd! Wie kommt das?“
    „Ist kein anderes Pferd.“
    „Gestern ritten Sie auf einem Rotschimmel davon, und dieser hier ist ein Fuchs.“
    „Fuchs ist auch nur Geist von Rotschimmel!“
    „Scherzen Sie nicht! Sie haben gestern zwölf unserer Leute getötet und verwundet. Sie werden das heute zu büßen haben. Wissen Sie, wo sich jetzt Ihre Dampfer und Boote befinden?“
    „Ja.“
    „Nun, wo?“
    „In Ihrem Besitz. Sie wollten ja alles nehmen.“
    „Das gelang gestern leider noch nicht. Ihre Leute haben mit Kartätschen unter uns geschossen. Sie werden das zu bezahlen haben. Steigen Sie auf!“
    „Warum aufsteigen?“
    „Sie werden uns folgen.“
    „Wohin?“
    „Stromaufwärts, wo wir Ihre Schiffe finden werden. Sie werden uns alles übergeben, oder das Leben verlieren, verstehen Sie mich wohl!“
    ‚Geierschnabel‘ spitzte den Mund und spritzte ihm den Tabaksaft auf den Hut. „Wo ist Ihr Anführer?“ fragte er.
    „Der bin ich. Übrigens lassen Sie Ihr verdammtes Spucken, sonst lehre ich Ihnen begreifen, welcher Unterschied ist zwischen einem Spucknapf und dem Sombrero eines Caballero!“
    Der vermeintliche Engländer zuckte die Achseln.
    „Caballero? Pah“, sagte er. „Ich wollte nach Cortejo fragen.“
    „Ihre Leute haben ihn gemordet.“
    „Donnerwetter! Womit?“
    „Mit den Kartätschen. Er befand sich während der Salve mit auf dem Fluß und wurde erschossen oder ist ertrunken.“
    „Schade, hätte ihn gern aufgehängt.“
    „Diese Prozedur werden wir mit Ihnen vornehmen. Zunächst aber kommen Sie mit uns. Vorwärts, Sir, sonst helfe ich nach!“
    „Nachhelfen, in welcher Weise?“
    „In dieser!“
    Er zog seine Pistole, hielt sie ‚Geierschnabel‘ vor die Stirn und fuhr fort:
    „Wenn Sie nicht sofort aufsteigen, jage ich Ihnen eine Kugel durch den Kopf, darauf können Sie sich verlassen!“
    „Koste sie selbst, diese Kugel!“ antwortete der Bedrohte.
    Mit einem gedankenschnellen Griff entriß er dem Mann die Pistole und hielt ihm die Mündung entgegen und drückte ab. Der Mexikaner stürzte, durch die Brust getroffen, vom Pferd. Die anderen rissen ihre Waffen hervor, um den Tod des Anführers zu rächen; aber sie kamen nicht dazu. Mehr als hundert Büchsen krachten hinter den Büschen hervor, und ebensoviele Reiter brachen heraus. Die Überfallenen wurden umzingelt und niedergemacht, ehe sie imstande waren, einem der Angreifer Schaden zu tun.
    „So“, sagte ‚Geierschnabel‘. „Jetzt sind wir mit ihnen fertig.“
    „Lebt keiner mehr?“ fragte Juarez.
    „Keiner“, erklärte Sternau nach einer raschen Untersuchung der Gefallenen.
    „Das ist schade.“
    „Warum?“
    „So kann uns keiner auf unsere Fragen Rede und Antwort stehen.“
    „Das ist nicht notwendig“, erklärte ‚Geierschnabel‘. „Ich weiß alles.“
    „Nun, wo werden wir das Schiff finden?“
    „Genau da, wo ich es verlassen habe.“
    „Aber wo werden die Güter gelandet werden?“
    „Am Sabinafluß, wie es vorher bestimmt gewesen ist.“
    „Dann wäre es ja gar nicht notwendig, daß die ganze Truppe mitreitet.“
    „Nein. Sie müssen den ganzen Weg wieder zurück.“
    „Aber wenn wir einen neuen Kampf zu erwarten hätten!“
    „Gewiß nicht.“
    „Ich stimme ‚Geierschnabel‘ bei“, erklärte Sternau. „Ich bin darüber erfreut, daß diese Affäre so glücklich abgelaufen ist, doch gefällt es mir nicht, daß Cortejo nicht in unsere Hände gefallen ist. Ein solches

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